Ivar Bjørnson & Einar Selvik’s Skuggsjá - Skuggsjá

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VÖ: 11.03.2016
Bandinfo: Ivar Bjørnson & Einar Selvik’s Skuggsjá
Genre: Black Metal
Label: Season of Mist
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Obwohl ich ziemlich großer ENSLAVED- und WARDRUNA-Fan bin, ist es der Ankündigung des gemeinsamen Projekts zweier Protagonisten dieser Bands geglückt, sich vollkommen unerkannt an mir vorbeizuschmuggeln. Hier hätten wir dann aber auch mal einen sinnvollen Verwendungszweck für Facebook, welches es in diesem speziellen Fall nunmal relativ einfach machte, Verpasstes schnell nachzuholen, sofern man dort bereits den Hauptbands folgte und somit deren Werben für SKUGGSJÁ und deren gleichnamiges Debüt nicht mehr übersehen konnte.

Von welchen Herren ist hier überhaupt die Rede? Von Ivar Bjørnson, seines Zeichens für Gitarren- und Keyboardarrangements sowie Backingvocals bei ENSLAVED verantwortlich und Einar Selvik, der bei WARDRUNA allerlei Folk-Instrumentierung bedient und gemeinsam mit Gaahl (ex-GORGOROTH, TRELLDOM) und Lindy Fay Hella für atemberaubende Gesänge steht. Darf man von SKUGGSJÁ nun also eine Mischung aus dem Hauptbetätigungsfeld seiner beiden Akteure erwarten, oder erschließt man auch unerwartete Bereiche? Die Wahrheit liegt gewissermaßen dazwischen.

Egal, wie man es aber nun betrachtet, ist "Skuggsjá" primär ein hochgradig originelles und ambitioniertes Werk, das von der ersten Sekunde seines mystisch-zaghaften "Ull Kjem"-Intros an zu vereinnahmen weiß und im folgenden Titeltrack mit den ätherischen Flöten, der bald einsetzenden Hardingfele sowie den hypnotischen Sprechgesängen und Chören seine einzigartige Atmosphäre demonstriert. Wer dabei dachte, dass Ivar Bjørnson und Einer Selvik eine Folk-Metal-Mischung aus ENSLAVED und WARDRUNA vorgesehen haben, dürfte relativ schnell enttäuscht sein, da die E-Gitarre definitiv nicht zu den prägendsten Instrumenten des Albums zählt, sondern gerade mal im Zehnminüter "Makta Og Vanæra (I All Tid)" und dem partiell dissonanten Instrumental "Skuggeslåtten" etwas mehr Spielraum zugedacht bekommt, ansonsten aber eher eine hintergründige Rolle wie in "Tore Hund" spielt, indem sie die Folk-Instrumentierung begleitet.

Als Monolithen bzw. Dreh- und Angelpunkte von "Skuggsjá" kristallisieren sich schon nach den ersten Durchgängen eben erwähntes "Makta Og Vanæra (I All Tid)" und das ebenfalls zehnminütige "Bøn Om Ending – Bøn Om Byrjing" heraus, die in ihrer jeweiligen stilistischen Ausrichtung zwar sehr gegensätzlich anmuten, als Einheit aber das volle Spektrum dieses Projektes wiedergeben. Während ersteres Stück mit dem ausgedehnten Chor-Intro, dem Gastbeitrag von ENSLAVED-Sänger Grutle Kjellson und seinem barschen Riffing am ehesten dem Schema der ENSLAVED-WARDRUNA-Folk-Metal-Mischung entspricht, erwirkt zweiteres durch seine verträumten Melodien und stoischen Gesänge eine Art meditativen Tiefgang, wobei beide Longtracks scheinbar problemlos ihre Spielzeit rechtfertigen und keinerlei Contra-Punkte offenbaren.

Das sieht bei "Skuggeslåtten" und "Kvervandi" etwas anders aus, da sie im Mittelteil eine tragende Rolle einnehmen könnten, sich aber beide als eine Spur zu zäh erweisen und nicht ganz mit Highlights wie der Online-Single "Vitkispá" Schritt halten können, andererseits qualitativ aber auch nicht gänzlich vom Gesamtkonzept abdriften oder gar meilenweit abfallen.

So ist "Skuggsjá" meiner Ansicht nach ein Kunstwerk, das kaum Aussetzer beinhaltet, sich aufgrund dieser weitestgehend geschlossenen Hochklassigkeit sowie dem hohen Variantenreichtum jeglicher Kategorisierung geschickt zu entziehen weiß und nicht nur eine immense Bereicherung für all diejenigen sein dürfte, die ENSLAVED und WARDRUNA zu ihren Favoriten zählen, sondern auch für diejenigen, die klischeefrei-folkige Arrangements und geheimnisumwittertes Atmosphären-Schauspiel schätzen können. Von Easy Listening sind die beiden sehr gut miteinander befreundeten und vor allem stets verlässlichen Ausnahmekünstler zwar meilenweit entfernt, aber wer sich hierauf einlassen kann, wird der Faszination dahinter schnell erlegen sein. Bleibt lediglich zu hoffen, dass man von dieser Formation zukünftig noch das ein oder andere Mal beehrt wird



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (09.03.2016)

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