KRIGSGRAV - Waves of Degradation

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VÖ: 01.04.2016
Bandinfo: Krigsgrav
Genre: Black Metal
Label: Bindrune Recordings
Lineup  |  Trackliste

Ich muss ehrlich gestehen, dass der amerikanische Black Metal in den letzten ein oder zwei Jahren stark in meiner Gunst gestiegen ist. Sei es nun die kaskadische Bewegung oder die eher folk-orientierteren Projekte wie NECHOCHWEN oder PANOPTICON, die Güte stimmte zuletzt immer. Nach einer abermals ertragreichen Exkursion in diesen Kreisen sind mir so gegen Oktober/November des letzten Jahres auch KRIGSGRAV vor die Füße gefallen, die bis dahin immerhin schon drei vollwertige Alben zu verbuchen hatten und auf "The Carrion Fields" ihre beachtliche Entwicklung auf die Spitze getrieben und vermutlich auch deshalb einen Vertrag bei der Qualitätsschmiede Bindrune Recordings eingefahren haben. Unter deren Banner erscheint dieser Tage nun "Waves Of Degradation", das, soviel kann ich an dieser Stelle schon preisgeben, der hochqualitativen Tradition der jüngeren USA-Black-Metal-Releases treu bleibt.

Aber bleiben wir zunächst mal beim Anfang: Den gewohnt süffisanten Unterton konnte sich unser Herr Wiederwald bei der Verteilung der Scheibe zwar nicht verkneifen, als er da von "den klirrend kalten Eiswüsten von Texas" sinnierte, doch musste sich auch unser allerliebster Tausendsassa Obskura im selben Zug neidlos eingestehen, dass KRIGSGRAV "erstaunlich musikalischen Black Metal" zelebrieren. Das fasst die Stärken des Vierers einerseits zwar simpel, andererseits aber umso treffender zusammen, wenn man bedenkt, dass die Texaner über 50 Minuten an Songmaterial auf fünf Stücke verteilen und dabei das nötige Köpfchen beim Songwriting mitbringen, um diesem Anspruch auch gerecht werden zu können.

Was die meiner Meinung nach größte Stärke dieser florierenden Szene bzw. deren Protagonisten ist, wurde ganz offensichtlich auch KRIGSGRAV zuteil und ist hier natürlich dementsprechend hervorzuheben: Charakter und Einzigartigkeit. Zeuge dessen wird man nach akustischem Intro mit brandenden Wellen als Untermalung in "Under Trembling Stars", das seine 12 Minuten mit den atmosphärisch-wehmütigen Gitarren, clever eingestreuten Klargesängen (sicherlich eines DER Markenzeichen von KRIGSGRAV), seinem fast schon bluesigen Solo und den rasanten Schwarzmetalltalfahrten formidabel füllt und gleichzeitig viele Passagen mit Wiedererkennungswert durchscheinen lässt, die dafür sorgen, dass man sich in der eigentlich anspruchsvollen Struktur rasch zurecht findet.

Die größtenteils doch melancholische Note im Stimmungsaufbau lassen die vier Texaner dabei stets einfliessen und benutzen, wie beispielsweise auch PANOPTICON, etliche ruhigere Cleangitarren-Zwischenspiele ("Son Of The Stones"), um diese zu hervorzurufen. Vor allem in diesen Momenten kann man die musikalische Entwicklung von KRIGSGRAV wunderbar nachvollziehen, die sich mit neuen Einflüssen und dem Fortschritt in Sachen Songwriting nun noch längere Stücke zutrauen und diese ziemlich souverän auffächern. Die Übergänge zwischen verschiedensten Stilen wie Post-Rock, melodischem Black Metal und einem Schuss Bluegrass ("The Failures Of Man") erfolgen dabei nahtlos und werden beispielsweise auch im mit stromlosen Gitarren und Violinen inszenierten Interlude "To Rest Beneath The Waters" natürlich entwickelt, was in Kombination mit der Lagerfeuerromantik eines "As The Color Fades From The Earth" (wartet im weiteren Verlauf mit richtig großen Melodiebögen und Chören auf) und der erdig-kernigen Produktion einen gewissen Charme mit sich bringt, der dem von PANOPTICON nicht gänzlich unähnlich ist.

Mittels einiger der erwähnten Wagnisse glückt KRIGSGRAV aber ein unter dem Strich autonomes, echtes Erlebnis, das vor Kreativitiät nur so strotzt und atmosphärisch fesselnd gestaltet ist. "Waves Of Degradation" ist also, wie schon die letztjährigen Outputs von ALDA, NECHOCHWEN und PANOPTICON, ein authentisches Highlight im Atmospheric-Black-Metal-Sektor und bekräftigt die These, dass man jährlich locker drei bis vier richtig starke Alben aus Übersee quasi blind kaufen kann, ohne dabei auch nur ansatzweise etwas falsch zu machen. Zusammen mit FUATH stellen KRIGSGRAV also die aktuelle/diesjährige Doppelspitze in diesem Genre, die es zu erklimmen gilt. Einfach wird das nicht, so viel bleibt festzuhalten.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (07.04.2016)

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