THRÄNENKIND - King Apathy

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VÖ: 13.05.2016
Bandinfo: KING APATHY
Genre: Black Metal
Label: Lifeforce Records
Lineup  |  Trackliste

Um THRÄNENKIND ranken sich ja die größten Schimpftiraden, Schmähgesänge und Herabwürdigungen, die man sich im Black-Metal-Sektor nur vorstellen kann. Und das alles nur, weil sich die Herrschaften um ex-AGRYPNIE Basser Nathanael mit dem Etikett Vegan Straight Edge Post Metal (klang zugegebenermaßen wirklich beknackt, wurde mittlerweile aber auch ad acta gelegt) versehen haben und wie die Post-Black-Metal-Welle um ALCEST, AMESOEURS und Co., oder eben auch ein Großteil der namhaften deutschen Szene keinen Bock auf verschneite Nordlandschaften, die natürlich völlig erwachsene Bemalung sowie elitäres Gehabe haben und viel lieber die Grenzen ausloten, um dabei auch noch die eigenen Ideen und Ansichten unterzuheben. Darüber lässt sich natürlich auch trefflich streiten, konsequenterweise muss man aber auch zugeben, dass auf "The Elk" ein interessantes, zum Nachdenken anregendes Lyrik-Konzept zu erkennen war, dessen Message zwar klar, aber zu keiner Zeit radikal war, was wiederum die Auseinandersetzung damit nicht sofort ad absurdum führte. Mit "King Apathy" legen die Münchner nun nach und stellen der Botschaft ein noch stärkeres musikalisches Fundament zur Verfügung, dessen Qualität mich zeitweise sogar sehr überraschen konnte.

Das liegt hauptsächlich daran, dass ich, abgesehen von den Meisterwerken genannter Franzosen, recht wenig Gefallen an genau diesem Subgenre finden konnte, das seit dem gewaltigen Bekanntheitssprung jener zwar enorm gedeiht, dabei aber - abgesehen von GERM - auch keine wirklich nennenswerten Künstler hervorbringen konnte, denen man die Melancholie und damit eben auch den Kern dieser Spielart anhören konnte. Umso erfreulicher ist daher, dass THRÄNENKIND genau das auf "King Apathy" glückt, was vielen anderen Interpreten aufgrund der lieblosen Trendmitläuferei einfach verwährt bleibt.

So gelingt es schon dem Eröffnungsstück "Desperation", mit feinen, wehmütigen Leads und zum Teil rasenden Schwarzmetall-Passagen seiner namentlichen Bedeutung gerecht zu werden, während Sänger Nils mit einer Klangfarbenmischung aus Black Metal und Hardcore eine sehr leidenschaftliche Darbietung abspult, die den Funken überspringen lässt. Beim anschließenden Titeltrack fallen einem dann AGALLOCH oder auch PANOPTICON ein, die wohl mehr oder minder offensichtlich zu den Einflüssen von THRÄNENKIND zählen, wobei gerade letztere Band im nahezu gänzlich auf Vocals verzichtenden "Ghosts" oder dem Albumhighlight "Drifter" durchschimmert und man genau dieses Gefühl gediegener Romantik verspürt, das man an der Kunst der amerikanischen Black-Metal-Szene kennen und schätzen gelernt hat.

Dabei kann man allerdings auch festhalten, dass "King Apathy" trotz seiner zahlreichen besonnenen Abstecher auch deutlich heavier als "The Elk" ausgefallen, was man mit dem geradlinigen, punkigen "Urban Giants", dem abschließenden "Homeruiner" (jeweils auch wunderbar melodische Intros) und "Smokestacks And Concrete Walls" sehr gut belegen kann. Die äußerst druckvolle (könnte einen Tick kantiger sein) und organische Produktion leistet an dieser Stelle ebenfalls ihren Teil dazu. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass THRÄNENKIND auch nur eine Sekunde ihre großartige und enorm detailverliebte, klangvolle Gitarrenarbeit aus dem Sichtfeld verlieren, was alleine schon einen immensen Anteil an der Klasse des Albums innehat und beispielsweise ein sich zaghaftes aufbauendes "Vanishing Youth" trägt.

Am Ende ist es wirklich schwer, auf "King Apathy" wirkliche Schwachpunkte ausfindig zu machen, was über die Qualität des Werks eigentlich alles aussagen dürfte. Wenn es überhaupt etwas zu bekritteln gibt, dann die Tatsache, dass mir die Produktion wie bereits angemerkt ein Stück zu glatt ausgefallen ist. Ansonsten ist "King Apathy" aber nicht nur überraschend, sondern auch einfach überragend und vermutlich genau das Album, worauf ich in diesem Genre schon gefühlte Ewigkeiten gewartet habe. THRÄNENKIND sind 2016 mitreißend melancholisch, ungeheuer dynamisch und zu keinem Zeitpunkt anstrengend - einfach ein Paradebeispiel für die auf jeglicher Ebene herrschende, exzellente Harmonie zwischen fünf Musikern, die auf dem besten Wege sind, ihr Songwriting zu vollenden.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (20.05.2016)

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