Ayreon - THE THEATER EQUATION

Müssen wir zu AYREON eigentlich noch große Worte verlieren im Jahre 2016? Der Mann dahinter, Arjen Anthony Lucassen, hat in der Vergangenheit mit seinem Mammutprojekt sowie STAR ONE oder zuletzt auch THE GENTLE STORM immer und immer wieder unter Beweis gestellt, dass er einer der vielseitigsten und besten Musiker der letzten 20 Jahre ist, daran besteht kein Zweifel. Leider hat der gute Mann auch eine "schlechte" Angewohnheit. Er präsentiert sich ungern live, kriegt starkes Lampenfieber und war deswegen nie wirklich auf Tour oder ähnliches, WENN dann nur im kleinen Rahmen. Nun hat insbesondere sein größtes Projekt AYREON über all die Jahre eine gigantische Fanbase aufgebaut und daher war es naheliegend, dass in diesem Zusammenhang IRGENDWANN mal eine Live-Performance der besonderen Art folgen würde. Was als Fan-Projekt unter den Fittichen von Arjen's ehemaligem Manager Yvette Boertje startete, kristallisierte sich relativ schnell als ganz großes Ding heraus. Das bis dato erfolgreichste bzw. beliebteste AYREON Werk "The Human Equation" sollte auf die Bühne gebracht werden und genau das ist im vergangenen Jahr zwischen dem 18.- und 20. September Realität geworden. Ein Großteil der originalen Cast-Member ist noch am Start und diejenigen, die sich nicht darunter befinden, wurden hochkarätig umbesetzt. "The Theater Equation" bringt dem Hörer oder Zuschauer ein ganz besonderes Erlebnis, denn wie der Titel schon vermuten lässt, hat man das Ganze nicht als stumpfes Konzert inszeniert, sondern ein Theaterstück draus gemacht.

"The Theater Equation" ist die Erfüllung einiger Fanträume und verkörpert den ersten offiziellen Live-Release von AYREON. Arjen Lucassen selbst hat viel zu dem Projekt beigetragen, hat aufgrund seiner Schüchternheit allerdings keinen festen Part im Lineup der Live-Shows eingenommen, abgesehen vom Ende des Kunstwerks, wo der gute Mann aus dem Dream Sequencer aussteigt, um von den Fans frenetisch gefeiert zu werden. Kommen wir aber zum Wesentlichen... Wirklich enttäuscht war ich als Fan darüber, dass Mikael Åkerfeldt (OPETH) als Fear nicht dabei war, sondern von Anneke van Giersbergen ersetzt wurde. Versteht mich nicht falsch, Anneke ist ein mehr als hochkarätiger Ersatz, doch war es insbesondere Mikael, der seine Rolle damals herausragend verkörperte und meinen Lieblingscharakter verkörperte, ist also eher ein persönliches Ding. Die Show an sich ist brilliant und lässt Kritik in irgendeiner Form kaum zu... James Labrie zeigt sich in Höchstform, war selbst ohnehin immer daran interessiert, ein musikalisches Theaterstück zu inszenieren und geht hier vollends auf. Die Rolle des Hauptprotagonisten trifft er wie den Nagel auf den Kopf und bringt die Geschichte durch seine Mimik sowie Gestik noch näher zum Zuschauer. Ich empfehle auch ganz klar die visuelle, sprich DVD/Bluray Variante. Wundervoll klappt auch das Zusammenspiel zwischen den Sängern und dem überragenden Chor, der unfassbar episch und authentisch daher kommt. Ich habe bei einem Live-Release SELTEN so viel Gänsehaut erlebt wie bei diesem. Allein der letzte Chorus beim Opener "Isolation" ist grandios und lässt jeden AYREON Fan Freudentränen vergießen. Die gesanglich stärkste Performance zeigt für mich Magnus Ekwall, der als Pride die komplette Hütte alleine abreißt. Unfassbar, was für ein Organ dieser Mann besitzt, unermüdlich noch dazu. Es ist ohnehin fast schon unmöglich, einzelne Performances hervorzuheben, da jeder Einzelne das Gesamtkunstwerk perfekt abrundet. Ob Marcela Bovio als Wife, Wudstik als Best Friend oder Irene Jansen als Passion, die Emotionen kochen jederzeit hoch und werden dauerhaft perfekt in Szene gesetzt. Ganz stark ist auch die Performance der Instrumentalisten, die an den diversen Saiten-, Blas-, und Streichinstrumenten einen tollen Job abliefern und dem geneigten Fan die bestmögliche Performance ins Wohnzimmer bringen.

Für mich ist es nichtig noch weitere Aufzählungen aufzuführen, denn AYREON als "Marke" spricht schon für sich und eine visuelle Live-Performance in diesem Umfang ist das Beste, was uns passieren konnte. Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass mir als Musikbegeisterter noch nie ein so umfangreiches und großartiges Livepackage untergekommen ist. Der EINZIGE Kritikpunkt sind maximal die Kopfbügelmikrofone, die hier zum Einsatz kamen und qualitativ natürlich nicht so überragend sind wie ein herkömmliches Mikrofon. Da die Darsteller hier aber nicht nur singen, sondern auch schauspielerisch was auf die Beine stellen, ist das absolut entschuldbar. Ohnehin empfinde ich die Gesamtqualität insgesamt dennoch als herausragend und habe wirklich nichts zu meckern. Man bekommt hier SEHR viel als Fan. Selbst Neulingen würde ich als Einstieg dieses Werk empfehlen, denn man bekommt hier alles, was AYREON je ausgezeichnet hat.