KANZLER & SÖHNE - Durch die Wände

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VÖ: 26.08.2016
Bandinfo: KANZLER & SÖHNE
Genre: Crossover
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

KANZLER & SÖHNE: Ehrlich gesagt, habe ich bei diesem Bandnamen mittelmäßigen Deutschrock mit Texten eines deprimierten Germanistikstudenten erwartet. Im Endeffekt bekam ich, naja, ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht genau. Was danach aussieht als hätten die maskierten HOLLYWOOD UNDEAD gelernt, wie man Instrumente spielt, klingt mehr nach HAFTBEFEHL mit Gitarren.

Laut eigener Aussage wollen die Jungs „1A Crossover“ machen. Bevor man allerdings ein Wort über ihr neues Album „Durch die Wände“ verliert, muss man dann doch das „1A“ aus der Selbstbeschreibung streichen – diese Platte kann man nämlich allenfalls als durchschnittlichen Crossover durchgehen lassen. Musikalisch ist das Ganze nämlich nicht sonderlich anspruchsvoll, wenn auch ordentlich produziert. Textlich gehört das Album, um sich an dieser Stelle freundlich auszudrücken, postnatal abgetrieben. Das liegt aber keineswegs an den durchweg asozialen Texten, die zugegebenermaßen bestimmt nicht jedermanns Sache sind, sondern einfach an der Tatsache, dass 90% der Lyrics grammatikalisch zusammenhangloser Müll mit eingeworfenen Beleidigungen sind. Inhaltlich dreht sich alles um Gewalt, Sex und ‚ich hab den Längsten‘-Gelaber. KANZLER & SÖHNE wären dabei gern gesellschaftskritisch, verlieren sich aber in Schimpfwörtern und versuchen durch Tabubrüche zu polarisieren. Bestimmt hätte man sich vor 20 Jahren auch wirklich noch an den Texten gestoßen, aber in Zeiten des Gangster-Raps jucken Wörter wie "ficken", "Nutte" oder "Hurensohn" in Songtexten einfach niemanden mehr. KANZLER & SÖHNE fallen vor allem dadurch auf, wie anspruchslos sie eigentlich sind. Sie bringen es sogar selbst im Titelsong „Durch die Wände“ auf den Punkt: „Ich bin ein primitiver Drecksack der immer Recht hat, der alles schlecht macht.“ Das kann man definitiv so unterschreiben. Das Quartett mit einem addierten IQ von 50 bringt asozialen, anspruchslosen Testosteron-Crossover vom Feinsten.

So, wer austeilt muss auch einstecken können, liebe KANZLER & SÖHNE. Es gibt aber auch noch etwas Gutes zu sagen: Wenn man sich erst einmal auf das geistige Niveau einer Kreuzung aus Neandertaler und Schimpanse eingelassen hat, kann man nämlich durchaus Spaß mit den knapp 44 Minuten Unterschichtgestammel von "Durch die Wände" haben. Besonders Songs wie „Schmerz“, „Durch die Wände“ oder „Lass Ficken“ bleiben einfach hängen, weil sie einerseits durch ihre instrumentale Einfachheit nach vorne gehen (ich taufe dieses Phänomen an dieser Stelle liebevoll den ‚Rammstein-Effekt‘) und man andererseits die wirklich übertrieben asozialen Texte belächeln kann. Vorausgesetzt man kann über Zeilen wie: „Mir tut die Fresse weh – vom Hurensohn sagen“ lachen.

KANZLER & SÖHNE sollen ruhig asozial bleiben, aber der Songwriter darf gern noch einmal die Schulbank drücken, damit wir hier in der Redaktion beim nächsten Album nicht direkt mit dem roten Stift kommen müssen. Die Gesellschaftskritik können sie aber dann aber bitte den Erwachsenen überlassen.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lucas Prieske (24.08.2016)

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