ARKONA - Возрождение (Vozrozhdenie)

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VÖ: 11.11.2016
Bandinfo: ARKONA
Genre: Folk Metal
Label: Napalm Records
Lineup  |  Trackliste

2016 ist wohl das Jahr der Re-Recordings, was? Erst die hier besprochenen ARKONA mit einer professionelleren Neuaufnahme des Debüts "Возрождение", dann die Jubilare von EINHERJER, die ebenfalls ihren Ersteinschlag in der Metalwelt zelebrieren. Solchen anstehenden Releases kann man natürlich gegenüberstehen, wie es einem beliebt, zumindest bei diesen beiden Formationen ist es aber zumindest für mich ein interessantes Unterfangen, weil sich beide über die Jahre weiterentwickelt haben und es sich dadurch einfach um ein nettes "Wie würde dieses Album klingen, wenn..."-Konjunktivspielchen handelt. Konzentrieren wir uns aber erstmal auf ARKONA (die EINHERJER-Rezension wird noch folgen), die besonders auf den letzten zwei bis drei Werken einige Änderungen am Sound vollzogen haben - erst weitschweifig-sinfonische ("Гой, Роде, гой!" und "Слово") und dann ritualistisch-düstere ("Явь").

Der überraschende Faktor an der neuen "Возрождение"-Fassung ist aber eben nicht, dass man, wie man eigentlich erwarten würde, die stilistischen Unterschiede zwischen 2004 und 2014 glasklar heraushören kann, sondern dass es durch die neue Produktion, den kräftigeren Mix und das Mastering auch als neues Album der Russen durchgehen könnte. Die Stimmung, die sich darauf ausbreitet, ist immer noch genauso düster wie eh und je und die Keyboardarrangements fallen hier und da auch weiterhin etwas synthetisch aus (z.B. in "Коляда" und "Чёрные вороны"), aber man kriegt hier durch die detailgetreue Interpretation auch ein wunderbares Gefühl dafür, dass Masha und Co. aus kompositorischer Sicht schon im Jahre 2004 sehr ausgereift und stilistisch eben gar nicht so weit von den neueren Veröffentlichungen entfernt vorgegangen sind und es schon alleine aufgrund dessen nur eine Frage der Zeit sein musste, bis man auch in westeuropäischen Breitengraden für Aufsehen sorgen würde.

Dafür kam dann der Pagan-Metal-Hype gerade recht, denn das 2007er Werk "От сердца к небу", das zunächst noch über das russische Label Soundage Productions erschienen ist, hat es tatsächlich vollbracht, die Damen und Herren von Napalm Records anzulocken, sodass der vierte Ableger der ARKONA-Diskografie 2008 auch in unseren Regionen publiziert wurde und sich das Quintett heute nicht zuletzt deshalb zu den Aushängeschildern des Pagan Metal zählen darf, das seither ziemlich glücklich mit der österreichischen Labelheimat zu sein scheint. Der Mut jener, sich ein osteuropäisches Ensemble zu engagieren, dessen Stil doch stark vom hochgejubelten Einheitsbrei abwich, hat sich letztlich ausgezahlt, weil es genau diese Andersartigkeit gepaart mit dem Talent für Songwriting war, die vermehrt die Folk-affinen Metalfans anzog. Denn: ARKONA können und konnten immer schon eigentlich alles und das eben deutlich besser als die ganzen Plastikwikinger und Sandkastenheiden. Auch auf dem Debütant "Возрождение" schon: Epische Hymnen wie "Русь" oder "Под мечами", folkig-rhythmische Tanznummern wie "Солнцеворот" und "Масленица", die trotz allem nicht so dudelig daherkommen, oder eben auch einen finster-sphärischen Ambientepilog wie "Зов предков". Das alles wird mit verschiedensten Blasinstrumenten und einer einwandfrei erzählten Mythologie verpackt, die damals wie heute ihren mystischen Reiz besitzt und glücklicherweise auch noch nicht so breitgetreten wurde, wie das germanische Pendant dazu.

Nun stellt sich, wie so häufig bei Re-Recordings und derlei Späßen, wohl die berechtigte Frage, ob man sich das wirklich in's heimische Regal stellen muss. Man kann ARKONA auf jeden Fall nicht nachsagen, dass sie "Возрождение" schluderig oder gar lieblos neu eingespielt haben, denn in Wirklichkeit strotzt das Werk nur so vor hingebungsvoller Detailgetreuheit, kann mit einer astreinen Produktion überzeugen und ist schon deshalb ein lohnenswertes Zeitzeugnis einer Band, die ein Paradebeispiel dafür ist, dass man mit Leidenschaft und auch mit unkonventionellen bzw. unbekannten Methoden ein Genre im Sturm erobern kann. Und man hat bei den Russen auch heute noch nicht den Eindruck, als würden sie das alles wegen irgendwelchen Hypes oder des Geldes wegen veranstalten. Für einen Stil, der nunmal über genau solche Aspekte wie Naturverbundenheit, Leidenschaft und die jeweilige nationale Folklore kommt, ist das einfach unabdingbar. ARKONA haben genau das in ihrem Blut und wissen das auch dementsprechend rüberzubringen.

Wer "Возрождение" also noch nicht hat, sollte schleunigst zugreifen, die Besitzer der 2004-Fassung können durch das von Napalm Records auf YouTube bereitgestellte Lyricvideo zum Titeltrack den Selbstversuch wagen, ob sie diese Neuaufnahme wirklich benötigen:



Ohne Bewertung
Autor: Pascal Staub (11.11.2016)

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