NIGHT LASER - Laserhead

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VÖ: 24.03.2017
Bandinfo: NIGHT LASER
Genre: Glam Metal
Label: Out of Line
Lineup  |  Trackliste

Leggins gepaart mit einer fragwürdigen Kombination von  Farben und Mustern, das alleine genügt eigentlich schon, damit man sich einer Band nur mit Skepsis nähert. Noch immer ist das Erste das man damit assoziiert 80er-Jahre Glam Metal und alle damit verbundenen Klischees - auch was mangelnde musikalische Qualitäten betrifft.

Das Video zum Titeltrack wirbt groß mit "feat. Kai Hansen". Gut, Kai Hansen hat ja bekanntlich Sinn für Humor. Das Clickbait funktioniert. Vielmehr als einen Cameo-Auftritt mit ein paar gesungenen Zeilen bekommt man hier nicht. Der Song ist wie der Bandname, traditionell, ganz passabel, aber zunächst nicht besonders berauschend. Die Neugierde ist aber geweckt, also wird nun das Album unter die Lupe genommen.



Das Cover von "Laserhead", dem zweiten Album von NIGHT LASER, kann man mit einem Wort beschreiben: fürchterlich. Auch wenn Künstler Jens Reinhold schon für Bands wie FREEDOM CALL, RUNNING WILD, SODOM und VIRGIN STEELE gearbeitet hat, zur obersten Liga der aktiven Coverkünstler gehört er nicht, wobei das Cover vermutlich auch teilweise bewusst schlecht ist. Besonders schlimm ist die Darstellung der Band und der katastrophal scheußlichen Sixpacks. Zum Glück sieht die Band nicht wirklich so aus und läuft auch nicht mit mittels Airbrush aufgemalter Bauchmuskeln herum.

Die Erwartungen an das Album sind sehr niedrig, vielleicht bestenfalls ein lauer PRETTY BOY FLOYD Abklatsch. Doch schon beim ersten Hören kommt der große Schock - das Album ist überraschend unterhaltsam!

Nach dem eröffnenden Titeltrack folgt mit "Manta" ein Song der den Hörer gleich wissen lässt, dass er es mit einer deutschen Band zu tun hat – wer sonst würde schon dem Opel Manta einen Song widmen? Eingefangen hat man hier das akustische Pendant zum Gefühl des mit heruntergelassenen Fenstern an einem Sommertag durch die Straßen Brausens.

Genauso flott und schwungvoll zeigen sich der Großteil der anderen Songs auf dem Album, von "Fighting the Blues" bis hin zu "Chaos Crew". Auch wenn das Tempo oft ähnlich bleibt, klingt "Laserhead" nie langweilig, denn selbst das weniger aufregende "Thin Ice" wartet zumindest mit einem Mitsingrefrain auf. Das ist eine Stärke mit denen NIGHT LASER hier punkten, besonders bei Nummern wie "Keep This Love Alive", die zudem musikalisch gefällig sind, macht es einfach gute Laune dass sie so eingängig sind und zum Mitsingen einladen. "Neon Lightning" wird man ebenfalls nicht so schnell aus dem Ohr kriegen und auch der Titeltrack setzt sich allmählich in den Gehörgängen fest.
Die andere ist, dass es ihnen gelingt den Songs so viel eigenständigen Charakter zu geben, dass das Album nicht nach einem Einheitsbrei klingt, sondern man die Songs innerhalb der ersten paar Takte wiedererkennt. Stilistisch klingen NIGHT LASER vor allem nach einer Mischung aus frühen BON JOVI, ENUFF Z'NUFF und TUFF (Benno Hankers Stimme erinnert auch etwas an Stevie Rachelle).

Eines der Highlights des Albums ist "Bread and Circus", das nicht nur auf Anhieb mitreißt, sondern auch der Song ist der musikalisch am ehesten in die Richtung härterer bzw. Borderline-Glam Bands geht und somit eventuell auch Kritiker des Subgenres von der Qualität der Band überzeugen kann.
"Magnetism Of Flesh" widerum ist so herrlich sleazy und steamy, dass schon beinahe die Brillengläser beschlagen. Niveau wird man hier nicht finden, dafür lyrische Perlen wie "when something inside you wants something inside you". Was die Texte auf "Laserhead" betrifft, darf man sich ohnehin nicht zu viel Tiefgründiges erwarten, aber schmunzeln kann man schon ab und zu.

Weniger prickelnd ist das sehnsüchtige und zugleich nostalgisch wehmütig anmutende "LA One Day", bei dem NIGHT LASER den Fuß ein bisschen vom Gaspedal nehmen. L.A. – aber in den späten 80ern – wäre der richtige Ort für diese Art von Musik gewesen und wer weiß, vielleicht wäre damals sogar ein Charts-Hit mit einer Ballade drinnen gewesen. Die obligatorische Glam Metal Ballade fehlt auf "Laserhead" nicht – im Gegenteil, hier bekommt man sogar zwei geboten.
"Make Me Cry" ist eine durch und durch klassische Glam Metal Schnulze, die zum Mitschunkeln und Wunderkerzen auspacken einlädt. Der finale Song, "The Same Heartbeat", ist zwar nochmal um ein Stück länger als das fast 6-minütige "Make Me Cry", ist aber noch besser. Zwar trieft auch hier das Schmalz, aber der Song funktioniert als berührend-sentimentale Ballade.

So verpönt das Subgenre auch ist, Glam Metal muss nicht zwangsläufig schlecht sein, wie früher schon Bands wie CINDERELLA, L.A. GUNS oder MÖTLEY CRÜE und nun auch NIGHT LASER bewiesen. "Laserhead" ist ein gelungenes, vergnügliches Album, das mit eingängigen Songs, einer durchaus soliden Band die ihr Handwerk versteht und guter Produktion aufwartet. Berührungsängste sind unbegründet, NIGHT LASER haben Bands wie POISON, FASTER PUSSYCAT, NELSON und TRIXTER, was ihr musikalisches Können betrifft, schon hinter sich gelassen.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Brigitte Simon (23.06.2017)

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