RISE TO THE SKY - Let Me Drown With You

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VÖ: 12.03.2021
Bandinfo: RISE TO THE SKY
Genre: Doom Metal
Label: GS Productions
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Lineup  |  Trackliste

Eine chilenische Band mit dem Namen RISE TO THE SKY, die sich als Ein-Mann-Band rausstellt, eignet seinem zweiten Longpayer den Namen "Let Me Drown With You" zu. Gut, das muss erst mal sinken. Sergio. G., der Protagonist, dem wahrlich eine multiple Persönlichkeit innewohnt, spielt und produziert alles selbst und scheint auch sonst ein netter Kerl zu sein. Hab ihn in good old Vienna getroffen, was Sergio aus Wien mitgenommen hat, ist auf seiner Instagram-Seite zu sehen (kleiner Scherz am Rande).

Auf dem Cover von "Let Me Drown With You" sehen wir zwei eng umschlungene Individuen in einem Kreis des Lebens aus Ursprung und Vergänglichkeit. Das Meer, die Sterne, das Universum, das Nichts. Was ist der Mensch? Ein Spielball der Vergänglichkeit, der zwischen den Elementen zerrieben wird.

Tja, und plötzlich nehmen die Gedanken eine Abzweigung nach links und wir sind bei Agent Fox Mulder angekommen. Die Konquistadoren haben in Chile der indigenen Bevölkerung den Garaus gemacht, warum war es den Mapuche möglich, zu widerstehen? Verschwörungstheorien sind für Freaks, andererseits muss es dafür eine schlüssige Erklärung geben. Nicht wahr, Sergio?

"See Me Fall Down": Vor meinem geistigen Auge sehe ich Typhon, breitbeinig steht er im Meer, grimmig starrt er gen Himmel, die Fäuste geballt. Das Meer umrauscht ihn. Ein Donnergrollen, es ist Zeus` Stimme, der Himmel verdunkelt sich, Typhon erschlagen und begraben unter einem riesigen Berg, den Zeus auf ihn darnieder ließ. Sizilien, ein feuerspeiender Vulkan. Ich nehme nicht an, dass Sergio G. diesen Mythos kennt, er weiß ihn jedenfalls musikalisch auszukleiden.

"Dream The Pain Is Gone": Wer reitet so spät durch Nacht und Wind, ein chilenischer Doom-Metaller geschwind? Die Effekte, der Wind dieses breite Sound-Spektrum, das mit wenigen Instrumenten hergestellt wird, erstaunlich eigentlich.

"Let Me Drown With You": Zum Albumtitel bzw. Lied sei gesagt. Ja, der ganze Longplayer klingt nach Programmmusik, das hat der Herr aus Chile gut herausgearbeitet. Langsam, sehr langsam sinken wir mit ihm nach unten. Tiefer, immer tiefer in unbekannte Gewässer, wo vielarmige Meeresungeheuer darauf lauern, unseren Leib zu verspeisen. Das Licht schwindet, Schemen erscheinen. Werden sie uns gewogen sein? Wie hoffen es zumindest. Wer oder was stirbt zuletzt?

"Liebestod": Abgesehen davon, dass mir jemand erklären müsste, was Liebestod bedeutet, stoßen wir bei diesem Lied auf ein tiefergehendes Problem. Womöglich ist es ein Problem, welches Doom-Metal an sich hat, die Unterscheidbarkeit der Perspektive vom Panorama. Wo fängt ein Kreis an, wo hört er auf? Dort wo die Katze miaut? Die Titel unterscheiden sich nur graduell. Wenn ein anderes Konzept-Album, ebenfalls dem Meer gewidmet, herausgefischt wird, sagen wir von AHAB. Moment: Wie durchgeknallt muss man sein, das gesamte Schaffen einer Band einem verdammten weißen Pottwal zu widmen? Im Zweifelsfall ist es eben genial. Bei AHAB ist meiner Meinung der Duktus ein ähnlicher, jedoch die Nuancen prononcierter. Im Kontrast dazu sei, „Neptune“ von PSYGNOSIS erwähnt, ebenfalls Programmmusik, die sich aufgrund der technischen Möglichkeiten bzw. Ideen der Protagonisten erheblich in der Dickhäutigkeit bzw. Relevanz unterscheidet.

"Turn Us Into Stone": Meister, du hast uns zu Stein verwandelt, alter Seemannsgarnspinner. Hab kein Wort des Textes verstanden, aber mit einer Meeresbiologin gesprochen, die gleichermaßen Ethnologien ist. Sie meinte, es handle sich hierbei um eine sehr alte Verfluchung, die, soweit sie weiß, auf Kreta üblich war.

"Leaving This World": Meine Seele hat bereits die Stratosphäre hinter sich gelassen, während mein Körper sinkt. Das Meer. Die Gestirne. Die Elemente. Nimm meinen Leib auf, o großer Gott des Planktons.

 


"Bury Me Into My Heart": Dieser schleppende immer wiederkehrende Teil gräbt sich in unser Fleisch, dringt aber mangels aufgewandter Kraft nicht bis ins Herz vor. Da hilft selbst die magische Beschwörung nicht weiter.

"Transformation": Der letzte der Teil der Beschwörung fällt instrumental aus. Die Stimme versagt. Wir haben den Meeresgrund erreicht. Dunkelheit. Stille.

Fazit: Im Grunde haben wir Respekt vor der Leistung von Serio G., der RISE TO THE SKY verkörpert. Er versucht den Sound der Stille einzufangen, der ziemlich laut schwingt. Dieses Sinken ins Bodenlose haben wir endlich versanden. Sergio trauert um seinen kürzlich verstorbenen Vater. Das ganze Konzeptalbum ist sozusagen eine metaphorische Seebestattung. Mann, wie soll jemand, der diese Ideen auf die Oberfläche knallt, schlecht bewertet werden?
 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Richard Kölldorfer (16.03.2021)

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