BRIDEAR - Aegis Of Athena

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VÖ: 13.05.2022
Bandinfo: BRIDEAR
Genre: Power Metal
Label: Avex Trax
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Lineup  |  Trackliste

"It's BABYMETAL-Time!", würde jetzt mein (unwissender, unwürdiger) Redaktionskollege Earl Redbeard [Name vom Verfasser geändert] sagen. Dies jedoch ausschließlich, um dem Rezensenten wegen seiner Vorliebe für harte Klänge aus dem Land des Lächelns im Allgemeinen, und seine Sympathie für die eingangs bemühte Formation im Speziellen einen höchst unqualifizierten Tiefschläger-Seitenhieb zu verpassen. Aber natürlich würde wirklich JEDER, der sich auch nur ein Quäntchen in Sachen japanischem Metal auskennt, ob der vorstehenden, hochnotpeinlichen J-Metal-Bashing-Phrase, einfach nur fassungslos den Kopf schütteln. Denn selbstverständlich haben BRIDEAR mit BABYMETAL so viel gemeinsam, wie BABYMETAL mit JUDAS PRIEST.

Und um hier kurz genremäßig etwas Ordnung zu schaffen. BABYMETAL bespaßen ihr Publikum als Vertreterinnen des Kawaii-Metal, der verschiedenste Stile wie Power, Speed, Industrial, Black und Death Metal mit typischem J-Pop und entsprechendem Gesang verbindet. Die weiblichen Sängerinnen/Tänzerinnen treten zumeist in Idol-Outfits auf und werden von einer Begleitband unterstützt.

BRIDEAR hingegen sind eine reine Damen-Metalband und spielen ihre Instrumente komplett selbst. Ihre Wurzeln liegen in musikalischer Hinsicht u.a. im Visual Kei, einer japanischen Form des Metal, die geprägt von westlichem Power Metal, J-Pop artigem Gesang, vor allem aber von der extrem androgyn-femininen optischen Ästhetik der (männlichen) Künstler ist. Vorreiter waren X-JAPAN, bedeutende weitere Vertreter MALICE MIZER (mit den bekannten Künstlern Mana, Gackt und Kami (R.I.P.)), MOI DIX MOIS, BLOOD und als extreme Spielart die in der westlichen Metalwelt wohl am meisten bekannten DIR EN GREY.

Allerdings erstrecken sich die Gemeinsamkeiten tatsächlich nur auf den musikalischen Aspekt. Gesanglich und optisch sind BRIDEAR, ähnlich wie ihre Kolleginnen von FATE GEAR, einfach nur Power Metal-Bands, die halt aus Japan kommen und dadurch natürlich ein wenig ihrer, für uns meist exotisch anmutenden, landesspezifischen Besonderheiten in ihre Musik und ihren Stil einbringen. Ansonsten klingt das Ganze für westliche Ohren doch ziemlich vertraut. Speziell der Gesang von Kimi (BRIDEAR) und Nana (FATE GEAR) unterscheidet sich so gut wie nicht von den Shouts abendländischer (Power)Metal-Sängerinnen, vom teilweise recht amüsant wirkenden Akzent der japanischen Frontfrauen einmal abgesehen. 

Nachdem das also geklärt und Earl Redbeard verdientermaßen ins rote Licht der Scham gestellt wurde, befassen wir uns nunmehr mit dem immerhin bereits vierten Album von BRIDEAR, die 2021 ihr zehnjähriges Bandjubiläum gefeiert haben und somit durchaus als alte Häsinnen im Business bezeichnet werden dürfen.

Sängerin Kimi und Tieftöner-Bearbeiterin Haru sind noch vom Gründungs-Line Up übrig geblieben, die Gitarrenfraktion (Misaki + Ayumi) und Schlagwerkerin Natsumi sind allerdings auch schon seit drei Alben am Start. Die Formation ist also eingespielt, und die Damen beherrschen ihre Instrumente aus dem Effeff.

"Aegis Of Athena" startet gleich mit dem längsten Track des Albums. "Side Of A Bullet" beinhaltet ein Intro, dann geht sofort die Post ab und BRIDEAR stellen klar, dass sie unverkennbar im geschwindigkeitsberauschten, melodischen Power Metal mit dezent progressiver Schlagseite beheimatet sind. Dabei versprühen sie bereits in der ersten Nummer einen Ideen- und Abwechslungsreichtum, der bei manchen Mitbewerbern für ein halbes Album ausgereicht hätte. Parts, in denen BRIDEAR das Gaspedal ordentlich durchtreten (und Schießbuden-Akrobatin Natsumi auch (aber nicht nur) an der Doublebass ihre Tightness unter Beweis stellt) wechseln sich ab mit Passagen, in denen die Band zwei Gänge herunterschaltet und das Gitarrenspiel immer wieder mit progressiven Elementen anreichert.

"Greed" ist ein eingängiger Power Metal-Feger mit Prog-Solo, gleiches trifft auf "Determination" zu, wobei hier das wundervolle Gitarrensolo eher traditionell angelegt ist. Kein Wunder, dass beide Nummern als Singles ausgekoppelt wurden. "Ray Of Chaos" macht seinem Namen in gewisser Weise alle Ehre. Das Stück ist der progressivste Song auf "Aegis Of Athens" und gleichzeitig auch der sperrigste.

"The Bathtub" läuft dann schon wieder wesentlich eingängiger in die Ohren hinein, während BRIDEAR sich geschwindigkeitstechnisch größtenteils auf der Überholspur bewegen. Neben "Greed" und "Determination" auf jeden Fall der dritte Hit des Albums und der persönliche Liebling des Rezensenten.

"Lodestar" stampft in der ersten halben Minuten regelrecht RAMMSTEIN-artig aus den Boxen, ehe Kimis Gesang einsetzt und die japanischen Lyrics dem Stück eine besondere Würze verleihen. Das folgende "Past In Emerald" darf durchaus in einem Atemzug mit "The Bathtub" genannt werden, ehe mit "Brave New World Revisited" (dritte Single) ein geradezu epischer Symphonic Metal-Kracher auf das bislang Gehörte noch mal einen draufsetzt. Exzellente Nummer! Mit "Road" klingt das Album eingängig, melodisch und verspielt in mitreißendem Uptempo aus und lässt den Rezensenten wirklich zufrieden zurück. 

 

Fazit:

BRIDEAR präsentieren mit ihrem vierten Album eine hervorragende Veröffentlichung im Bereich des melodischen Power Metal. Der Prog-Anteil ist ausgewogen und gut in die einzelnen Stücke integriert, ohne nervig frickelnd rüberzukommen. Sängerin Kimi macht einen super Job, und auch die Instrumentalfraktion beherrscht hörbar ihr Werkzeug. Der Sound ist frisch und knackig, das Songwrtiting lässt nichts zu wünschen übrig. Es bleibt also zu konstatieren, dass BRIDEAR mit "Aegis Of Athens" ein wirklich sehr gutes Album geschaffen zu haben, das für eine entsprechende Wertung keines zusätzlichen Exoten-Bonusses bedarf. 

じゃあね - Jyaa ne!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (20.05.2022)

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