THERION - Leviathan II

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VÖ: 28.10.2022
Bandinfo: THERION
Genre: Symphonic Metal
Label: Atomic Fire Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Irgendwie hat es den Anschein, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die meisten meiner alten Helden aus den Neunzigern hier bei Stormbringer auf meinem Seziertisch landen. Diesmal hat es THERION erwischt. Die älteren Semester unserer Leserschaft erinnern sich vielleicht noch an die längst vergangenen Tage, in den die Schweden mit "Lepaca Kliffoth" (1995) die Metalwelt aufhorchen ließen und spätestens mit "Theli" ein für alle Mal klarstellten, dass THERION in Bezug auf die Symbiose von Metal und (sinfonischer) Klassik das Maß aller Dinge sind. Ausnahmen bilden hier lediglich die kongeniale RAGE-Trilogie "Lingua Mortis" (1996) - "XIII" (1998) - "Ghosts" (1999) und die Alben von Tilo Wolffs LACRIMOSA aus der zweiten Hälfte der 90er ("Inferno" (1995), "Stille" (1997) und "Elodia" (1999). 

In der Folgezeit perfektionierten THERION ihren Stil mit dem opulenten "Vovin" (1998) und dem exzentrischen "Secret Of The Runes" (2001) sowie dem exorbitant großartigen Doppelalbum "Lemuria / Sirius B" (2004). Danach verlor ich die Truppe dann tatsächlich für sage und schreibe 18 Jahre komplett aus Augen und Ohren.

Demzufolge war mir auch der erste Teil der "Leviathan"-Trilogie nicht bekannt, als ich beim jetzt vorliegenden zweiten Teil zugegriffen habe. Ich war zunächst skeptisch. Der Vorgänger konnte hier bei Stormbringer zwar satte 4,5/5 Punkten einfahren, wurde von dem ein oder anderen Rezensator unserer Mitbewerber allerdings auch mit 2/10 Zählern abgewatscht.

Also rein ins kalte Wasser, wenn auch mit einer gewissen Anspannung...die jedoch bereits nach fünf Sekunden direkt wieder verflog, denn bereits bei den ersten Klängen des Openers fühlte ich mich sofort wieder zu Hause, im THERION-Klangkosmos. Viele altvertraute Trademarks zogen mich gleich wieder in ihren Bann. Und schon nach dem ersten Stück konnte ich konstatieren: Christofer Johnsson kann es immer noch! Die perfekte Vereinigung von Metal/Rock und Klassik, begleitet von eingängigen, mitreißenden Melodien, traumhaften Chorgesängen und ausgefeilten Arrangements zieht sich auf oberstem Qualitätslevel durch jeden der elf Tracks.

Im Zuge dieser Rezension habe ich mir natürlich auch "Leviathan" zu Gemüte geführt. Und ich muss sagen, dass mir die aktuelle Scheibe einen Tick besser gefällt. Der Vorgänger klingt zuweilen ein wenig nach NIGHTWISH, während der Sound auf "Leviathan II" zu 100 % THERION ist. Ich fühle mich immer wieder an die "Lemuria/Sirius B" Ära erinnert, und streckenweise auch an die Phase von Songs wie "In Remembrance" und "Up To Netzach" ("A'arab Zaraq – Lucid Dreaming", 1997).

Stücke wie "Litany Of The Fallen", "Alchemy Of The Soul", "Cavern Cold As Ice" oder der Albumcloser "Pazuzu" sind an Eingängigkeit kaum zu überbietende Hits, die Vergleiche zu großen THERION-Hymnen wie "Lemuria", "An Arrow From The Sun", "Abraxas" ("Lemuria"), "Son Of The Sun", "Call Of Dagon" und "Voyage of Gurdjieff (The Fourth Way)" ("Sirius B") nicht zu scheuen brauchen. Denen aber genügend Abwechslungsreichtum und immer auch ein Hauch Progressivität innewohnt, so dass sie nicht in mainstreamige Easy-Listening-Gewässer abdriften. Zusätzlich bringen Songs wie "Lucifuge Rofocale" auch eine ordentliche Portion Härte und Aggressivität auf das Album, so dass man "Leviathan II" keinesfalls als seicht bezeichnen kann.

Fazit:

Natürlich bewegen sich THERION im 35. Jahr ihres Bestehens nicht mehr auf den experimentellen und zuweilen wilden Pfaden, wie anno dunnemals zu "Theli"-Zeiten. Das heißt aber nicht, dass Christofer Johnsson und seine Crew nicht mehr in der Lage wären, fantastische und qualitativ hochwertige Musik zu kreieren. Denn genau das stellen sie mit "Leviathan II" einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis. Hier stimmt alles, vom Songwriting, über die instrumentale und vokale Umsetzung, die Arrangements bis hin zur Produktion, die keine Wünsche offenlässt. "Leviathan II" erhält meine klare Empfehlung, ich freue mich schon jetzt auf den dritten Teil der Trilogie.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (11.11.2022)

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