GATEKEEPER - From Western Shores

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VÖ: 24.03.2023
Bandinfo: GATEKEEPER
Genre: Epic Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Seit vielen Jahren ist Kanada erwiesenermaßen neben Skandination einer der sprudelnsten Quellen für neue, qualitativ hochwertige Hartwurst-Kost. Und so war es nicht verwunderlich, dass 2018 der erstwerkliche Achtungserfolg "East Of Sun" einer gewissen Formation namens GATEKEEPER seinen Ursprung in der kanadischen Provinz Alberta, genauer gesagt in der Hauptstadt Edmonton hatte. Mit ihrem Debüt setzte das Quintett um Bandkopf Jeff Black mehr als nur eine Duftmarke im Untergrund in Sachen epischer True Metal der alten Schule. Der erste Langdreher war rauh, wild und ungezähmt. Die musikalische Komponente wurde verstärkt von der dezent kratzigen, ungezügelten Stimme von Frontmann Jean-Pierre Abboud. Dem Debüt folgte ein Jahr später die nicht minder beachtenswerte EP "Grey Maiden" mit dem grandiosen Cover "Richard III" der britischen NWoBM-Veteranen TREDEGAR aus dem Jahr 1986.

Doch dann wurde es ruhig um GATEKEEPER. Über den gesamten Zeitraum der Pandemie hinweg gab es kein Lebenszeichen von den Kanadiern. Erst 2022 erhielten die Fans neue Infos über die Situation der Band, und diese waren nicht besonders ermutigend. Gitarrist Kenny Kroecher und Sänger Jean-Pierre Abboud hatten die Truppe verlassen. Keine gute Ausgangsposition für neues musikalisches Material. Oder? Mit Erscheinen der Single "Exiled King" belehrten GATEKEEPER alle Zweifler (mich eingeschlossen) eines Besseren. Die beiden Neuzugänge, Axtschwinger Adam Bergen und vor allem Goldkelchen Tyler Anderson waren mehr als nur eine Bereicherung, sondern vielmehr das absolut Beste, was der Band passieren konnte. Das Gitarrenspiel von Adam in Verbindung mit der dezenten kompositorisch-klanglichen Neuausrichtung sorgen für eine unüberhörbare Frischzellenkur im GATEKEEPER-Sound. On top kommt die unglaubliche Stimme von Tyler, die das musikalische Gesamtpaket auf eine neue Stufe hebt. Herr Anderson hat absolut das Zeug, Genre-Vokal-Königen wie VISIGOTH-Nachtigall Jake Rogers oder ATLANTEAN KODEX-Lerche Markus Becker ernsthaft Konkurrenz zu machen.

Im Vergleich zum Erstwerk präsentiert sich "From Western Shores" etwas weniger wild, dafür aber deutlich strukturierter und organischer. Die Band klingt reifer, und das ist schon eine Leistung, da die jetzige Besetzung nicht jahrelang die Möglichkeit hatte, zusammenzuwachsen. Nichtsdestotrotz ist der Zweitling absolut rund. Der Sound ist nach wie vor alles andere als geschliffen und glatt. Aber das harmonische, viel besser durchdachte Songwriting in Verbindung mit der technischen Umsetzung hat GATEKEEPER einen unglaublichen Qualitätsschub beschert.

Musikalisch bewegt man sich nach wie vor in den Gefilden den True Metal, allerdings fährt "From Western Shores" eine geballte Ladung Epik auf, die sich locker mit VISIGOTH, MANILLA ROAD, ETERNAL CHAMPION oder ALTANTEAN KODEX messen kann. Das Grundgerüst des GATEKEEPER-Sounds basiert auf frühen MANOWAR zu Beginn der 80er Jahre. Dazu gesellen sich eine Prise MANILLA ROAD, ein Schuss CIRITH UNGOL und eine Messerspitze MEDIEVAL STEEL. Ordentlich umrühren und fertig ist das Metal-Gebräu, das allen Liebhabern der bislang zitierten Bands einen wahren Gaumen- (oder in diesem Fall eher Ohren-) Schmaus bereiten dürfte und das trotz der bekannten Ingredienzien pur und eingenständig nach GATEKEEPER schmeckt.

Majestätisch mal im Midtempo, mal schleppend aus den Boxen stampfende Hymnen wie "Exiled King", "Twistes Towers", "Nomads", "Desert Winds" oder "Shadow Of Stone" bescheren eine Gänsehaut nach der anderen und lassen dem Auditorium wohlige Schauer über den Rücken laufen. Den Kontrast dazu bilden die ein wenig zügiger daher galoppierenden Stücke, wie der Opener und "Death On Black Wings". Und mit "Keepers Of The Gate" enthält "From Western Shores" einen klassischen Rausschmeißer-Longtrack, in dem noch mal alle Trademarks des musikalischen Kosmos, in dem GATEKEEPER sich bewegen, gebündelt und zu einem grandiosen Finale vereint werden.

Auch wenn die Musik des Kanada-Fünfers ihren Ursprung unüberhörbar in den Achtzigern hat, so ist der Sound ungemein zeitlos. Die einzelnen Stücke klingen nicht, als wären sie mit Gewalt auf "retro" getrimmt. Vielmehr wirken sie historisch und doch auch modern zugleich. Die Produktion unterstützt diesen Eindruck, indem die Stücke eben nicht glatt poliert bis zum Geht-nicht-mehr und sämtlicher Ecken und Kanten beraubt werden. Das hat zur Folge, dass "From Western Shores" sich in einem absolut natürlichen, kraftvollen und immer wieder auch urwüchsigen Soundgewand präsentieren kann. Ein großes Dankeschön dafür an die Aufnahme-Crew Jeff Black, Michael Kraushaar und Arthur Rizk.

Fazit:

GATEKEEPER bescheren uns mit "From Western Shores" ein echtes Frühlings-Highlight in Sachen Epic Metal, an dem sich alle in 2023 noch kommenden Genre-Veröffentlichungen werden messen lassen müssen. Die Qualität dieser Scheibe jedoch auch nur zu erreichen, geschweige denn, sie zu übertreffen, dürfte allerdings ein äußerst schwieriges Unterfangen werden. Denn was GATEKEEPER hier auf ihrem Zweitwerk geleistet und geschaffen haben, ist absolute state of the art!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (24.05.2023)

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