EISBRECHER - Es bleibt kalt°! (2003 – 2023)

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VÖ: 18.08.2023
Bandinfo: EISBRECHER
Genre: NDH (Neue Deutsche Härte)
Label: Sony Music Entertainment
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Lineup  |  Trackliste

Und nun die Wettervorhersage für die letzten zwanzig Jahre: "Es bleibt kalt!" – rückwirkend von 2003 bis 2023. Möglich gemacht und präsentiert wird dieses paradoxe Wetterphänomen von EISBRECHER, die mit ihrem Schweröl tankenden, arktistauglichen Schiffs-DeLorean den Klimawandel rückwirkend neutralisieren und mit ihrer neuesten Werkschau "Es bleibt kalt°! (2003 – 2023)" für wohltemperierte Unterhaltung sorgen.

Doch Momentchen mal?! Seit wann bespricht der Lord der schwermetallischen Reinheitsgebote ausgerechnet eine Band wie EISBRECHER?! Ehrlich gesagt stelle ich mir diese Frage tatsächlich selbst, denn wie schon die Packungsbeilage einleitet, ist die Kapelle um Zeremonienmeister Alex Wesselsky "von den Metal-Fans anfänglich komisch beäugt [und] von den Gothic-Fans verschreckt betrachtet [worden]" – so auch von meinem einen selbst. Doch aufgrund einer über die Jahre erfolgten, permanenten Druckbeschallung auf ausgewählten Festivals (danke, liebes Summer Breeze!) und einer – höchstwahrscheinlich altersbedingt eintretenden – Aufgeschlossenheit in Folge jahrelanger Monokulturen im Punk, Hardcore und Extreme Metal traue ich mich derweil sogar in derartige Gefilde. Und nachdem schon die aktuelle MEGAHERZ (ironischerweise und bekanntermaßen die vorangegangene Band Wesselskys) bereits ein Genüsschen war und der Ruf eh schon ruiniert ist (nicht wahr, Herr Kollege P. von Z.O.?), gönne ich mir doch den Spaß mit den Eisbären aus Fürstenfeldbruck.

Womit wir nun nach reichlich Vorgeplänkel bei "Es bleibt kalt°! (2003 – 2023)" wären. Da EISBRECHER bekanntlich zu runden und halbrunden Jubiläen Best-Of-Alben vom Stapel laufen lassen, stellt sich zunächst die Frage, ob eine bis dato vierte Kompilation denn überhaupt "von Nöten" ist. Für einen Neueinsteiger wie den Verfasser ist die 40 Tracks umfassende Sammlung durchaus eine sinnvolle Investition, da sie aus offensichtlichen Gründen einen vernünftigen Überblick und einen – impertinent ausgedrückt – entschlackten Extrakt über das Wirken der Band liefert. Für Besitzer der vorangegangenen Best-Of-Alben "Eiskalt", "Zehn Jahre kalt" und "Ewiges Eis – 15 Jahre EISBRECHER" gibt es natürlich die ein oder andere Überschneidung, zumal Evergreens wie "Miststück" (die nun wirklich jeder kennt, ob er will oder nicht, siehe oben!) einfach nicht fehlen dürfen. Tatsächlich aber beinhaltet selbst "CD 1 – Tracks 2003-2013" eine Handvoll Stücke, die auf den anderen Best-Of-Alben nicht enthalten waren – was im ersten Step schon einmal für eine redliche Auslese spricht.

"CD 2 – Tracks 2013-2023" enthält naturgemäß nur eine überschaubare Schnittmenge und mit "Wir sind Gold" on top ein mehr oder weniger unveröffentlichtes Stück, das bisher "nur auf einer speziellen Promo-CD und der US-Version von 'Sturmfahrt'" released wurde. Ein Lied, das in bewährt wortgewandter und augenzwinkernder Manier auf das Vergangene zurück und in die Zukunft hinaus blickt. Dass die Lyrics bei EISBRECHER zumeist von Güte sind, zeigen die meisten der hier kredenzten 40 Songs, doch Ausnahmen bestätigen die Regel...wobei ein Song wie "Anna Lassmichrein Lassmichraus" immerhin beweist, dass die Truppe gesanglich, textlich und niveaulimbotechnisch durchaus in der Lage ist, einer gewissen Platzhirschband der NDH den Rang abzulaufen, falls diese früher oder später über gewisse Entgleisungen stolpern sollte. Würde by the way auch eine gute Parodie abgeben. Nur für's Protokoll: ich hab nix gesagt...

Durchaus interessant bleibt bei Zeitraffer-Releases wie diesem der Umstand, dass man den stilistischen Werdegang zwischen den Extremen in Synopse erlauschen kann – von den für den gemeinen Metalhead schwer verdaulichen, vollsynthetischen Stücken (z. B. "This Is Deutsch") bis hin zu den hart riffenden Songs (z. B. "Kontrollverlust"), in denen die Gitarren die Hauptrolle spielen und die EISBRECHER zu einer bewährten Band auf Festivals jeglicher Art gemacht haben (...naja, zumindest würde ich die Nummer gerne mal live ums Trommelfell geprügelt bekommen). Da kann man es Herrn Wesselsky auch gerne mal nachsehen, wenn er das Publikum am Summer Breeze freudestrahlend mit "Hallo M'Era Luna!!!!" begrüßt – nobody's perfect & bis zum nächsten Mal!



Ohne Bewertung
Autor: Lord Seriousface (29.08.2023)

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