TURBOBIER - Nobel Geht Die Welt Zugrund

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VÖ: 26.01.2024
Bandinfo: TURBOBIER
Genre: Punk
Label: Pogo's Empire
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Lineup  |  Trackliste

Bei der ganzen (ernstgemeinten) politischen Aufmerksamkeit, die in den letzten Monaten auf unserem Bundeskanzler in spé, Dr. Dominik Wlazny, lag, könnte man fast vergessen, dass der werte Herr mit seinem Alter-Ego und seinen Spezl'n aus'm Simmeringer Grätzl auch noch musikalisch eine beachtliche Karriere hingelegt hat und immer noch tut: Es ist mal wieder Zeit für neues Material von TURBOBIER! "Nobel geht die Welt zugrund", so der Albumtitel und die wenig schmeichelhafte Prognose des großen Gelehrten Dr. Marco Pogo, mit welcher er sicher nicht alleine da steht. Das neue Material ist vielleicht auch gerade deshalb etwas, naja, anders geraten, als man es von einem Namen wie TURBOBIER erwarten könnte: Von der feucht-fröhlichen und bisweilen bissigen Satire samt zahlloser Anleihen aus der österreichischen Popkultur ist im Vergleich nur mehr wenig zu hören. An ihre Stelle treten ernstere Themen, das Auftreten der Band wirkt gesetzter und seriöser. Was für diesen Schwenk in der Gangart nun ausschlaggebend war, darüber könnte man jetzt an anderer Stelle sicher trefflich diskutieren, die Richtung deutete sich allerdings schon 2019 mit "King of Simmering" an, das stellenweise ja auch bereits mehr Ernsthaftigkeit anklingen ließ. Aber steht die Fortführung dieser Entwicklung der Band auch zu Gesicht? Naja...

Tatsächlich hat sich ja nicht nur textlich, sondern auch musikalisch einiges bei den Simmeringern getan. Das wird schon im titelgebenden Opener recht schnell offensichtlich, der wesentlich mainstreamiger daher kommt, als man es vielleicht erwartet hätte. Gut, das könnte man jetzt, gegeben der Thematik des Songs, sicherlich als Stilmittel verstehen, und es passt so weit auch ganz gut dazu. Allerdings...dieses vielleicht zugänglichere und zumindest in den Vorabveröffentlichungen auch gesetztere Klangbild, passt zwar zu der ebenfalls gewandelten Lyrik, aber naja, ehrlich gesagt ist es ein bisschen enttäuschend, und der Funken will einfach nicht so recht überspringen. Der Musik fehlt stellenweise einfach der Pfeffer im Arsch, die wienerisch gefärbte Rotzigkeit, die TURBOBIER immer so aus der Masse herausstechen ließ und die Band, so die eigene Einschätzung, erst zu dem gemacht hat, was sie heute darstellt. Nicht falsch verstehen, die Band kann das alles ganz offensichtlich noch, sie stellt es später auf dem Album ja auch eindrücklich unter Beweis. Trotzdem, der fade Beigeschmack der Angleichung und des auf-Nummer-sicher-gehens lässt sich damit nicht wegwischen. Zu viel Platz nehmen Songs wie "Fang mi auf" oder "Zersprengtes Herz" auf der halben Stunde Spielzeit des Albums ein.

Man sollte aber nicht nur meckern. Es gibt, wie angedeutet, auch ein paar Highlights auf "Nobel geht die Welt zugrund" zu finden, auch bei den modernen, ernsteren Songs. So weiß beispielsweise das für TURBOBIER-Verhältnisse doch recht düstere "Hamsterrad" mit seinem beißenden Zynismus der modernen Arbeitswelt gegenüber durchaus zu gefallen, ebenso wie die herzzerreißende Ballade an das Lieblingsmöbelstück "Diwan" oder der tatsächlich punkige Kracher "Vier". Das alles sind tolle Songs, von denen man mehr will! Lobend zu erwähnen wäre auch noch das trotz hinichem Kühler gechillte "Fetzndachl", das grantige Urlaubsvibes verbreitet und trotzdem gute Laune macht. Und genau sowas wünschte ich mir auch für den Rest des Albums: Songs mit Augenzwinkern, die den Alltag und natürlich auch gesellschaftliche Probleme auf die Schippe nehmen, dargebracht mit einem Haufen Selbstironie und originaler, wienerischer Grantlerei, die im echten Leben zwar anstrengend, in der Kunst aber so unendlich unterhaltsam ist.

Das neue Album von TURBOBIER ist also sicher eines der schlechteren in ihrem Repertoire, trotzdem sollte man ihm eine Chance geben. Gerade abseits von den im Vorhinein veröffentlichten Songs, die nach persönlicher Meinung allesamt keine Bäume ausreißen, finden sich dann doch ab und zu ein paar Perlen.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Daniel Csencsics (28.01.2024)

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