Iron Maiden - Flight 666

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VÖ: 22.05.2009
Bandinfo: IRON MAIDEN
Genre: (nicht klassifizierbar)
Label: EMI Music
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Lineup  |  Trackliste

Es ist doch so: Tour-Dokus sind fast immer eine fade Angelegenheit. 90 Minuten Bla-bla, halblustige Sprüche, literweise Alkohol und andere Flüssigkeiten, aufgesetzte Coolness und ein ständiges Gut-Draufsein. Dazwischen ein paar Interviews mit der Band, lokalen Fanclub-Vertretern in lausigem Englisch, der Beleuchter darf was sagen, der Tontechniker, der Roadie, der Busfahrer... Sind wir mal ehrlich: bei den meisten Tour-Dokus freuen wir uns spätestens ab der Hälfte auf die Bonus-Disc mit dem Konzertmitschnitt und schauen danach nie wieder rein. Ist doch so.

Und dann kommen IRON MAIDEN und schmeissen diese schöne Theorie um. Einfach so. Bauen eine Boeing 757 um, lackieren Eddie the Head drauf, packen 12 (zwölf!) Tonnen Equipment plus ihre gesamte Crew hinein, legen in 45 Tagen 80.000 Kilometer zurück und füllen 23 Fußballstadien rund um den Globus. Ach ja, und so nebenbei fliegt Sänger Bruce Dickinson den Vogel auch noch selbst. Wer jetzt noch ernsthaft glaubt, Tour-Dokus sind immer langweilig, hat dieses Spektakel noch nicht gesehen.

Sam Dunn und Scot MacFadyen sind ab dem Zeitpunkt, als der Vogel ("Ed Force One", 'nuff said!) Richtung Asien abhebt, hautnah mit dabei. Erste Station: Indien. Magenverrenkung aller Bandmitgleider inklusive. Faszinierend, wie IRON MAIDEN ihre Fans an Orten mobilisiert, die meilenweit von der Hauptschlagader des Heavy Metal entfernt sind - eigentlich kaum vorstellbar, wo doch schon in unseren "zivilisierten" Breitengraden eine MAIDEN-Berichterstattung bzw. Airplay de facto nicht stattfindet. Große Gefühle stehen dabei natürlich an der Tagesordnung, wenn die Fans ihre Helden bereits am Flughafen lautstark in Empfang nehmen, die Hotels belagern und schlußendlich abdens vor der Bühne im Kolelktiv komplett auszucken. Besonders berührend ist eine Szene, in der ein Fan in Südamerika nach dem Konzert in Tränen ausbricht, in dem Wissen einen der genialsten Abende seines Lebens hinter sich zu haben. Vor allem in Kolumbien keine Leichtigkeit, müssen die Fans doch nach tagelangem Campieren auf der Straße massenhaft Schikanen des Militärs über sich ergehen lassen, bevor sie endlich auf das Festivalgelände gelassen werden. Vergleichsweise harmlos die Szenen aus der westlichen Welt, wo in Los Angeles ein Stelldichein mit Prominenz a la Lars Ulrich, Tom Morello und Ronni James Dio stattfindet. Doch auch abseits des lauten und hektischen Geschehens bleibt die Dokumentation stets spannend. So lernt man eine unglaublich natürliche Seite der Bandmitglieder kennen: Adrian Smith als Tennispieler mit seinem alten Freund Pat Cash, Wimbledon Sieger in Rente. Nicko McBrain beim Golfen - und dazu die Geschichte, wie ein kleiner Golfball beinahe das vorzeitige Ende einer Megatour bedeutet hätte! Das schöne an dieser privaten Seite: der Spaß regiert, wirkt jedoch niemals überzogen oder aufgesetzt. Auch hat man nie den Eindruck, die Kamera muß an Stellen dabei sein, die die Musiker gerne für sich alleine gehabt hätten. Keine Reality Soap, sondern ein einfaches Dabeisein. Unaufdringlich und dennoch spannend.

Sagte ich eingangs, man wartet üblicherweise ab der Hälfte auf die Bonus-Disc mit den Livemitschnitten? Nach 113 Minuten endet die Dokumentation "Flight 666" viel zu früh. Die Songs, von denen je einer in jeder Location der Tour gefilmt wurde, sind großartig (ebenso wie auf der auch separat erhältlichen Doppel-CD), eignen sich aber angesichts des genialen Hauptfilms aber bestenfalls als überlanger Abspann.

Schön dabei gewesen zu sein, irgendwie, wenn auch nur vom Sofa aus. Falls jemals eine Musik DVD wirklich essenziell sein sollte - diese hier ist es!





Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: adl (07.06.2009)

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