Kailash - Past Changing Fast

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VÖ: 00.00.2009
Bandinfo: Kailash
Genre: Avantgarde Metal
Label: Frostscald Records
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Lineup  |  Trackliste

Instrumentaler Jazz-Metal hat gemeinhin zwei Beweggründe. Erstens: man will der Welt zeigen, wie schön abstrakt man frickeln und kloppen kann und dass man im Konservatorium immer fein aufgepasst hat. Zweitens: Nullachtfuffzehn-Metal ist öde, man fühlt sich konsequent unterfordert und möchte sich auf intellektueller Ebene möglichst selbst verwirklichen. Doch halt...! Ein dritter Antrieb, um Alben wie dieses auf die Hörerschaft loszulassen, wäre vielleicht: die grenzenlose Freude an der Musik in all ihren Facetten, und die Absicht, diese Freude mit möglichst viel Leuten zu teilen...?

Die Brüder Marco und Andrea Basili haben sämtliche Instrumente eingespielt, und vor allem das Drumming ist bemerkenswert und setzt Akzente. Die Stilvielfalt in den vielschichtigen Gitarrenriffs pendelt unregelmässig von Avantgarde-Jazz über traditionellem Rock bis zum Blackmetal – wovon man sich bereits im Opener „Winter Glimpse“ überzeugen kann: was andere auf einer ganzen Platte nicht unterzubringen wagen, passiert hier in grade mal sechseinhalb Minuten. Manchmal hätte ein Sänger (auf’m Debut-Album „Kailash“ 2007 hatte man sogar noch einen!) den Songs sicher gut getan, aber das bleibt Ansichtssache.

Jetzt haben solch verkopfte Langspielwerke wie „Past Changing Fast“ jedoch den Nachteil, dass sich die Käuferschar in überschaubaren Grenzen hält und sich wahrscheinlich in erster Linie aus Musikstudenten, Mathematik-Metallern, Nerds und sonstigem intellektuellem Gesocks zusammensetzt. Obwohl Bands wie CYNIC den Weg geebnet haben, und schwer nachvollziehbare Krawall-Anarchisten wie DILLINGER ESCAPE PLAN oder ISIS erstaunlich hoch im Kurs stehen, muss man diese Musik aber wirklich lieben, um sie barrierefrei konsumieren zu können.

Intolerante, ewiggestrige True-Metaller sollten spätestens jetzt aufhören, das hier zu lesen. Leute, die der Musik open minded gegenüberstehen, sich ihre kindliche Neugier bewahren konnten und nicht schockiert sind, wenn krudes Deathmetal-Gebolze plötzlich in beswingten Bigband-Jazz übergeht, nur um dann von einem Stoner-Riff gekoppelt mit einem Blastbeat erschlagen zu werden, können KAILASH aber getrost mal antesten (das wunderschön verspielte "Endless Night Sweet Delight", das sich von unheimlicher Ruhe bis fast zum Exzess zu steigern weiss, sollte hier als Einstieg ok sein). Auch Freunden von ISAHN, den RED SPAROWES oder den norwegischen Fusion-Pionieren VED BUENS ENDE (von denen „Remembrance Of The Things Past“ hier relativ geschmackig gecovert wurde) sei zumindest ein Hördurchgang ans Herz gelegt.

Danach braucht man eh mal etwa dreissig Durchläufe von etwas beruhigendem, EXHORDER etwa.
Alle anderen sollten aber die Finger davon lassen.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (13.07.2010)

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