Europe - Bag Of Bones

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VÖ: 27.04.2012
Bandinfo: EUROPE
Genre: Hard Rock
Label: earMusic
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Lineup  |  Trackliste

"You're not supposed to sing the blues" - im ersten Moment scheint dieser Titel der Singleauskopplung des neuen EUROPE-Albums "Bag Of Bones" tatsächlich Programm zu sein: Denn normalerweise assoziiert man mit EUROPE zunächst einmal "The Final Countdown". Dann erstmal lange nichts. Und dann weitere Rock-Gassenhauer wie "Rock The Night", "Cherokee", "Superstitious" oder "Carrie". Also Stadion-Rockhymnen für die Ewigkeit, Feelgood-Songs im Geiste der Achtziger, schneidende Soli und treibende Beats. Blues passt da eigentlich so gar nicht ins Schema. Und doch: bereits seit dem Comeback-Album "Star From The Dark" haben sich bei EUROPE immer mehr Blues-Elemente in den Sound geschlichen, und nun gehen die Schweden rund um Fronter Joey Tempest und Gitarrenheld John Norum noch einen Schritt weiter. Denn auf "Bag Of Bones" ist der Blues nicht nur gelegentlicher Teil des Sounds; nein, vielmehr regiert er hier. Und dem geneigten Hörer stellt sich dann die Frage: Wie soll das funktionieren?

Und allen Zweifeln zum Trotz funktioniert es tatsächlich. EUROPE präsentieren sich auf "Bag Of Bones" zweifelsfrei erwachsener und gereifter als je zuvor, tief gestimmte Gitarren, schleppende Blues-Riffs und soul-lastiger Gesang von Joey Temptest dominieren das Geschehen vom ersten Takt des Openers "Riches To Rags" bis hin zum Abschlussakkord der schönen, mit QUEEN-Elementen versehenen Ballade "Bring It All Home".

Dazwischen gibt man sich den bluesigeren Noten mal verstärkt ("Not Supposed To Sing The Blues", "My Woman My Friend"), mal weniger intensiv hin ("Demon Head"), leistet sich gelungene Stilmischungen zwischen Rock und Blues im Titeltrack "Bag Of Bones", der stilistisch auch schon mal an spätere BRUCE SPRINGSTEEN-Nummern erinnert, und rockt sich geradlinig bei "Firebox" und "Doghouse" weg.

Dieser Hardrock-Cocktail, gepaart mit den erstklassigen Vocals von Joey Tempest, der einfach immer noch zu den absolut besten seiner Zunft gehört, und dessen klarer und ausdrucksstarker Stimme man einfach immer gerne zuhört, zergeht auf dem musikalischen Gaumen des Hörers also durchaus bekömmlich; ein bisschen vermisst man sie aber schon, die Keyboard-lastigen Stadionhymnen der Vergangenheit. Für langjährige Fans der Band wird "Bag Of Bones" daher sicherlich ein (mehr oder minder) interessantes Projekt darstellen, und es bleibt abzuwarten, wie diese stilistische Neuausrichtung beim Zielpublikum angenommen wird. Respekt gebührt den alten Schweden aber allemal dafür, sich gerade in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Karriere - zumindest auf diesem Album - neu erfinden zu wollen. Und grundsätzlich funktioniert das auch, wenngleich aber die wirklich großen Stärken der Band im bluesigen Rahmen dieser Scheibe nicht so ganz durchblitzen können. Ein bisschen zu trist fallen manchmal die Refrains aus, kaum eine Hookline will sich so richtig im Ohr festsetzen, und die Soli von John Norum können sich im Blues-Umfeld auch nicht ganz so entfalten, wie man sich das angesichts seiner vergangenen Glamrock- und Metal-Großtaten wünschen würde.

So ist "Bag Of Bones" also ein mutiges, unerwartetes Album geworden, das aber wohl erst probegehört werden sollte - vor allem von jenen, die sich nach einer musikalischen Zeitreise in die Periode der ganz großen Erfolge dieser Band sehnen. Denn die passiert hier sicherlich nicht.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Dragonslayer (23.04.2012)

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