Deuil - Acceptance/Rebuild

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VÖ: 00.00.2013
Bandinfo: Deuil
Genre: Sludge Metal
Label: Eigenproduktion
Lineup  |  Trackliste

Die fünf Phasen der Trauer. Ablehnung, Wut, Flehen, Depression und schließlich Akzeptanz. Jeder, der schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, sei es durch Trennung oder Tod, hat schon einmal diesen Weg gehen müssen. Dabei wird er gemerkt haben, dass dieser Weg kein chronologischer, kausaler Weg ist, sondern ein schleichender Prozess. Wie lange man sich in den einzelnen Phasen bewegt, wie unterschiedlich diese einzelnen Schritte gewichten, sich ausprägen, ist von Fall zu Fall, von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Welche Emotionen wir dabei durchleben ist oft nicht in Worte zu fassen. Meistens äußern wir uns durch Taten. Die Belgier DEUIL (das französische Wort für "Trauer") äußern sich durch Songs und nehmen uns auf ihrer selbstproduzierten EP mit durch die letzte Phase, die Akzeptanzphase, welche die Grundvorraussetzung ist zum Wiederaufbau, zur erneuten Selbstfindung.

Dass der Hörer dabei keine leichte Kost erwarten darf ist anhand des Konzepts offensichtlich. Zu Beginn des 20-minütigen Stückes "Acceptance" befinden wir uns noch in der Phase der Depression. Ein unwirklicher, lebensverneinender Choral begrüßt uns auf dem Leidensweg, bevor uns ein schleppendes Sludge Riff und Sänger Renauds harsche, unverständliche, aber zutiefst verzweiwelte Stimme mitten ins Geschehen werfen. Wut packt uns. Danach plötzlich Stille. Eine melancholische Melodie erklingt, erweckt den Drang zur Selbstreflexion. Vielleicht ein Funke Hoffnung, der durch eine jäh auftretende Black Metal Spitze inklusive Blastbeat zugleich wieder erlischt. Der Sog aus allem Negativem erreicht uns wieder, ein Rückfall. Wieder liegen wir am Boden, wieder die Stille. Doch die Melodie erklingt erneut. Diesmal beschließen wir sie mit beiden Händen zu packen, nicht mehr loszulassen, sie uns leiten zu lassen, wohin auch immer sie uns bringen wird.

Wir merken Fortschritt, der Choral zu Anfang von "Rebuild" klingt schon deutlich konsonanter. Die stark verzerrte, dem Drone entliehene Leadgitarre und die seichte Schlagzeugarbeit versetzen uns in einen lange nicht mehr erlebten Zustand der Emotionslosigkeit. Die Verzweiflung und die Hoffnungslosigkeit sind gewichen, lassen Raum für Katatonie, die uns zunächst willkommen ist, aber auch fremd erscheint. Ganz langsam erwachen wir, erlangen Stärke zurück. Wir erkennen jedoch, dass uns der Schmerz von unserem Verlust von nun an begleitet, doch wir können ihn auffangen und kanalisieren. Uns erreichen die Worte wieder. Die aggressiven Black Metal Parts steuern auf ein hartes und drückendes Riffgewitter zu, doch klingt alles strukturierter, zielgerichteter. Die offenen Wunden verheilen, doch Narben bleiben zurück, der Schmerz ist noch immer spürbar, wir vergessen nicht, vergeben nicht. Und ganz plötzlich, ohne Vorwarnung, merken wir, dass der Prozess vollendet ist.

Was uns DEUIL hier vorsetzt verlangt von uns Arbeit. Nur ganz langsam, nach mehrmaligem Hören erschließen sich die Emotionen. Live eingespielt, um die Authentizität zu wahren (eine glattgebügelte Produktion wäre hier schlicht undenkbar), braucht man mehrere Anläufe, um uns in den Sound und das Songmaterial reinzuhören. Doch auch wenn man mit Sludge, Drone und Shoegaze nichts anfangen kann, ist diese EP es wert, gehört zu werden. Gerade, wenn einem selbst die Thematik vertraut ist. Es bleibt zu hoffen, dass den Belgiern in Zukunft durch ein Label Raum geschaffen wird, sich ausführlicher mit diesem außergewöhnlichen Konzept auseinanderzusetzen.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (02.06.2013)

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