SERENITY - Song by Song Analyse von "Words Untold & Dreams Unlived"

Text: Reini
Veröffentlicht am 09.04.2007

Canopus 3

Neinnein, nix mit Cannabis! Das bislang einzige Beispiel, daß auch wir in einer Jam-Session einen vernünftigen Song zustande bringen (wie's aussieht, wird’s auch der einzige bleiben – wir können nicht jammen!). Orientalische Skalen gehören ja in der Metal-Küche zur Grundausstattung (was täten zB AMORPHIS ohne diese), also haben wir uns in dieser Richtung ausgetobt. Die erste Strophe wurde vorerst von einem relativ ruhigen Piano-Part unterbrochen, was unserem Produzenten Jan Vacik (neben ein paar anderen Sachen) überhaupt nicht gefiel. Da waren wir kurzzeitig vor den Kopf gestoßen, vom jetzigen Standpunkt aus sind wir aber heilfroh um seine Änderungsvorschläge, da der Song jetzt viel kompakter ist (an keinem anderen Lied hat Jan so viel geändert). Was uns noch recht gut gelungen ist, wie wir meinen: oft heben Bands in einem Lied den letzten Chorus um einen Ganzton, hier haben wir diesen um einen Ganzton abgesenkt - klingt aber trotzdem harmonisch. Apropos Chorus: Jan hörte bei diesem jenen am Anfang immer „Asshole told“ statt „As foretold“, was uns einige Lacher entlockte! Textlich geht es hier um das erste Buch der „Dune“-Reihe (Arrakis ist der dritte Planet der Sonne Canopus – na, klingelt's?). Jetzt gibt es neben „Traveler In Time“ von BLIND GUARDIAN, „To Tame A Land“ von IRON MAIDEN und STAR ONE's „Sandrider“ auch von uns einen Wüstenplanet-Song! Ya hya chouhada!

Reduced To Nothingness

Unglaublich! Obwohl man unseren Gitarristen Thomas mit Melodic Death und artverwandtem aufgrund des Gesangsstils jagen kann, geht die komplette Nummer mit ihren mehrmals auftauchenden IN FLAMES-Zitaten auf seine Rechnung! Bis auf sehr wenige Änderungen haben wir seine „Dahoame-an-Zillachtol-Studio-Demoversion“ gänzlich übernommen. Wer sich beim Mittelteil an SAVATAGE erinnert fühlt, sei beruhigt: uns ist es gleich ergangen! Die Entscheidung des Labels ausgerechnet diesen Song auf den Magazin-Samplern zu platzieren ist leicht nachvollziehbar, da er zugegebenermaßen sehr „catchy“ ist. Die Stimme im gesprochenen Teil ist die von Mario, jedoch elektronisch etwas höher gemacht ... äh, natürlich tiefer! Für die Growls ist, wie wahrscheinlich viele schon wissen, ein gewisser Herr Wenzel zuständig, und bei der Bridge ist auf fünf Spuren (oder mehr?) unser Kollege Flipsi zu hören, der nun wirklich eine kellertiefe Stimme hat. Der Liedtext behandelt die (Aussage)Kraft von Träumen und die Tatsache, daß das Erwachen den Traum schlagartig in Nichts auflöst, egal ob man darüber froh oder zutiefst enttäuscht ist.

Words Untold

Klassische Gitarren gehören einfach zum Metal – Punkt! Und unser Thomas „züpft“ ja hier ganz lieblich, um in diesem Instrumental auch gleich zum folgenden Song überzuleiten. Übrigens: die Synthie-Flächensounds wollte Jan unbedingt drinhaben. Er schickte uns beide Versionen zum Probehören und wir entschieden uns sogleich für die „nackte“ Version. Gleich darauf kam ein Mail von Herrn Vacik in dem er uns fast drängte, „seiner“ Version den Vorzug zu geben, mit dem Einwand, daß die andere total nach Barock klänge. Jan weiters: „Ich hasse Barock! 25 Besoffene, die auf Gitarren mit abgeknickten Hälsen herumklimpern! Finde ich überhaupt nicht cool!“ Okay, wir auch nicht.

Circle Of My 2nd Life

Wir scheuen nicht davor zurück, balladeske, teils sogar poppig anmutende Teile in unsere Songs zu integrieren – solange es gut klingt, eh klar! Mit diesem Lied haben wir uns ja auch beim dies-jährigen Song Contest-Vorentscheid beworben und – Überraschung! - wurden nicht ausgewählt ... obwohl, auf ORF-Kosten nach Helsinki fliegen, das hätte schon was gekonnt! Wer genau hinhört, wird in den Strophen ein Synthie-Arpeggio vernehmen ... so Ding, so modernes Zeug halt. Solche Sachen möchten wir auf dem nächsten Album vermehrt bringen. Dies ist eine der Nummern, welche durch die Orchester-Parts von Honsa in Tschechien viel dazugewonnen hat, vor allem der ruhige Mittelteil. Zu den kurz auftauchenden „gehauchten“ Backing-Vocals wurde Georg von unserem Kollegen und Stimmen-Arrangeur Franz Josef mit den Worten „mach's wie Bryan Adams“ motiviert. Dieser Mittelteil war es auch, welcher Thomas fast zur Verzweiflung brachte, denn er mußte die Akustikgitarren mehrmals neu aufnehmen, da die diese immer wieder leicht verstimmt waren – Jan ist in dieser Hinsicht besonders genau! Im Text erzählen wir die wenig erfreuliche Geschichte eines Menschen, der mit seinem fies-aggressiven zweiten Ich hadert, wobei das Ende bewußt offen gelassen wird ...

Engraved Within

Der Titeltrack unseres 2005er-Demos wurde etwas zurechtgestutzt und überarbeitet, was ihm deutlich gut getan hat. Das Intro ist, wie wir finden, jetzt viel gefühlvoller, die Orchester-Sachen knallen mehr (No na! X-tausend-Euro-Software (jetzt) vs. 1500-Euro-Synthie (damals)) und das Solo ist nicht mehr so elendslang. Wie heißt's so schön? Trim the fat! Auch die Mehrstimmigkeit im Chorus war sicher kein Fehler. Hoffentlich heißt auch ihr die Änderungen gut (Was red ich denn da? Wir sind die Chefs, wir schaffen an!;)) Hier endlich greifen auch wir in lyrischer Hinsicht die verlorene Liebe auf – ach süßer Seelenschmerz! Diese Nummer war lange Zeit live geradezu gefürchtet von Tom und Andi – soll heißen Fingermassaker und Doublebass-Terror. Mittlerweile geht’s ...

Forever

Auch unser erster gemeinsam geschriebener Song (März 2004) wurde vom Studio-Rotstift nicht verschont. Wobei sich hier die Änderungen in Grenzen halten: Intro, Teil nach 1. Chorus, ein bißl Orchester dazu – das war's! Ein ziemlich geradliniger Song, so nach dem Motto „What you see is what you get“, der aber trotzdem seine Reize hat, zB wie sich die Nummer im Solo-Part immer weiter steigert. Live ideal zum Gasgeben mit Matteschwingen, Grimassenschneiden und was sonst noch dazugehört. Die neue Version wird zusätzlich noch bereichert durch einen Gitarrensolo-Gastbeitrag von Lanvall (EDENBRIDGE) im letzten Chorus. Ach ja, sollte das Intro jemanden an eine gewisse ARCH ENEMY-Nummer erinnern – das war niemals bewußt geplant. Es klingt ja auch ganz anders! Serenity: tatata-ta-tatata-tatata-tatatatatatata, Arch Enemy: tatata-tatata-tatatata-tatatata-tatatatata ... na also! Im Text geht es im großen und ganzen um den Verlust eines geliebten Menschen, was aber nicht direkt autobiographisch ist.

Dreams Unlived

Gibt es was Schöneres als Major-Akkorde? Auch wenn Mario sich hier nicht gerade als Klavier-virtuose profiliert, ist dieser instrumentale Einschub doch gerade wegen seines spontanen Feelings reizvoll. Welches nicht von ungefähr kommt – die Streichersounds wurden dazuimprovisiert und haben gleich gut geklungen, auch wenn die Linie etwas eigen ist. Was noch zu sagen wäre: da wir keinen Titeltrack haben, fanden wir es ganz lässig, den Albumtitel für die beiden Instrumentals „aufzuspalten“. Mal schauen, vielleicht führen wir das ja fort ...

Dead Man Walking

Unser „dienstältester“ Song, welcher bereits vom alten Line-up im Jahre 2003 zum Besten gegeben wurde. Gegenüber der 2005er-Demoversion haben wir uns einen neuen, unserer Meinung nach viel effektiveren Chorus einfallen lassen. Ansonsten haben wir diesen Power-Metal-Stampfer so belassen, wie er war. Den Shout-Part im Chorus haben gleich mehrere Freaks übernommen, was so eine witzige rund-ums-Mikro-Geschichte war: der Größte macht sich krumm, der Kleinste muß zeitgerecht aufspringen: „Here! Blood! God! You! - ist das jetzt endlich die richtige Reihenfolge?“ - so eine Gaudi! Der Text, der noch wie vieles der Musik vom alten Gitarristen Matthias stammt, ist ein bißchen vom Film „The Green Mile“ beeinflußt: ein (schuldiger) Todeszelleninsasse im Zwiegespräch mit seinem imaginären Freund – einer kleinen Maus (zugegeben sehr schwer herauszulesen)!

From Where The Dark Is Born

Eine äußerst fruchtbare Kollaboration des Songwriter-Teams Thomas, Mario und Georg, denn die ins Spiel gebrachten Songteile paßten sehr bald perfekt zueinander. So fühlte sich auch das Lied im gesamten gleich „rund“ an und was man auf der CD hört, ist immer noch die erste Version. Wenn es doch bei jeder Nummer so leicht ginge (Songwriting-Gott, erhöre uns)! Aus unserer Sicht sehr reizvoll: in den Strophen wurde Georg's Gesang eine Oktave tiefer darübergelegt und mit einem leichten Effekt versehen, was dem Song einen modernen Touch verleiht. Sehr cool auch, wenn zum Schluß der letzte Chorus einen ganzen Ton höher daherkommt und durch das Orchester geradezu aufblüht. Da hat unser Mann in Tschechien wieder sein gutes Gespür bewiesen! Gemein bei Live-Gigs (obwohl wir diese Nummer liebend gerne spielen), da wir mit Playbacks arbeiten, ist das Ritartando vor dem Zwischenteil – da wird dann gezischelt: „Sample is aus! Sample is aus!“ wenn wir wieder einmal „aussikugeln“ (kugeln = tirolerisch „fallen, stürzen“). Aber wie haben schon die Steirer gewußt: life is live (oder war es „live is life“?)! Was gibt es zur Lyrik zu sagen? Oberflächlich eine Fantasy-Geschichte um einen tragischen Helden, der heimkehrt und doch die Gewißheit hat, wieder an dunkle Orte zurückkehren zu müssen. In der tieferen Ebene steht diese Heldengestalt stellvertretend für nichts weniger als die gesamte Menschheit – read it and you'll see!

Thriven

Ein Song, den Mario bereits 2003 geschrieben hatte, jedoch erst in der neuen Besetzung Form annehmen konnte. Auch hier hat sich das Überarbeitungsverfahren ausgezahlt, vor allem wenn man den neuen Solo-Part betrachtet, in welchem wieder Lanvall glänzen darf. Das Gitarrensolo in dem Teil nach dem zweiten Chorus wäre ursprünglich an anderer Stelle aufgetaucht, paßt hier aber im Endeffekt viel besser. Die Stimmen im Chorus wurden mit Hilfe von außen (Franz Josef und Roman) neu arrangiert und den Anfang der Nummer haben wir etwas kompakter gemacht. Zusammen mit den auch hier zu hörenden Orchesterpassagen sind wir mit der jetzigen Version hundertprozentig zufrieden, und auch hier growlt sich Maggo wieder kurz die Seele aus dem Leib (Zitat bei den Aufnahmen auf die Frage, welche Styles er so beherrschen würde: „Also außer Schweinegrunzen hon i iatz olles drau. Oba des kriag i a no hin!“). Im Text spannen wir den Bogen vom vorchristlichen alpinen Bauern, der die Wildnis urbar macht bis zum nimmersatten, gegenwärtigen Tourismuskaiser, der von einer Kulturlandschaft profitiert, die er nur als Anhäufung von Eurozeichen wahrnimmt.


WERBUNG: Hard
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