15.9.2016, Viper Room, Wien

INTRONAUT & SHINING & OBSIDIAN KINGDOM

Text: Lee | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 19.09.2016

» Hier gehts zur Galerie...

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt…“


OBSIDIAN KINGDOM

 

Mantis religiosa, die Gottesanbeterin, durfte nicht nur ihre Gestalt für das Cover, sondern auch ihren Namen leihen für das Album „Mantiis“ von OBSIDIAN KINGDOM. Das neue Album „A Year With No Summer“ (2016) verleitet die Online-Fancommunity zu Aussprüchen wie „..they did it again.“ Sie haben es wieder getan, ihren Schliff verschärft.
OBSIDIAN KINGDOM – straight outta Barcelona – sind irgendwie schwer in eine Schublade zu stecken, natürlich klingt es nach Progressive und darunter kann man subsumieren, was auch immer man möchte. Fakt ist: sie sind Künstler, nicht nur live on stage eine Wucht, sondern auch der gut sortierte Merch-Stand lässt eines klar werden, Musik ist bei ihnen ein Symptom, ein Auswuchs ihrer kreativen Seelen.

OBSIDIAN KINGDOM haben CDs aufliegen, auf denen ihre Lieder als Remix von diversen DJs aufgenommen sind, die Shirts haben einzigartige, von Künstlern eigens entworfene, durchdachte Prints und zur Vinyl gibt es Booklets, die den Käufer staunen lassen.
Der Sound war erstklassig, trotz sehr wenig Leuten vor der Bühne haben sie sich echt ins Zeug gelegt. Wer sich die „Namen“ der Bandmitglieder merken kann, kriegt von mir ein Bier spendiert. Ich werde mich jetzt nicht aus dem Fenster lehnen und versuchen sie korrekt zu benennen – sagen wir einfach: der Sänger hat bewiesen, dass er auch live ohne sichtbare Mühe zwischen 1A cleanem Gesang und Growls wechseln kann, die Neubesetzung an der Gitarre (ja, eine Frau!) macht sich super und der ehemalige Gitarrist spielt jetzt Keyboard – und das auch noch ziemlich gut.


OBSIDIAN KINGDOM machen Spaß und wirken live – obwohl weniger düster als auf Platte – genau so gut und vielseitig. Definitiv eine Empfehlung für jeden, der sie bereits gesehen oder verpasst hat, sollten sie sich wieder mal in der Gegend herumtreiben.

 


SHINING

SHINING (NOR) sind die Meisterdompteure im Affenzirkus, ihr teils grotesk anmutender „Black Jazz“ begeistert oder verleitet zu Kopfschütteln, dazwischen gibt es nicht besonders viel an Reaktionen auf ihre Musik.
Im Viper Room wurde schnell klar, Jørgen Munkeby ist eine Rampensau, gleich zu Beginn wollte er mal alle – ALLE! – noch sehr viel „closer“ haben und verführte die mittlerweile doch etwas ansehnlichere Besuchermenge dazu, sich dicht vor der Bühne zu drängen.
SHINING haben quer durch ihre Entwicklungsgeschichte gespielt und der Sound war ebenso sauber wie zuvor bei OBSIDIAN KINGDOM, manchmal hat man Glück mit dem Techniker.
Von „I Won’t Forget“ (Album: „One One One“ 2013) bis zu „The Madness And The Damage Done“ (Album: „Blackjazz“ 2010) begeisterten sie die ihnen wohlgesonnene Menge.

Eine Besonderheit von SHINING ist unter anderem ein Saxofon auf der Bühne. Ja, Progressive Metal mit Saxofon. Die ursprünglich sehr jazzigen Anfangsstunden haben sie nun hinter sich gelassen, „International Blackjazz Society“ fühlt sich an wie ein abstraktes Gemälde – man fühlt mehr, als man erklären könnte, verstehen tut man es nicht so wirklich bis ins letzte Detail und wenn man aussprechen müsste, was einen daran fasziniert, müsste man erst die Worte suchen, die der Kunst gerecht werden.

Multi-Instrumentalist Jørgen hat unter anderem bei einigen Tracks von IHSAHN das Saxofon gespielt. Wer den Klang des dunklen, verzerrten Saxofons mag, sollte sich das anhören.
Live sehenswert, nicht nur weil sie tatsächlich einfach gute Musiker sind, sondern weil die ganze Show rund und authentisch wirkt, was erfrischend ist im Vergleich mit so manch aufgesetzter Poser-Performance.

Song-Empfehlung vom Haus: „Fisheye“ und „The One Inside“.


INTRONAUT

INTRONAUT haben die von SHINING aufgeheizten Gemüter übernommen, als letzte Band des Abends war ihnen zumindest stimmungstechnisch vom Publikum her der Weg bereitet. Ein bisschen haben sie den Schwung rausgenommen, vielleicht war es dem Kontrast zur Band davor geschuldet, aber es fühlte sich etwas nach Vollbremsung an. Nun gut, Entschleunigung ist sowieso DAS Wort des Jahres – und INTRONAUT sind, obgleich ruhiger, technisch ebenso versiert wie die zuvor gehörten Bands.

Wer auf wunderschöne Plattencover und freakige Musikvideos steht ist bei INTRONAUT ebenso gut aufgehoben wie Liebhaber des melodischen und zugleich rifflastigen, leicht kratzigen Progressive Metal.
Außerdem – und das gibt es selten von mir zu hören – Danny Walker an den Drums ist ein Erlebnis für sich, selbst für Laien.
Sie sind weit weniger exotisch als SHINING und rütteln nicht so extrem an den Genre-Grenzen – aber verwechseln kann man INTRONAUT auch mit keiner anderen Band, auch live bringen sie „ihr“ Ding gekonnt an den Hörer.
Verglichen werden INTRONAUT oft mit und empfohlen für Fans von: MASTODON, BARONESS, TOOL, …

Empfehlung: „Above“ vom „Valley Of Smoke“ Album – weil Danny Walker ein Gott ist.


ANZEIGE
ANZEIGE