21.03.18, Jahrhunderthalle Frankfurt, Frankfurt am Main

JOE BONAMASSA: "Guitar Event Of The Year 2018"

Text: fg | Fotos: fg
Veröffentlicht am 27.03.2018

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Als man letzte Woche von einem Konzert in Heidelberg den Nachhauseweg antrat, liefen im Radio Hits aus den Neunzigern - aus Gründen der Schleichwerbung werden hier kein Name genannt. Während der Fahrtdauer von etwa zwei Stunden lief ausschließlich Popmusik. Die Frage, die sich in einem geregt hatte, war: Gab es in den Neunzigern generell einen Tiefpunkt im Metal oder im Rock‘n`Roll-Zirkus? Mitnichten! [Doch! Anm. d. Korr.] So wie es scheint, war es dann doch auch wieder nicht. Denn jede Dekade hatte herausragende Musiker, egal in welchem Genre. Unter Anderem lief ein prägnantes Lied mit dem Titel „This Is The Rhythm of The Night“ von CORONA. In dem Lied geht es unter Anderem mit der Textzeile „This Is The Rhythm Of My Life“ in fast dem gleichen Atemzug weiter. Und hier kommt man dann doch nicht drum herum, die Zeile „…nur die Musik meines Herzens als Wegbegleiter“ im Buch „Wendekreis des Krebses“ von HENRY MILLER zu erwähnen. Dies ist im Kontext verfasst, als Herrn Miller schier alles über den Kopf wächst und er nur noch davonlaufen möchte.

Sicherlich stellt sich der/die Eine oder Andere die Frage, wie das mit einem Konzert von JOE BONAMASSA in Zusammenhang gebracht werden kann. Der Erklärungsansatz liegt manchmal näher als man selber denkt: JOE BONAMASSA erzeugte eben diese Klänge, die den Rhythmus für diese Nacht vorgegeben haben. Es sind für manch einen wenige Indizien, die darauf schließen lassen, welchen Rhythmus einem das Leben vorzugeben mag. Im Falle von JOE BONAMASSA aber wohl eine ganze Menge. Schließlich hat er bereits zwölf Studio-Silberlinge veröffentlich, was einen enormen Fundus an Musik darstellt. Ein nicht enden wollendes Füllhorn an Musik der Extraklasse stürzt, prasselt hier nicht auf einen hernieder - es ist der Aufbau eines Konzertes, gleich einer Erörterung mit den bekannten Stufen (Einleitung, Hauptteil und Schluss).

"Niemand in der Bluesrock-Szene spielt mit so viel Leidenschaft und Talent und gleichzeitig mit so viel Ehrerbietung vor denen, die vor ihm auf der Bühne standen. Niemand hat so viel Hingabe für sein Handwerk wie Joe Bonamassa!", schrieb das Classic Rock Magazin UK. Dem kann man wenn, dann nur bedingt zustimmen. Denn ein JOE BONAMASSA allein stellt noch keine Bluesszenerie dar. Und das ist die Krux, er ist momentan eine Art Solist auf diesem Niveau im Bluesgeschäft. Da gibt und gab es noch viele andere Bluesmusiker, die ihr Handwerk genauso gut verstehen (ROBERT GRAY etwa) oder verstanden haben, wie beispielweise ein viel zu „jung“ verstorbener JOHNNY WINTER. Auch hat JOE BONAMSSA, so gut er auch Gitarre spielen kann, relativ wenig Unterhaltungspotential, wie etwa ein B.B. KING, zwischen den Liedern. Das macht die Sache während des Konzertes nicht ganz rund.

Man sucht ja immer irgendwie nach Vergleichen. Ein Vergleich, der einem sofort ins Auge und ins Ohr sticht, ist die Tatsache, dass bei JOE BONAMASSA das lebhafte, auflockernde Element, der Esprit zu kurz kommt. Das Konzert wird „straight“ runter gespielt. Die Verweildauer zwischen den Liedern ist zudem recht kurz. Man kommt fast zu der Erkenntnis, dass es in statische Sphären abrutscht. Psychotrop, eine dämpfende oder euphorisierende Wirkung, die in einem da ausgelöst wird, ist ein Begriff, der dieses Konzerterlebnis gut beschreibt. Fast ohne Atempause, die sich JOE BONAMASSA scheinbar selbst nicht zu gönnen vermag, sind die Zuhörer in einen Bann, in einer Spirale, vielleicht sogar in einem Wechselbad der Gefühle, gefangen.

Von "kurz und bündig" kann hier die Rede sein. Aber, wenn man sich auf das Wort "bündig" beschränkt, könnte man annehmen, dass BONAMASSAs Finger elektromagnetisch mit den Saiten und Bünden seiner Gitarren verschmolzen sind. Es werden Klänge gezaubert, egal in welchen Tönen und in welchem Rhythmus auch immer. Sie sind magisch, ziehen einen an und wollen einen im Grunde genommen gar nicht mehr loslassen. Warum JOE BONAMASSA den Blues, der ohne viel Schnickschnack gespielt wurde, aus einer puristischen, verstaubt anrüchigen Ecke hervorgekramt hat, will man nicht richtig begreifen. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits die hier genannten Bluesmusiker. Bluesmusiker mögen eine Art Minderheit im Musikgeschäft sein, dafür blüht der Blues dennoch gewaltig. Heute wie auch vor zwanzig Jahren.

Diese Musik in eine staubige Ecke einer staubigen Bar abzuschieben, wäre sicherlich nicht ganz fair. Egal an welchem Ort auch immer, Blues/Bluesrock ist zum Schwelgen in Träumen gedacht, mit einem richtig guten Whisky in der Hand, an dem man von Zeit zu Zeit schlürft und seinen Gedanken hinterher hängen kann. Aber in einer derart großen Halle, wie die Jahrhunderthalle in Frankfurt eben eine ist, fiel dies schwer. Trotz allem ist die Suchtgefahr groß, der Aufprall am Ende des Konzertes größer. Man wird aus seinen „Träumereien“, zu denen man eingeladen, entführt wurde, jäh rausgerissen. „Rhythmus ist der Ursprung von Allem“, laut Gilberto Gil, ehemaliger Kulturminister Brasiliens. Weiter: „Er verschafft einem Möglichkeiten zur Atempause, alle Ängste, Sorgen und Nöte für diesen kurzen Moment eines Konzertes der Glückseligkeit hinter sich zu lassen“. Und das ist sicherlich auf alle Musikgenres umzumünzen.

[Anm.d.Korr.: Ich frage mich am Ende doch, warum ein Musiker, der zwölf Langspielplatten rausgebracht hat, in einem Set mit 14 Tracks ganze fünf Coververionen verwursten muss...just my two cents!]

Setlist (ohne Gewähr):
King Bee Shakedown
Evil Mama
Just Cause You Can
Self Inficted Wounds
I Get Evil (Albert King Cover)
No Good Place For Lonley
How Deep This River Runs
Cadillac Assembly Line (Albert King Cover)
Slow Train
Driving Towards The Daylight
Boogie With Stu (Led Zeppelin Cover)
Last Kiss
How Many More Times (Led Zeppelin Cover)

Encore:
Sloe Gin (Tim Curry Cover)


Weitere Termine sind:
25.03.2018 Chemnitz
26.03.2018 Nürnberg
28.03.2018 Köln
30.03.2018 Berlin
31.03.2018 Berlin
02.04.2018 Kiel
16.06.2018 Freilichtbühne Loreley

 


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