06.08.2021, Mergener Hof, Trier

VADER + SKAPHOS - De Profundis XXV (Abstandskonzert)

Text: Lord Seriousface | Fotos: FiniMiez
Veröffentlicht am 08.08.2021

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Willkommen zurück!

Lang, lang ist's her - gute siebzehn Monate, um genau zu sein! Die von CRIMSON MOON und NARVIK angeführte olfaktorische Orgie im Kleinen Klub der Saarbrücker Garage sollte unser letztes Konzert für lange Zeit bleiben. Doch selbst der größte Misthaufen zieht irgendwann vorbei...und so wahr uns der Herbst nicht wieder zurück in die veranstaltungstechnische Steinzeit katapultieren sollte (der Leibhaftige möge uns davor bewahren), erleben wir diesen Sommer einen kleinen Schritt zurück in eine Welt, die uns für lange Zeit vorenthalten blieb. Die großartigen VADER sind wieder auf Tour, haben das französische Jungunternehmen SKAPHOS im Schlepptau und legen dankenswerterweise einen Zwischenstopp im Mergener Hof in Trier ein. Unsere erste Livebegegnung seit Februar 2020 führt uns in die gewölbten Katakomben unweit der Porta Nigra, wo sich heute geschätzt ein Viertel der normalen Truppenstärke zum Dienst meldet und aus bekannten Gründen von einem Plattfuß-schonenden Sitzplatz aus salutiert. Die höchst ungewohnte und nahezu absurd erscheinende Konstellation scheint die Anwesenden nicht ernsthaft zu stören - vielmehr machen sich die Gäste einen Spaß aus dem eingeschränkten Event. Man erheitert seine Mitmenschen mit lockeren Sprüchen wie "die Vorlesung beginnt", startet die ersten Mähnenkreiselgeneralproben im Sitzen oder plärrt ein gespielt empörtes "Ey, wieso dürfen die denn stehen? Das ist Diskriminierung!" in Richtung Bühne...

SKAPHOS

Apropos die, die stehen dürfen: die Supportband SKAPHOS aus Lyon scheint ein Faible für die Fischerei und Seefahrt zu haben. Auf der Bühne und den Bannern prangen Tiefseefische, Fischernetze, eine Petroleumlampe...und auch die vier Jungs selbst sehen so aus, als hätte sie der Nordatlantikstrom gerade erst an Land gespült. Das Quartett wirkt wie eine Horde Schiffbrüchiger - gekleidet wie Seeleute aus einem anderen Jahrhundert, das Corpsepaint verwaschen...Basser Théo "trägt" dazu einen langen Fetzen Fischernetz, in dem er sich bemerkenswerterweise während seines Spiels nicht weiter verheddert. Des Käptn's vorwiegend tieffrequente Kommandos gehen durch Mark und Bein und lassen die alten Gräten angenehm erzittern. Sein Blick wirkt unterkühlt, apathisch und schmerzerfüllt - als entsprängen die vorgetragenen Zeilen direkt seiner geschundenen Seele. Einzig das vergnügt anheizende Publikum vermag dem schwarz bemantelten Fronter hin und wieder ein flüchtiges Lächeln zu entlocken. Der von reichhaltigen Dissonanzen durchzogene Schwarztod-Aperitif der Franzosen mundet dem nach Live-Energie dürstenden Publikum und animiert den ein oder anderen Besucher zu gewagten Stuhl-Choreographien. Die Show der Franzosen wirkt durchdacht und konsistent, in puncto visuelle Darstellung hat die junge Band augenscheinlich Zeit und Mühe investiert. Wie sich bei meinem späteren Besuch am Merch-Stand herausstellt, ist das beobachtete nautische Flair auch integraler Bestandteil ihres Debütalbums "Bathyscaphe", das an diesem Abend noch mehrere Male über die Ladentheke wandern sollte [Anm. d. Verf.: "Bathyscaphe" ist die Bezeichnung für ein spezielles Tiefsee-U-Boot; zudem bedeutet der Bandname übersetzt soviel wie "Schiff" (griechisch σκάφος / "skafos" = "Schiff")].

Setlist SKAPHOS:

  1. Intro
  2. U29
  3. Bathyscaphe
  4. US OH
  5. L'Eveil De Thooi
  6. Cephalopoda
  7. Bloop
  8. La Tombe Des Mariannes
  9. Outro

VADER

Während ich zwischenzeitlich mit den Jungs von SKAPHOS über die planerische Impotenz bei deutschen Autobahnbaustellen sinniere, stelle ich fest, dass die Stimmung bereits merklich gestiegen ist. Die junge Band aus Lyon hat viele neue Freunde gefunden und alle sind heiß auf den Gastgeber. Wenige Minuten später sind wieder alle gesittet auf ihrem Platz (löblicherweise scheint es überhaupt keine Scherereien in Bezug auf die Plätze in den ersten Reihen zu geben) und das polnische Abrisskommando betritt die Bühne. Die Wall of Sound drückt einen in den Sitz wie ein startender Überschalljet und jeder Ton sitzt so perfekt, als spielte man die Platte vom Band. Nach wenigen Takten denke ich mir "Sackzement, haben die Jungs etwa im letzten Jahr jeden Abend vor einer Kuhherde gespielt oder wie machen die das?!" Es war mitnichten anders zu erwarten, aber VADER zocken auch nach der langen Zwangspause so souverän wie eh und je. Bereits nach zwei Songs würdigen die Fans in der ersten Reihe ihre hart schuftenden Helden mit (coronagerecht ortsfesten) Standing Ovations. Die Setlist steht ganz im Zeichen von VADERs Zweitwerk "De Profundis", dessen 25ster Geburtstag nun mit etwas Verspätung nachzelebriert wird. Die 1995er-Kultscheibe wird zu diesem Anlass beinahe komplett aufgeführt, was die textsicheren Oldschool-Fans sichtlich erfreut. Eigentlich will jeder nur noch aufstehen und ausrasten, doch bis auf gelegentliche Stehapplause hält sich letztlich jeder an die verschärften Spielregeln. Es mag affig aussehen, wenn euphorische Fans auf einem kippeligen Stuhl das Peter-Stunt-Double mimen, aber was soll man machen? Es ist vielleicht nicht der Hexenkessel, den man von VADER-Konzerten kennt, aber bei Weitem besser als die derzeitigen Alternativen. Und so viel steht nach diesem Abend zweifelsfrei fest: VADER sind und bleiben (auch) mit Abstand die Besten!

Setlist VADER:

  1. Silent Empire
  2. An Act Of Darkness
  3. Incarnation
  4. Blood Of Kingu
  5. Sothis
  6. Vision And The Voice
  7. Reborn In Flames
  8. Shock And Awe
  9. Into Oblivion
  10. Emptiness
  11. Despair
  12. Bones
  13. Dark Age
  14. Black To The Blind
  15. Triumph Of Death
  16. Carnal
  17. Send Me Back To Hell
  18. Wings

"It's a bit weird, but a step into normality"

Mit diesen Worten fasst ein gut gelaunter Peter Wiwczarek den heutigen Abend adäquat zusammen. Natürlich wäre es allen Anwesenden lieber gewesen, die Hütte wäre so voll wie vor drei Jahren und man könnte ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend kugeln, so wie man es bisweilen zu tun pflegte. Man muss auch kein Mathematikprofessor sein, um zu begreifen, dass eine zu geschätzt 25% gefüllte Venue nicht das nötige Kleingeld erwirtschaftet, um auf Dauer bestehen zu können. Aber in einem Punkt sind sich alle einig: das inzwischen Mögliche ist noch weit weg von der Normalität, aber ein erster wichtiger Schritt und weitaus besser als das lähmende Nichts, das über viele lange Monate den Alltag der Branche bestimmt hat. Die Atmosphäre einer Liveshow kann keine Heimkinoanlage der Welt ersetzen, das führt einem der heutige Besuch noch einmal deutlich vor Augen. Bleibt nur zu hoffen, dass das Schlimmste überwunden ist und wir besseren Zeiten entgegensehen. Nicht zuletzt leisten wir hierzu alle unseren kleinen Beitrag. In diesem Sinne bleibt nur noch zu sagen: stay safe & stay metal!


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