11.05.2022, Wiener Stadthalle, Wien

GHOST + UNCLE ACID & THE DEADBEATS + TWIN TEMPLE

Veröffentlicht am 16.05.2022

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11. Mai 2022 – Der Tag der Konzerte. Gleich fünf Events am selben Tag in Wien und jedes einzelne wäre sehenswert. Da spielen RUSSIAN CIRCLES in der Arena, IGORR in der Szene und Saitenhexer VINNIE MOORE im Reigen. Hauptkonkurrent zu der Veranstaltung, über die ich in Kürze berichten werde, sind aber DREAM THEATER, die mit DEVIN TOWNSEND im Gasometer ihre Show abziehen. Da ich aber DREAM THEATER bereits mehrmals erleben durfte und mein letztes GHOST-Konzert schon länger her war, zog ich es vor, eine Bestandsaufnahme zum aktuellen Live-Potenzial von GHOST zu machen.

Der Werdegang von GHOST seit dem Debütalbum im Jahr 2010 ist beeindruckend. In Österreich war die Band 2011 noch als Geheimtipp am Nova Rock auf einer Nebenbühne zu sehen. 2013 ging es dann nach einem Gig in der Szene Wien einen Tag später zu früher Stunde auf das See-Rock Festival. Erst nach einem weiteren Auftritt am Nova Rock 2014 starteten die Okkult-Rocker in Österreich so richtig durch. 2015 - Arena große Halle, 2017 – Gasometer. Und der Support Slot 2019 im Happel Stadion vor METALLICA wird wohl auch einige Metalheads dazu bewegt haben, sich Karten für dieses Event von GHOST zu sichern, obwohl mir berichtet wurde, dass – wie so oft – dem Support nicht die Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die er verdient hätte. Das sollte sich beim Headliner-Konzert in der Stadthalle nun ändern.

Nach über zwei Jahren (zuletzt bei MEGADETH als Support von FIVE FINGER DEATH PUNCH) befinde ich mich wieder in der Stadthalle Wien. Von den noch nicht so bekannten TWIN TEMPLE als Opener bekam ich aufgrund einer längeren Anreisezeit nur den Schluss der Show mit. Musikalisch im Vorfeld nicht so meinen Geschmack treffend, habe ich vermutlich nicht zu viel verpasst. Der zugegebenermaßen coole Saxofon-Part zum Finale und das Opferritual mit Kunstblut ließen mich an diesem Abend zum ersten – aber nicht zum letzten Mal – an den legendären ALICE COOPER denken.

 

 

Die Show von UNCLE ACID, die bereits mit BLACK SABBATH auf Tour waren und nun auch thematisch gut zum Headliner GHOST passten, konnte ich jedoch in voller Länge genießen. Meine letzten Begegnungen mit den Briten am Nova Rock 2014, am Headliner-Konzert in der Arena 2015 und am Lake on Fire Festival 2016 hatten mich zutiefst beeindruckt. Und auch in der Stadthalle walzte der fette Doom-Sound mit schweren Riffs über das bunt gemischte GHOST-Publikum hinweg.

Beginnend mit dem mächtigen „Mt. Abraxas“ über den Ohrwurm-Track „13 Candles“ bis zum finalen „Melody Lane“ spielten sich die seit 2009 bestehenden Psychedelic-Rocker durch die Highlights ihrer Diskografie. Leider stagniert die Band erfolgstechnisch nach den wirklich großartigen Alben „Blood Lust“ und „Mind Control“ auf hohem Niveau.

 

 

In eine andere Liga schwingt sich GHOST seit dem Grammy-Gewinn 2016 mit dem Plan, nun die Stadthalle zu füllen. Lag es vielleicht am zwei Jahre lang dauernden Stillstand von Großevents oder aber an den anderen attraktiven Konzerten am selben Tag, dass nur um die 3000 Karten für das GHOST-Konzert verkauft wurden? Die Atmosphäre war in der wandlungsfähigen Stadthalle, die sich gut an die Besucheranzahl anpassen lässt, aber einmalig. Für mich war es auf alle Fälle das gemütlichste Konzert in dieser Halle.

21:30 - die Halle verdunkelt sich zum dritten Male an diesem Abend! Nach dem gregorianischen Choral „Miserere Mei, Deus“ läutete das eigentliche Intro „Imperium“ zu einer Show der Superlative ein, bei dem uns der Backdrop mit gigantischen bunten Kirchenfenstern, die „Papa“ zeigten, direkt in eine unheilige Messe katapultierte.
Charmant wie eh und je gab der Zeremonienmeister Tobias Forge bei „Kaisarion“ sogleich den Entertainer in bester ALICE COOPER-Manier. Der Opener bündelt sogleich alle Stärken des Künstlers: geschmeidige Gitarrenlicks, extrem cremige Riffs, schönes Keyboard-Gedüdel, über allem die poppigste Stimme im Hard-Rock und einen Ohrwurm-Refrain, wie er im Geisterbuche steht.

 

 

Nach so einem bunten und granatenstarken Start kann GHOST es sich mit „Rats“ leisten, gleich den nächsten Hit nachzuschießen. Die Tanzeinlagen ließen an einen gewissen MICHAEL JACKSON denken und die Publikums-Chöre luden nur so zum Mitsingen ein. Der härtere und groovige Song „From The Pinnacle To The Pit“ mit einer weiteren phänomenalen Refrain-Gesangslinie, die über einen geilen Gitarrentapping-Part gesungen wurde, beendete die starke Eröffnung der Show.

Das nach dem ersten Instrumental-Interlude „Devil Church“ folgende Gitarristen-Duell fand ich persönlich dann leider nicht so spannend. Aber mit dem Grammy Song „Cirice“ wurde anschließend wieder großes Kino geboten. „Hunter’s Moon“, der Soundtrack-Beitrag zum letzten „Halloween“-Film, bediente meine Vorliebe für Metal-Klänge dann wieder, wie auch das in die härtere Kerbe schlagende „Faith“.

Nach dem neuen Song „Spillways“ wurde das Debüt-Werk „Opus Eponymous“ mit dem Track „Ritual“ geehrt. Der Frontmann ist durchaus ein sympathischer Geselle, der sich selbst nicht zu ernst nimmt und die Mehrheit des Publikums mit Späßen und humoristischen Ansagen bei Laune hält – aber dies ist natürlich Geschmacksache. Für mich ist die Musik selbst das höchste Gut und so komme ich mit neuen Großtaten wie „Call Me Little Sunshine“ und dem GHOST-Signature-Song überhaupt - „Year Zero“ – auf meine musikalischen Kosten. Unglaublich, welche Hits GHOST nach diesem Highlight noch immer im Köcher haben. „He Is“ verzaubert wieder mit Melodien, die einem irgendwie bekannt vorkommen. Seien es Klänge von BLÜE OYSTER CULT oder ROKY ERICKSON, seit dem Durchbruchsalbum „Meloria“ folgt ein Hit dem nächsten.

 

 

Die Band der Nameless Gouls bestehend aus Schlagzeug, Bassist, zwei bis drei Gitarristen und zwei Background Sängern, die fest in die Schellen schlagen durften, wuchs beim Instrumental „Miasma“ live über sich hinaus, was im fantastischen Saxofon-„Papa“-Finale mündete. Die Maskierungen der Nameless Ghouls im fantastisch-dystopischen Jules-Vernes-Look sind ein Hingucker und wurden nur durch die unzähligen Outfits – von Fledermauslederjacke, über liturgische Gewänder bis zum Glitzersakko – des aktuell IV-ten Papa Emeritus übertroffen.

„Mummy Dust“ mit Schnipsel- und Dollarregen sowie „Kiss The Go-Goat“ waren sodann die logische Weiterführung bis zur Zugabe, bei der sich GHOST mit der Cover-Version von „Enter Sandman“ bei den großen Supportern der Band bedanken: bei METALLICA und Stormbringer-Kollegen Richard Metfan!

So richtig zum Abshaken lud dann noch „Dance Macabre“ ein, wunderbar zum Mitsingen und Mittanzen. Dem setze dann noch das finale „Square Hammer“ die Mitra auf. Eine grenzgeniale Show wurde dadurch fulminant beendet, nur die letzten „Fuck yourself“-Worte des Papas an das Publikum ließen mich und meine Konzertbegleitung grübeln, ob das jetzt lustig gemeint war oder den Entertainer doch vielleicht ein Bier-Becher getroffen hat (wie damals Joey DeMaio beim legendären Wien-Konzertabbruch von MANOWAR).


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