SÓLSTAFIR - das 'Berdreyminn' Gangbang-Review

"Seien wir mal ehrlich: wären SÓLSTAFIR genauso interessant, würden sie nicht aus Island kommen?“ fragte einst durchaus berechtigt der CR-Ost, se mighty Mike Seidinger, in seinem Review zum letzten Album „Ótta“. Der Hype um den leicht dezentral gelegenen Steinhaufen im Atlantik ist noch immer nicht abgeflaut, aber man darf auch die Cowboys aus dem Nordwesten gerne mit etwas kritischerem Auge betrachten.

Live haben sie auf ihrer letzten Tour das Explosiv in Graz zerstört, auf Platte werden sie es diesmal mit der allgemeinen Hörerschaft meiner bescheidenen Ansicht nach nicht mehr tun. Wieso das? Weil das Album grad mal zwei, drei Neuigkeiten im Vergleich zu früher mit sich bringt.

Nummer eins ist natürlich die Trennung von Drummer Guðmundur Óli Pálmason (ich glaube ja auch, dass die ellenlangen Namen ein Teil dieses Hypes sind. Koarl und Herbert klingen eben nicht so exotisch wie Etwas, wo sogar der listigste Wordprozessor tief in seinem Fundus graben muss, um es darstellen zu können) , die, so meint man zu ahnen, nicht ganz sauber über die Bühne ging. Die Band nannte es einen tiefgreifenden, persönlichen Konflikt zwischen ihm, dem Drummer, und dem Rest der Band, der Drummer äußerte sich etwas ausführlicher (wer mag kann es hier nachlesen). Sei es wie es wolle, er ist raus und Hallgrímur Jón Hallgrímsson ist nun der nicht mehr ganz so neue Drummer bei den Jungs aus Reykjavík.

Die zweite Neuerung, Änderung ist eine nicht weltbewegende, zwei Lieder sind etwas härter als noch auf der letzten Scheibe, und zwar der Opener und das letzte Lied „Blajfall“. Das sind jetzt vielleicht nicht so die News, die dem durstig-bleichen Nordeuropäer den Industriesprit aus den entzugsgepeinigten Händen schmeißt, aber, ähm, immerhin.

Der Rest ist hier nicht Schweigen, sondern ein neues, besser: Nächstes, Stück SÓLSTAFIR. Elegisch, flächig, träumerisch, post-irgendwas. SÓLSTAFIR eben. Beinahe jedes Stück könnte auch von den letzten beiden Alben kommen. Das kann man als Stagnation, Selbstaufgabe oder listiges Weiterfahren auf der Erfolgsschiene sehen. Man kann es aber auch als ein weiteres Klasseprodukt aus der Post-Rock-Schmiede sehen.

Ganz ehrlich: Würde nicht, wie schon erwähnt, die Raundl ein paar Mal etwas verzerrter eingesetzt und würde nicht Madame auf „Hula“ bitter vor sich hin heulen, wüsste ich zeitweise nicht, auf welchem Album ich mich befände.

Was wir hier haben ist ein logischer, völlig risikofreier Schritt aus dem Hause der Mannen aus dem Land zwischen Feuer und Eis (yeah, Baby, 5 Euro in die Phrasenkasse). Alles schon mal gehört, aber auch alles sehr gut. Und es wird live wieder für ekstatische Zustände in der Schnittmenge von Metallern, Hipstern, Goths und Forum-Stadtpark-Besuchern sorgen. Ein musikalisches Venn-Diagramm quasi. Oder eine Konsensband. Wie man möchte.

SÓLSTAFIR haben sich keinen Millimeter weiterbewegt. Warum auch, könne man einerseits meinen, schade andererseits. Mir gefällt das Album, wie mir auch „Ótta“ und „Svartir Sandar“ gefallen haben. Aber ehrlich, mehr als 3,5 Punkte für diesen Komplettstillstand kann ich wirklich nicht vertreten.

Gut, aber eben auch gleich gut wie beim letzten Mal. Ganz gleich nämlich.
 

3,5 Punkte - Christian Wiederwald


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Christian Wiederwald
Seite 3: Daria Hoffmann
Seite 4: Pascal Staub
Seite 5: Captain Critical
Seite 6: Anthalerero
Seite 7: Fazit


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