MACHINE HEAD - das 'Catharsis' Gangbang-Review

Veröffentlicht am 22.01.2018

Wo soll man bei MACHINE HEAD eigentlich anfangen, wenn es ein neues Album zu besprechen gibt? Natürlich hat Robb Flynn schon im Vorfeld wieder alle Blicke auf sich gerichtet und sich mit Journalisten angelegt, aber das wirkt mittlerweile ähnlich aufgesetzt bzw. kalkuliert wie die Rückkehr in die Nu-Metal-Phase rund um "Supercharger" und "The Burning Red". Ob das daran liegt, dass dieses Genre besonders im letzten Jahr eine Art Revival durchgemacht hat? Wer weiß. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass in den USA mit Superhirn Donald Trump momentan einfach jegliche Sitten verkommen und man sich als Musiker mit Haltung, der Robb Flynn zweifelsohne ebenfalls ist, schlichtweg die Wut aus den Zellen pressen muss, damit die Hirnlosen dieser Welt nicht auch noch auf die Idee kommen, dass sie widerstandslos zur Übernahme ansetzen können.

Dafür bewundere ich ihn und MACHINE HEAD im Jahre 2018. Ein "Bastards" mag mit seiner merkwürdigen Eiswagen-Melodie (danke Internet, diese Vorstellung geht mir nicht mehr aus dem Kopf) und den belanglosen Akustikgitarren musikalisch fürchterlich sein, der Text sitzt überraschend gut. Nach einigen Rundläufen mit "Catharsis" nehme ich dem 50-jährigen Querdenker sogar die schieren Aggressionen, denen er schon zu Beginn des Openers "Volatile", der sich mit dem Aufmarsch der erbärmlichen "Chosen Whites" in Charlottesville und dem damit verbundenen Todesfall beschäftigt, mit einem herzlichen "Fuck The World" Luft verschaffen will, ab, weil es auch im weiteren Verlauf genügend Gründe dafür gibt, dass ihm solche Themen am Herzen liegen. Es gibt aber auch ebensoviele Nachweise dafür, dass "Catharsis" ein bestenfalls durchschnittliches Album ist, denn: wie schon auf dem guten "Bloodstones & Diamonds" wissen MACHINE HEAD einfach abermals nicht, wann Schluss ist. Wenn man sich schon dafür entscheidet, ganze 15 Songs und mächtige 74 Minuten auf einen Rohling zu konzentrieren (sorry wegen der Kickl-Rhetorik), muss das Material einfach von vorne bis hinten sitzen. Aber genau das tut es leider viel zu selten und zumeist nur aus textlicher Sicht - damit verschenkt man das Potenzial auf einen gewaltigen Rundumschlag.

Stattdessen findet man viele Songs vor, die zu langatmig sind ("Heavy Lies The Crown", "Eulogy", "Catharsis"), seltsame Experimente eingehen ("Bastards", "Kaleidoscope"), oder sich schlichtweg viel zu stark in ihren musikalischen Nu-Metal-Motiven ähneln. Nicht zuletzt deswegen beschleicht einen häufiger das unangenehme Gefühl, als sei "Catharsis" eine Compilation neu-eingespielter Demos und B-Saiten aus den vergangenen zwei Dekaden der Band.

Viel mehr gibt es dazu von meiner Seite dann auch gar nicht mehr zu MACHINE HEADs neuestem Output hinzuzufügen. Bereits nach dem vierten Song kostete es mich leider zu viel Überwindung, "Catharsis" weiterlaufen zu lassen, einfach weil die rar auftauchenden starken Momente immer wieder von den oben angedeuteten Problemzonen umzäunt werden und den Gesamteindruck auf diese Weise nicht retten können. Höchstwahrscheinlich werde ich nach dieser Review nie mehr in dieses Album hören, aber ich fühle gleichzeitig auch nicht das Bedürfnis, deswegen auf MACHINE HEAD einprügeln zu müssen, denn ganz so unterirdisch wie SUICIDE SILENCE im letzten Jahr sind Flynn und Co. dann nun auch nicht (gesanglich liegen Welten zwischen beiden Bands), zumal die textlichen Hintergründe zumeist lobenswerter Natur sind und trotz allen anderen Unzulänglichkeiten nochmal positiv hervorgehoben werden müssen.

2,5/5 - Pascal Staub

 


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Christian Wilsberg
Seite 3: Jazz
Seite 4: Pascal Staub
Seite 5: Anthalerero
Seite 6: Fazit


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