BEHEMOTH - das 'I Loved You At Your Darkest' Gangbang-Review

Veröffentlicht am 03.10.2018

Solve et coagula - löse und verbinde. Während BEHEMOTH auf "The Satanist" (genauer gesagt im Titelstück) mit der Spaltung und dem Zerfall kokettiert haben, haben sie auf oder mit "I Loved You At Your Darkest" offenbar die Lösung all ihrer religiösen Probleme gefunden. Der Feldzug gegen Gott und seine Abgesandten wird intensiviert und nimmt dabei nicht nur das Gesicht der erhöhten Provokation (die katholischen Erzkonservativen, mit denen Nergal schon seinen Disput hatte, waren sicherlich erfreut) an, sondern soll auch die nächste kreative Stufe des mit dem Vorgänger kulminierten Black-/Death Metal-Stils, dessen Grenzen dabei endgültig aufgebrochen werden sollen, freilegen.

Zumindest bei den Klängen, die nach dem eröffnenden Zweigespann aus den beiden Singles "Wolves Ov Siberia" und dem berüchtigten "God = Dog", die auf eher gewöhnliche Weise bekannte, brachiale BEHEMOTH-Zutaten zitieren und längst nicht so effektiv wie ein "Blow Your Trumpets" einleiten, folgen, lässt sich das bestätigten. Ein Kinderchor, der übrigens gut mit der Band harmoniert (nicht umsonst nennt man die Zöglinge gerne mal Satansbraten, oder?), macht eben noch lange keine neue Messe Noire, der solide Einstieg ist damit aber trotzdem gesichert.

Noch viel besser wird "I Loved You At Your Darkest" nämlich genau dann, wenn BEHEMOTH ihren ureigenen Stil nochmals erweitern, die Chor-Elemente verstärken ("Ecclesia Diabolica Catholica"), theatralisch inszenierte Clean Vocals zu klassischen Heavy Metal-Zitaten anrichten ("Bartzabel") oder gar in Post-Black Metal-Tiefen eintauchen ("Havohej Pantocrator") und all diese Komponenten mit härteren, geradlinigeren Stücken à la "Sabbath Mater" (könnte auch auf "Demigod" stehen), "Angelvs XIII" (hier ebenfalls wieder mit prägnantem Heavy Metal-Einfluss) oder "Rom 5:8" zum bis dato wohl abwechslungsreichsten Album fügen. Den epischen Epilog dazu spult man dieses Mal im (leider nur) dreiminütigen "We Are The Next 1000 Years" ab, nimmt diesen musikalisch aber gewissermaßen auch schon in "Havohej Pantocrator" vorweg.

Eines muss ich zugeben und man hat es vermutlich bereits rausgelesen: In ekstatische Begeisterung hat mich "I Loved You At Your Darkest" bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht versetzt. Das liegt bei mir persönlich weniger bis gar nicht daran, dass ich mich an cleveren Promomoves wie dem veganen Hundefutter aufreibe (eigentlich ist das sogar der größtmögliche Affront, den man dem konservativen Katholizismus in Polen entgegenbringen kann), weil ich schlichtweg besseres mit meiner Zeit anzufangen weiß, als mich im Stile eines echten Internetkriegers auf Social Media-Kanälen darüber auszulassen oder die Plattform Stormbringer.at dafür zu nutzen (dieser Halbsatz dazu muss deshalb vollkommen ausreichen), als viel mehr daran, dass auch "The Satanist" seine zwei oder drei Jahre gebraucht hat, um zu dem Album zu erwachsen, das es für mich heute ist: ein Meilenstein eben. Nichtsdestotrotz ist der Nachfolger ein durch und durch hörenswertes, richtig gutes Album, das mit jedem Durchgang wächst, gerne an der ein oder anderen Stelle aber auch noch etwas mehr Risikobereitschaft hätte zeigen können. Denn genau das hat BEHEMOTH zuletzt immer mehr ausgemacht und bestärkt. 

4 / 5 – Pascal Staub

 


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Anthalerero
Seite 3: Pascal Staub
Seite 4: Christian Wilsberg
Seite 5: Michael Walzl
Seite 6: Fazit


WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE