AMON AMARTH - das 'Berserker' Gangbang-Review

AMON AMARTH haben sich ohne Zweifel zu den ganz Großen im schwermetallischen Makrokosmos erhoben. Nach mehr als 25 Jahren des Bestehens und zehn Studioalben sind die wikinger-affinen Schweden gerne gesehene Headliner auf den größten Festivals und haben ihrer beeindruckenden Liveperformance mit der Dokumentation „The Pursuit Of Vikings: 25 Years In The Eye Of The Storm” selbst ein Denkmal gesetzt. Die Erwartungen an den Nachfolger des hochgelobten „Jomsviking“ sind immens, steigen regelrecht ins Unermessliche. Was folgt auf diese Reihe von Erfolgen und ein Album, das mit einer Durchschnittswertung von stolzen vier Punkten aus unserem gefürchteten Gangbang-Review hervorging?

Bewährte Kunst stringent fortgeführt - und ein Quäntchen Experimentiergeist

Im Großen und Ganzen bleiben sich AMON AMARTH mit „Berserker“ treu und liefern den urtypischen Melodic Death Metal, für den die Fans sie kennen und lieben. Die in den letzten Jahren und besonders auf „Jomsviking“ ausgelebte Liebe für den Heavy Metal bleibt auch auf dem Nachfolgewerk eine gewichtige Komponente; nicht umsonst kündigte die Band selbst 12 neue Heavy-Metal-Songs an. Die ersten Lieder „Fafner's Gold“ und „Crack The Sky“ knüpfen nahtlos an den Vorgänger an und sind in diesem Sinne typische AMON-AMARTH-Songs. Sie sind dementsprechend gut anzuhören, bleiben aber auch etwas unauffällig und schlagen nicht so bombastisch ein wie „First Kill“ drei Jahre zuvor. Mit „Mjölner, Hammer Of Thor“ folgt der erste Song mit Ohrwurmpotenzial, der sicherlich seinen verdienten Platz in den zukünftigen Setlists finden wird. Das im Midtempo stampfende „Shield Wall“ ist musikalisch und textlich recht einfach gestrickt, funktioniert aber als effektiver Earcatcher, der auch live seine Wirkung nicht verfehlen dürfte. Mit „Valkyria“ und dem vorab veröffentlichten „Raven’s Flight“ folgen wieder zwei klassische, mit vielen schönen Melodien durchzogene AMON-AMARTH-Hymnen, bevor sich die Wikinger mit „Ironside“ wieder ein Stück aus ihrer Wohlfühlzone heraustrauen. Hier wird ein ungewöhnlicher Song mit Wildwest-Touch präsentiert, dessen Riffs und Melodien sofort zünden und im Gedächtnis bleiben. Zudem überzeugt Johan Hegg auch im Klargesang mit seiner tiefen und einnehmenden Stimme. Ähnlich interessant klingt das ungewöhnlich speedige und thrashige „Skoll And Hati“.

Vom unvermeidbaren Vergleich mit dem eigenen Schaffen

Die an dieser Stelle unausweichlichen Vergleiche mit den vorangegangenen Werken müssen die neuen Stücke über sich ergehen lassen. Eine gute Figur machen hier besonders die unorthodoxen Songs wie „Ironside“ und „Skoll And Hati“. Bei den potenziellen Livegranaten wie „Mjölner, Hammer Of Thor“ oder „Raven’s Flight“ gestaltet sich die Sache hingegen etwas ambivalent. Die Songs sind einerseits ganz klar AMON AMARTH und weit davon entfernt, schlecht zu sein. Auf der anderen Seite wirken sie aber auch etwas kalkuliert und entfachen nicht dasselbe Hochgefühl wie „Twilight Of The Thunder God“, „Guardians Of Asgaard“ oder auch „First Kill“, „Raise Your Horns“ und „The Way Of Vikings“. Auf textlicher Ebene könnte man auf den ersten Blick den Eindruck gewinnen, dass AMON AMARTH schon einmal kreativer gewesen sind. Mit „Crack The Sky“ und „Mjölner, Hammer Of Thor“ gibt es gleich zwei Songs über den Sohn Odins und seinen Hammer. Auch „Shield Wall“ wirkt für AMON-AMARTH-Verhältnisse etwas dünn. Im Gesamtbild wäre aber der Vorwurf, die Schweden würden mit „Berserker“ wieder zum kleinen Einmaleins der nordischen Mythologie zurückkehren, nicht haltbar. Der melancholische Quasi-Titelsong „The Berserker At Stamford Bridge“ bspw. erzählt die Geschichte des namensgebenden Wikingers, der der Legende nach 40 bis 70 englische Soldaten im Alleingang niedergestreckt haben soll, bis er schließlich fiel. Die Erzählung geht den Angaben der Band zu Folge auf „die letzte Wikingerschlacht gegen die englische Armee im Jahr 1066“ zurück. Hier gibt es also doch den gut recherchierten Wikingerstoff, den man nicht auf der Rückseite einer x-beliebigen Metflasche nachlesen kann und für den man Johan Hegg und Co. kennt. Solche Nummern regen zum Nachlesen an und haben auch mehr zu bieten als „Thor! Let your hammer fly!“.

Ein solides Album, aber auch nicht der Höhepunkt ihrer Karriere

Fakt ist, dass diejenigen, die mit „Jomsviking“ nicht viel anfangen konnten, wohl auch mit „Berserker“ nicht glücklich werden dürften. Die Zeiten von „Versus The World“ sind passé und eine Rückkehr in diese Zeit hätte auch trotz des martialischen Titels „Berserker“ niemand erwartet. AMON AMARTH haben sich stetig weiterentwickelt und zuletzt mit „Jomsviking“ ein Album abgeliefert, das sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem großartigen „Twilight Of The Thunder God“ leistete. „Berserker“ knüpft an seinen Vorgänger an, dürfte die Erwartungen vieler Fans befriedigen und ist ein rundum solides Album geworden. Aber gemessen an der hohen Messlatte, die sich die Schweden selbst geschaffen haben, rangiert der neue Output eher im Mittelfeld. Als Fan (nicht Fanboy) sagt man es nicht gerne, aber AMON AMARTH haben schon Größeres geleistet...und werden es sicherlich wieder tun.

3,5/5,0 - Lord Seriousface


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Anthalerero
Seite 3: Christian Wilsberg
Seite 4: Daniel Csencsics
Seite 5: Jörn Janssen
Seite 6: Lord Seriousface
Seite 7: Pascal Staub
Seite 8: Fazit


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