TESTAMENT - das 'Titans Of Creation'-Gangbang - Review

Gerade erst ging die „Bay Strikes Back“ Tour von TESTAMENT, DEATH ANGEL und EXODUS zu Ende. Dem Besucher wurden hierbei bereits neue Tracks vom neuen TESTAMENT-Album vorgestellt. 
Dass TESTAMENT zumindest in den erweiterten „Big Six“-Thrash-Kreis gehören sollte man gar nicht großartig diskutieren müssen. Die Band habe ich erstmals 1987 im Vorprogramm von ANTHRAX gesehen, viele ihrer Alben stellen Klassiker dar, wenngleich man doch meist auf die früheren Alben zurückgreift, aber das ist ja bei einer Vielzahl der „alten“ Truppen der Fall.
Einige TESTAMENT-Alben kranken m.E. ein wenig am fehlenden Abwechslungsreichtum, gerade die letzten Alben waren doch eher austauschbar, auch wenn es sich um überdurchschnittliche Scheiben handelte. Rein handwerklich musikalisch sind TESTAMENT ja sowieso über alle Zweifel erhaben. Die richtig großen Songs mit Wiedererkennungswert gab es aber weder auf „Brotherhood Of The Snake“ noch auf „Dark Roots Of The Earth“.


Wie ist nun „Titans Of Creation“ ausgefallen? Die gut sechsminütige Dampfwalze „Children Of The Next Level“ wurde, wie eingangs erwähnt, bereits auf der aktuellen Tour vorgestellt. Der Song knüpft dabei konsequent an die letzten Alben an. Dass Andy Sneap wieder am Mix beteiligt war ist nicht zu überhören. Dies kann man nun positiv sehen oder auch dergestalt, dass sich seine Mixes – egal bei welcher Band – doch leider etwas gleich anhören. Aber seis drum, ein Sneap-Mix ist meist Garant für einen Top-Sound, so auch auf „Titans Of Creation“.
„WW III“ nimmt das Tempo des Openers auf, auch wenn mir da – wie bei so manchen TESTAMENT-Songs der Neuzeit – etwas die Eingängigkeit in Form eines Chorus mit Wiedererkennungswert fehlt. Den gibts beim Old-School-Knaller „Dream Deceiver“, einem der besten aktuelleren TESTAMENT-Tracks. Knackiger eingängiger Chorus, gewohnt geile Gitarrenarbeit und ein Chuck Billy, der sich die Seele aus dem Leib schreit.
„Night Of The Witch“ hat getreu dem Song-Titel leichte Black-Metal-Anleihen und featured Eric Peterson an den Vocals, zu denen Chuck Billy aber auch ein paar dezente Growls beisteuert.  Der Song basiert auf dem Horrorfilm „The Witch: A New England Folktale“ von 2015.
„City Of Angels“ nimmt etwas das Tempo heraus. Eine willkommene Verschnaufpause, nachdem die vorherigen Songs doch fast keine Ruhe zuließen. Der Song ist auch fast sieben Minuten lang, der Chorus eher hypnotisch-ruhig während die Strophen straight durch den Song stampfen. Das nicht alltägliche Solo ist das Sahnehäubchen.
„Ishtar’s Gate“ ist ein Midtempo-Track, der einige Durchläufe braucht, eher der recht verschachtelte Song zündet. Chorus titelgetreu orientalisch angehaucht.
Auch „Symptoms“ ist eher tempoarm, da wäre eine etwas andere Songsequenz zu begrüßen gewesen. Dennoch ist der Song, der das Thema Depression und Geisteskrankheit behandelt, eines der Highlights des Albums. Alex Skolnick, der ja zum Teil ja auch im Jazz behaftet ist, und Eric Peterson gehören wohl zur Speerspitze, was Thrash-Gitarrenduos angeht. Was die beiden raushauen ist schon atemberaubend.
„False Prophet“ ist dann endlich wieder ein Speed-Track, der die Halswirbel bis aufs Äußerste testet. Aber auch wieder ein Chorus-freier Track, der rasch an einem vorbeirauscht. Highlights dabei einmal mehr die Gitarrensoli. Ganz nett aber nicht überragend.
„The Healers“ fällt auch in diese Kategorie, ein durchschnittlicher TESTAMENT-Rocker, der nicht wehtut aber auch nicht besonders auffällt.
Die Speed-Granate „Code Of Hammurabi” kommt zur rechten Zeit am richtigen Ort und reißt einen aus der doch leichten Lethargie, die die beiden Vorgängertracks erzeugt haben. Schöne Tempowechsel, ein einprägsamer Chorus und (wie immer) satte Gitarren. 
Die beiden Abschlusstracks „Curse Of Osiris“ und „Catacombs“ sind mit dreieinhalb bzw. zwei Minuten die kürzesten des Albums. Erstgenannter Track stellt sich an, zum schnellsten Song der TESTAMENT-Discographie zu werden, der Gesang ist für TESTAMENT-Verhältnisse ziemlich extrem cookiemonster-lastig. „Catacombs“ ist letztlich nur ein Instrumental-Outro, in welchem sogar Keyboards und eine Art Kirchenchoral vorkommen. Ein durchaus stimmungsvoller Ausklang des Albums.


Fazit: „Titans Of Creation“ ist ein auch wieder ein überdurchschnittliches TESTAMENT-Album. Nicht alle Kinderkrankheiten der letzten Alben wurden ausgemerzt. Manchen Songs fehlt das gewisse Etwas in Form eines eingängigen Chorus, ein paar Midtempo-Songs sind zu viel auf dem knapp einstündigen Album enthalten. Aufgrund des guten Artworks, der erwartet formidablen Gitarrenarbeit sowie zwei bis drei Übersongs sehe ich 3,5 Punkte dennoch als gerechtfertigt an. 

3,5/5,0 - Martin Weckwerth


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Lord Seriousface
Seite 3: Christian Wiederwald
Seite 4: Anthalerero
Seite 5: Martin Weckwerth
Seite 6: Lisi Ruetz
Seite 7: Pascal Staub
Seite 8: Fazit


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