SERGEANT STEEL - Das "Truck Tales" Gangbang Review

Veröffentlicht am 20.01.2021

SERGEANT STEEL? Who's that? Als im letzten Jahr die Anfrage kam, zum neuen Album von Österreichs "Hard Rock Band Number 1" ein Gangbang-Review zu verfassen, ging es mir wie meinem deutschen Schreiber-Kollegen Lord Seriousface. Zu diesem Zeitpunkt war mir der größte alpenländische Glam/Sleaze/Hard/Heavy Rock Export gänzlich unbekannt. Was selbstverständlich NICHT an der mangelnden Qualität des künstlerischen Schaffens des Stroheimer Sextetts gelegen hat, sondern lediglich daran, dass man bei derzeit gefühlt einer Milliarde Hard'n'Heavy Bands auf diesem Planeten einfach nicht alles kennen kann! Doch dank der schönen neuen, digital vernetzten Welt war es umso einfacher, die bestehende Wissenslücke zu füllen. 

Also habe ich mir schnellstens die ersten drei Alben beschafft und mich dann auf eine intensive Reise durch den SERGEANT STEEL Kosmos begeben. Und eigentlich will ich gar nicht wieder zurück. Sondern einfach nur immer wieder die "Truck Tales" in Dauer-Rotation hören, die Augen schließen und im coolen Pick Up mit Alicia Silverstone und Liv Tyler auf dem Beifahrersitz endlose Highways entlang fahren - die Fenster unten, die Fluppe lässig im Mundwinkel, und das Radio auf Maximallautstärke aufgedreht...

Nach einem kurzen, atmosphärischen, leicht orientalisch anmutenden Intro macht es plötzlich BUMM! SERGEANT STEEL haben die Zeitmaschine aktiviert und beamen uns direkt und vollkommen zurück in die Achtziger! Und zeigen sofort, dass der neue Longplayer zwar felsenfest im goldenen Jahrzehnt verankert ist, sich aber nichtsdestotrotz in musikalischer Hinsicht als absolute Wundertüte entpuppt! Der Opener startet als grandiose Hommage an große Stadion Rock Acts wie SURVIVOR, JOURNEY oder ASIA und würde in der Tat jeden "Rocky"-Soundtrack veredeln! Was für ein pumpender, mitreißender Einstieg!

Doch schon bei Track Nummer zwei heißt es: Umschalten. Sleaze/Glam Rock aus dem Lehrbuch ist angesagt. Und "Backseat Lover" ist noch keine 10 Sekunden alt, da sehe ich vor meinem geistigen Auge Herrn Vanderkill in bester Steven Tyler/Axel Rose Manier mit einem Tücher behangenem Mikroständer auf einer riesigen Stage einen der typischen "Indianer"-Tänze der beiden vorgenannten Herren aufs Parkett legen. "Backseat Lover" atmet in jeder Sekunde den Geist von GUNS N' ROSES und AEROSMITH. Jede Note schreit "Paradise City" und "Love In An Elevator"! Aber die genannten Bands/Songs werden nicht kopiert, sondern vielmehr filtriert und die gewonnene Essenz in die bandeigene, neuzeitliche, moderne Interpretation des Genres integriert. Denn eins muss man ganz klar sagen, SERGEANT STEEL sind zwar eine der unzähligen Bands, die ihre Wurzeln unüberhörbar in guten alten 80ern haben. Sie gehören allerdings auch zu den ganz wenigen Combos, die es schaffen, eben nicht nur zu kopieren und exakt wie die Vorbilder zu klingen, sondern den Stil und die Attitüde der damaligen Zeit mit einem eigenständigen Konzept im Hier und Jetzt zu verbinden und dazu genug Vielfältigkeit und Überraschendes zu bieten, um immer SERGEANT STEEL zu sein.

Der beste Beweis dafür ist "Dance Into The Light". Vom Grundgerüst her (nach der folkloristisch geprägten, akustischen Southern Rock MR. BIG Gedächtnis-Einleitung) ein klassischer Sleaze/Glam Rock Song, versprüht die Nummer aber ein so unbändiges Rock'n'Roll Flair, dass den Herren Presley, Lewis, Holly und Berry sicher beim Hören des Stückes die Freudentränen in die Augen schießen würden.

Ich bin kein großer Balladenfan. Eine der wenigen Ausnahmen bilden die Slowtracks der Glam, Hair und Sleaze Acts in den Achtzigern. Auch wenn grade die harten Metaller von heute es sicher nicht zugeben werden, aber wer für die härtere Musik aufgrund seines heutigen Alters auch vor reichlich 30 Jahren schon etwas übrighatte, der muss sich insgeheim eingestehen, dass Megahits wie "November Rain" (GUNS N' ROSES), "Stick To Your Guns" (BON JOVI), "Edie (Ciao Baby)" (THE CULT), "I Remember You" (SKID ROW) oder "Nobody's Fool"/"Don't Know What You Got (Till It's Gone)" (CINDERELLA) schon richtig Klasse hatten. Und in diese Fußstapfen tritt mit "Brotherhood" selbstbewusst und doch zart und zerbrechlich eine rein akustische Ballade mit ganz viel Tom Keifer-Spirit und großartiger Gänsehaut-Atmosphäre, die neben dem wunderbaren lyrischen Konzept rund um das Thema Freundschaft vor allem von dem vielschichtigen, erstklassigen Gesang der einzelnen Bandmitglieder lebt. Für mich definitiv eins der absoluten Album-Highlights, und ich bin mir sicher, dieser Song wäre als Single Ende der 80er ein echter Million-Seller gewesen. 

Doch kaum hat man die schmusesongbedingte Gänsehaut abgelegt, stürmen SERGEANT STEEL mit "Voodoo Queen" wie hammondorgelnde JUDAS PRIEST auf Speed voran und hauen dem Hörer einen amtlichen, außerordentlich knackigen Heavy Metal Track um die Ohren, der sich gewaschen hat und die zugeschmalzten Gehörgänge wieder frei pustet. Beim folgenden "Body Language" scheint es, als hätte sich der Metalgod mal eben noch Vince Neil & Co. sowie die CINDERELLAs ins Boot geholt und ne Runde Cocktails spendiert. Geile, herrlich in die Beine und den Nacken gehende Nummer!

"Pain In The Ass" ist purer Glam Rock mit einem Hauch Südstaaten-Flair, der lässig-flapsig daherkommt, mit dieser speziellen Attitüde, die derartige Musik einfach braucht, um glaubwürdig zu sein. "Hunter" ist funky von vorn bis hinten, zuweilen dadurch allerdings ein wenig sperrig geraten, diplomatisch ausgedrückt könnte man es auch "progressiv" nennen.

Mit "The Time Will Come" kehren SEREANT STEEL in powerballadesker Form noch einmal zum Stadion Rock vom Beginn des Albums zurück und liefern mit eindringlichen Synthies, einer grandiosen Hookline und State Of The Art Gesang erneut einen exzellenten Track ab. Der Albumcloser "Nightmare" schließlich ist noch einmal ein geniales Konglomerat des gesamten zuvor gehörten Spektrums der Oberösterreicher: treibend, mitreißend, hochmelodisch, absolut perfekt in Instrumentierung und Gesang. SO und nicht anders sollte eine herausragende Scheibe enden.

 

Fazit:

 

Ich bin wirklich so was von dankbar, dass ich durch die Teilnahme an diesem Rudel-Review auf SERGEANT STEEL aufmerksam geworden bin. Ich hatte (schon immer) und habe ein Faible für sämtliche Spielarten des Hair/Glam/Sleaze Rock/Metal. Insofern ist es natürlich nicht verwunderlich, dass die stählernen Unteroffiziere generalgleich mein musikalisches Herz im Sturm erobert haben. Die wirklich großartige Mischung aus essentiellem 80er Flair und der modernen Frische unserer heutigen Zeit, gepaart mit jeder Menge Abwechslungsreichtum und Unberechenbarkeit, superbem Songwriting und dem einzigartigen Gespür für die Kleinigkeiten, mit denen man sich von der Konkurrenz abhebt und eben nicht nur Durchschnitt ist, sondern sich weit oberhalb der Messlatte platziert - das zeichnet die Musik von SERGEANT STEEL aus, und lässt ihren vierten Longplayer-Streich "Truck Tales" direkt zu einem frühen Highlight des noch so jungen Metaljahres 2021 werden. Chapeau und Horns Up, meine Herren!

 

4,5 von 5 Punkten


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Anthalerero
Seite 3: Ernst Lustig
Seite 4: Lord Seriousface
Seite 5: Manfred Thanner
Seite 6: Wolfgang Kelz
Seite 7: Fazit


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