HELLOWEEN - das 'Helloween' Gangbang-Review

Ähnlich wie der Kollege Wiederwald war ich in den 80ern ein riesiger HELLOWEEN Fan. "Keeper 1 + 2" stehen bis heute in meiner ewigen Album-Bestenliste ganz weit oben. Allerdings habe ich mit der (in meinen Augen) absolut grottigen Scheibe "Pink Bubbles Go Ape" 1991 absturzartig für eine Weile das Interesse an der deutschen Power Metal Institution verloren. Und der Weggang von Michael Kiske tat damals sein Übriges.

Doch nachdem ich mich Mitte der 90er mit der Scheibe "The Time Of The Oath" und dem exorbitant geilen Übersong "Steel Tormentor" wieder auf die Kürbisköpfe eingelassen hatte, konnte ich konstatieren, dass ich mit Andi Deris als Sänger wirklich gut leben kann, ein Fazit, das bis heute Gültigkeit hat. Seither verfolge ich die Entwicklung von HELLOWEEN durchgehend, allerdings nicht mehr mit dem gleichen Enthusiasmus, wie es bei den ersten drei Alben der Fall war. Was aber auch daran liegt, dass es nach "The Time Of The Oath" ein anderthalbes Jahrzehnt gebraucht hat, ehe ein HELLOWEEN Album erschien, das mich wieder richtig anfixte. In diesem Fall sprechen wir von "7 Sinners" (2010). Granaten-Songs wie "The Sage, The Fool, The Sinner" tauchen auch heute noch regelmäßig in meinen digitalen Mixtapes fürs Auto auf. 

Was kam danach? Auf jeden Fall noch zwei Silberlinge, die mir gut gefallen haben: "Straight Out Of Hell" (2013) und vor allem "My God-Given Right", das für mich seit langer Zeit wirklich mal wieder durchgehend den klassischen HELLOWEEN-Spirit versprühte.

Und nun? Nach der [ich zitiere an dieser Stelle mal Christian Pumpkin Wiederwald - Anm. d. Verf.] "... ohnehin schon für undenkbar, schier unmöglich gehaltenen und doch durchgeführten Reunion-Tour in den letzten Jahren ..." gibts im Giganten-Line Up Kiske / Hansen / Deris / Grosskopf / Weikath / Gerstner / Löble ein neues Album! Da wachsen die Erwartungen natürlich ganz schön tief rein, ins Kürbisbeet! Re-Union-Scheibe, Comeback-Album... egal wie man das neue Werk bezeichnen mag, eigentlich müsste hier doch was ganz Großes auf uns zukommen. Schauen wir mal.

Mit schlappen siebeneinhalb Minuten Laufzeit startet der Opener "Out For The Glory" das Geschehen. Und macht tatsächlich Laune. Ich persönlich finde im ersten Track den Kiske-Gesang nicht nervig, aber von Top in Form kann auch keine Rede sein Was wirklichlich nervt, ist das immer wieder auftauchende, penetrante Gekeife von Herrn Hansen.. How ever, die Nummer geht schön nach vorn, hat alle Trademarks, die man an HELLOWEEN liebt. Von daher ganz ordentlicher Einstand. "Fear Of The Fallen" mit einem wirklichen Klasse-Duett Deris / Kiske packt aber noch mal eine Schippe drauf. Cooles Tempo, abwechslungsreiche Songstruktur, schöne Melodie, Singalong Chorus und geiles Solo - ein klassischer Kürbiskopf-Hit.

"Best Time" ist hernach dann der erste Durchschnittssong. Kein wirklich schlechter Power Metal Track, aber irgendwie fühle ich mich bei jedem Hören eher an EDGUY / AVANTASIA erinnert, denn an HELLOWEEN. "Mass Polution" reißt das Ruder zum Glück wieder rum, eine für HELLOWEEN Verhältnisse ziemlich harte, explosive Nummer mit einem Andi Deris in stimmlicher Höchstform und einer Instrumentalfraktion voller metallischer Spielfreude.

Ja sind wir denn hier in einer Achterbahn?! "Angels" ist der zweite AVANTASIA Song, der auf einem HELLOWEEN Album eigentlich nix zu suchen haben sollte. Dazu klingt das Ganze ziemlich öde und uninspiriert. Vier Mal durchgehört fürs Review, ab jetzt richtet es bei dem Stück die Skip-Taste.

Weiter geht es mit "Rise Without Chains", einem richtig schicken, leider aber lupenreinen EDGUY Song. Vielleicht hätten die Kürbisse den Tobi Sammet direkt als dritten Sänger engagieren sollen, dann könnte man die Affinität einiger Stücke zu den Bands des Fuldaer Spring ins Felds zumindest glaubwürdig erklären. "Indestructible" klingt auch gut, hätte aber eher auf eine Scheibe von Kiskes Projekt UNISONIC gepasst. Generell denke ich bei Michaels Gesangspassagen irgendwie weniger an HELLOWEEN, als vielmehr an seine späteren Projekte, wie KISKE/SOMERVILLE oder eben UNISONIC.

"Robot King" zwingt den HELLOWEEN Ursänger in höchste Höhen, erstaunlich dass der Herr Kiske diese Gesangslinien mit seinen 53 Lenzen noch so hin bekommen hat. Allerdings schwächelt der Track beim Chorus doch merklich, so dass am Ende dann doch nur ein "Geht so" übrig bleibt. Diese Bewertung trifft auch auf "Cyanide" zu. Langweilige Melodie, die nach dem zweiten Durchlauf nur noch nervt. sowie viel, viel Belanglosigkeit. Und um das Triple voll zu machen, auch "Down In The Dumps" ist kein Kracher für mich. Durchschnittsware, die man am Ende des Albums schon wieder vergessen hat. Leider.

Und dann sind wir ja schon (fast) am Ende. Kurzes Intro, dann folgt mit "Skyfall" der Longtrack des Albums. Ich kann hier mit Michaels Gesang sehr gut leben, und auch die Kombi Kiske / Deris funktioniert hier einmal mehr. Eigentlich ist der Album Closer ein ziemlich guter Song (allerdings in KEINER Weise auf einer Stufe mit Meisterwerken wie "Halloween" oder gar "Keeper Of The Seven Keys"!). Allerdings hätte sich der gute Herr Hansen lieber nicht so vordrängeln sollen, was Gesangsanteile im Schlußsong angeht. Hier wäre Andi definitiv die bessere Wahl gewesen, denn mit seinem unsäglichen Gekrächze versetzt Kai Hansen seiner eigenen Komposition den vokalen Todesstoß! Tja, hier wäre weniger (Hansen) tatsächlich mehr (Qualität) gewesen. 

 

Fazit:

An der Instrumentalfraktion, dem Sound und der Gesangleistung von Andi Deris gibt es nix auszusetzen. Und zumindest mich kann auch Michael Kiske über weite Strecken überzeugen. Über den "Gesang" von Mr. GAMMA RAY decken wir dagegen an dieser Stelle leicht pikiert lieber den Mantel Schweigens. Und sonst? Es gibt ein paar schöne klassische HELLOWEEN-Hits, aber leider wesentlich mehr Durchschnittsware. Am Ende des Tages wandern ein paar Nummern in diverse Playlists und Mixtapes, das Album selbst wird wohl nach dieser Rezension niemals wieder am Stück gehört werden und im Plattenschrank vor sich hin stauben.

Ps. Eins noch. Nach dem das Cover Artwork von Eliran Kantor wirklich grandios geworden ist, frage ich mich ernshaft, welcher (sorry) Depp das Bandlogo direkt auf das Gesicht des posaunierenden Rauschgoldengels gepappt hat! Ich hoffe, es war nicht der Künstler selbst!

2,5 / 5,0 - Ernst Lustig


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: ADL
Seite 3: Anthalerero
Seite 4: Christian Wiederwald
Seite 5: Ernst Lustig
Seite 6: Lord Seriousface
Seite 7: Pascal Staub
Seite 8: Sonata
Seite 9: Fazit


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