Interview: Belshazzar - Malte

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Wenn man es so will, habe ich mich gleich von Anfang an von reinem Black Metal wegentwickelt. Vielleicht ist mein erstes Lied das einzig pure Black Metal Lied.

Aufgrund des mittlerweile "engen" Kontaktes zum Alleinunterhalter des Projektes BELSHAZZAR, habe ich nach rund drei Reviews zu seinen CDs/MCs beschlossen, ein Interview mit ihm zu führen und ein wenig über Gott und die Welt zu reden.

Veröffentlicht am 20.02.2012

Wie wäre es, wenn du dich erst einmal vorstellst und ein wenig darüber plauderst, wann, wo und warum du dein Solo-Projekt BELSHAZZAR gestartet hast.

Das müsste ca. 2004/2005 gewesen sein. Damals fing es an in meiner damaligen, eher 80er Speed Metal orientierten Band DETOX zu kriseln. Ich finde, dass man den Einfluss auch heute noch in der Stimme wiederfindet, auch wenn meine Musik einen komplett anderen Weg eingeschlagen hat. Parallel dazu wuchs mein Interesse an Aufnahmetechnik und stimmlichen Experimenten. Der letztendliche Auslöser war allerdings ein langweiliger Nachmittag an dem mich Christian S. aufforderte, doch ein Black Metal Lied aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit diesem Genre nur oberflächlich vertraut. Daher fing ich sehr unbedarft an und nahm ein Lied auf, dass so klang wie ich mir Black Metal damals vorgestellt habe. Dieses Lied wurde gut aufgenommen und so schrieb ich zehn weitere Songs und nahm diese auf. Erst nach diesen ersten Gehversuchen fing ich an mich tiefer in die Materie zu knien.

Nun, welche Black Metal Bands waren das denn genau? Hattest du damals noch, wie viele andere, Berührungsängste mit diesem ziemlich umstrittenen Genre?

Puh, das weiß ich gar nicht mehr so genau. Auf jeden Fall waren BATHORY dabei, natürlich die schwarze Phase, das andere Zeug hatte ich damals eh schon gehört. BATHORY gehören sowieso zu den wenigen Musikwerken, die es schaffen, dass ich, immer wenn ich sie höre, sofort die Musik ausmachen muss um eigenes Zeug zu schreiben. Ich glaube dabei waren: CRAFT, TSJUDER, DARKTHRONE, MAYHEM, BERGTHRON, VERDUNKELN, DRAUTRAN, DARKSPACE, BURZUM, JUDAS ISCARIOT, RUINS OF BEVERAST, GORGOROTH, EMPEROR, KATHARSIS, ULVER, SOLEFALD, ONDSKAPT, SARGEIST, SCHATTENHEER, TRELLDOM, V.E.G.A. und ganz viel NAGELFAR. Das sind auf jeden Fall Bands, die ich beim Überfliegen meiner Sammlung als Anfangsbands einordnen würde. Berührungsängste hatte ich nicht direkt. Was ein wenig problematisch für mich war, ist die permanente Verwendung von religiösen Symbolen, zu denen ich auch Totenschädel und Runen zähle, sofern Runen nicht als Schriftart Verwendung finden. Ich will nichts an meinem Leib tragen, dass mit irgendeiner Religion oder einem Kult zusammenhängt. Beim Hören ist das kein Problem.

Also doch ziemlich guter Black Metal. Nun konnte man auf deinem ersten Werk ja noch keine wirklich großen Black Metal Merkmale erkennen, was vor allem dem Gesang zu verdanken war. War dir das von vorne herein bewusst, oder hast du erst irgendwann gemerkt: Um Black Metal geht's hier nicht wirklich.

Du musst bedenken, dass ich vor meiner Veröffentlichung schon Material für drei Alben aufgenommen habe. Dort habe ich mich Black Metal-mäßig ausgetobt. Trotzdem war schon bei meinen ersten Liedern richtiger Gesang dabei. Wenn man es so will, habe ich mich gleich von Anfang an von reinem Black Metal wegentwickelt. Vielleicht ist mein erstes Lied das einzig pure Black Metal Lied. Trotzdem sind auf jedem Album Black Metal Elemente zu finden, auch auf dem ersten. ''Heimkehr'' ohne Gesang geht stark in die Richtung. So habe ich eine Weile viele Pagan-Elemente verwendet. Ich verwende den Begriff Pagan, damit die Leser sich etwas vorstellen können. Alleine schon wegen meiner Ansichten kann ich keinen Pagan gemacht haben. Aber du hast natürlich Recht. Ich habe viele andere Elemente eingebaut und teilweise dient Black Metal nur noch als Rahmen. Am Gesang alleine kann man das aber nicht festmachen. Mein neustes Album, die MC, ist sicher musikalisch mein schwärzestes Album. Roh, klirrend und frostig. Auf den 40 Minuten findet man vielleicht zusammengerechnet zwei bis drei Minuten Kreischen. Der Rest ist Gesang.

Nun, zu deiner Singstimme, die wohl das markanteste Merkmal deiner Mucke ist, komme ich später noch. So, bevor wir jetzt zu deinen nächsten Werken voranschreiten, gäbe es da noch etwas, das mich brennend interessieren würde: Die Reaktionen auf dein Lied ''Mein Land''. Stimmt es wirklich, dass es negative Reaktionen auf diesen Song gab, dass du ernsthaft ein Statement (überflüssig!!!) abgeben musstest? Vom wem kamen sie denn und wie war deine erste Reaktion darauf?

Ja das war so. Wobei negative Kommentare nichts schlimmes, und wenn konstruktiv geäußert, sogar nützlich sind. Diese Art von negativ meinst du aber nicht, es geht darum, dass Leute aus Foren, inoffiziell von einem Antifa-Mitglied und meinem (früheren) Bekanntenkreis Nazivorwürfe an mich herangetragen haben. Das mit dem Forum ist mir weitgehend egal, aber, dass Leute, die mich von früher kennen, dies, mal mehr und mal weniger ernsthaft suchen und interpretieren, hat mich doch geschockt. Als ich die Titel gewählt habe war mir bewusst, dass dies provokant ist wenn man nur die Titel liest. Aber inhaltlich nicht. Einer meinte dies sogar über "Sturm", da war ich echt platt. Heute würde ich das, reifer, schlauer und gesetzter von vorne herein umgehen. Jeder, der sich das Lied anhört und alle anderen auf diesem Album, können sich selbst vergewissern, dass dort keine rechten Inhalte zu finden sind. Der Titel alleine ist leicht falsch zu verstehen. Dazu kommt die rockige Schiene des Albums und meine teils raue Gesangsstimme, zack ist man ein Nazi. Anfangs wollte ich keine Erklärung dazu veröffentlichen, aber nachdem es solche Wellen geschlagen hat und ich nicht mit einem solchen Ruf behaftet sein will, entschloss ich mich doch dazu. Das nimmt einfach so schnell seinen Lauf und kann Existenzen gefährden. Ich z.B. arbeite seit fünf Jahren in Musikschulen. Dort unterrichte ich übrigens momentan einen Dunkelhäutigen, der großes Talent hat und bei dem ich mich auf die Unterrichtsstunden freue. Ich bin nicht stolz auf ein Land, ich fühle mich trotzdem meiner Heimat sehr verbunden und ich bewege mich auch nicht allzu gerne lange hier weg. Das ist nichts Schlimmes und bedeutet nicht, dass ich andere Kulturen verschmähe oder als geringfügiger einschätze. Über Idioten kann ich mich allerdings aufregen, egal woher sie kommen. Genug gelabert! Weiter im Text.

Nun, leider konnte ich mein Versprechen nicht halten und habe mir deine neue MC noch nicht angehört. Doch wenn du mir jetzt das Teil schmackhaft machen willst, wie würdest du den neuen Tonträger beschreiben und was hat sich dem Vorgänger gegenüber geändert?

Puh, Eigenwerbung fällt mir schwer. Die Änderungen zum Vorgänger sind allerdings leichter. Grundsätzlich klingt jedes Album stark anders. Ich kann mich weder stilistisch noch soundmäßig mit mir selbst einigen. Obwohl ich das Gekrächze stark reduziert, dafür viele dunkle aber kleine Chöre eingebaut habe, ist es vom Soundgewand mein schwarzmetallischstes. Es ist minimalistischer gehalten, der Sound ist schneidend. Außerdem finden sich viele doomige Anleihen sowie eine stellenweise dissonante Orgel, die dem Ganzen etwas Sakrales hinzufügt. Durch eine chronische Nebenhöhlenentzündung habe ich meinen Gesang umstellen müssen, allerdings nicht beim ersten Track. Dadurch sind die Gesänge teilweise monotoner aber emotionaler. Ich finde monoton in diesem Fall positiv, andächtig. Es erwarten den Hörer drei Tracks die zusammen ca. 42 Minuten beinhalten. Hier mein Lieblingsstück:



Nun, nach erstmaligen Durchhören finde ich, dass das Tape ziemlich experimentell anzuhören ist. Review folgt! Auf zur nächsten Veröffentlichung! Was hat dich denn genau dazu veranlagt, auf deiner zweiten CD das Kind vor dem Meer als Cover zu verwenden und zu welchem Song des Albums passt oder würde es überhaupt passen?

Jetzt wird es erst mal verwirrend:
Ich habe bisher Material für zwölf Alben aufgenommen, ich zähle aber erst ab meinem ersten Veröffentlichten. Das vierte Aufgenommene wurde somit mein erstes. Album Nummer zwei sollte das fünfte Aufgenommene, bzw. nach meiner neuen Zählweise das zweite werden. Ich habe mich dann aber, nachdem schon alles fertig war, kurzfristig entschieden mein Album Nummer sechs (mein neuntes Aufgenommenes) anstelle des anderen zu nehmen. Ich wollte einfach mal was Aktuelles rausbringen und nichts, dass schon seit drei Jahren im Kasten ist. Daher auch der Titel II/VI. Das Cover war also ursprünglich für ein anderes Album gedacht. Verwirrt? Ist auch egal. Dort hätte es zum Thema und dem Lied "Der Sonne entgegen" gepasst. Ich verarbeite oft persönliche Themen, wenn auch nicht offensichtlich, und da das Kleinkind bin, passt es auch zu dem schlussendlich produzierten Album.
Zur MC: ich finde es nicht experimenteller als alles andere. Experimentell als Attribut klingt immer verkopft. Verkopft ist bei mir nichts, ich gehe locker an die Sachen dran und finde, dass ich mich meistens in harmonischen Gebieten aufhalte und die Liedstrukturen leicht nachtvollziehbar sind. Der eine oder andere disharmonische Ausbruch ist allerdings vorhanden. Das Experimentelle kommt durch unübliche Kombinationen. Was findest du denn daran experimentell?

Tja, anstatt eben eine atmosphärische Schiene fortzuführen, kommen alle paar Sekunden Elemente dazu (sei es nun in Form von Gesang, Solo oder anderes), durch die meiner Meinung nach die Monotonie wieder weggenommen wird. Das macht es allerdings wieder zu etwas Besonderem. Alle drei Tonträger wurden bislang von dir selbst heraus gebracht. Hast du überhaupt schon einmal daran gedacht, bei einem Label anzufragen, oder warum nimmst du bis jetzt alles auf die eigene Kappe?

Klar wird dadurch das Monotone unterbrochen, dies ist ja, wie du beschrieben hast ein anderes Element und somit gewollt. Einzigartig klingt in dem Zusammenhang wie ein Behelf zwischen "damit kann ich nix anfangen" und "interessant, ist gut gemacht". Ich will alles bei mir behalten. Für mich ist Lieder schreiben und aufnehmen eine Einheit, das kann ich nicht getrennt behandeln. Ich will alles bei mir behalten, mein Projekt ist nicht dazu gedacht Geld zu scheffeln. Dann würde ich covern und auf Straßenfesten spielen. Insofern reicht es mir wenn sich mein Projekt selbst finanziert. Bisher ist dies allerdings nicht der Fall. Sollte ich aus irgendeinem Grund mehr Erfolg haben und der Aufwand Ausmaße annehmen, die ich alleine nicht bewältigen kann, würde ich dies allerdings in Betracht ziehen, sofern mir die nötigen Freiheiten überlassen werden. Aber ich kann es mir nicht recht vorstellen.

"Einzigartig" klingt in dem Zusammenhang wie ein Behelf zwischen "damit kann ich nix anfangen" und "interessant, ist gut gemacht".

Richtig erkannt. Das mit deiner Eigeninitiative finde ich auf jeden Fall gut, aber wie genau hörten sich denn deine ersten Aufnahmen soundtechnisch an bzw. mit was hast du aufgenommen und mit was nimmst du deinen Kram auf?

Puh, ich glaube ganz am Anfang war es ein Windows 2000 Rechner und irgend ein billiges Aufnahmeprogramm. Keine Ahnung, wie der Name war. Und dann bin ich da direkt über die Soundkarte mit einem Multieffektgerät rein. Eingesungen habe ich mit einem dynamischen Behringer Mikro. Die Drumsamples waren die des integrierten 80er Jahre Rock Kits oder so etwas. Heute bin ich da schon wesentlich besser aufgestellt. Habe gescheite, hochwertige Instrumente und mein eigenes, wenn auch kleines, Homestudio mit allem was dazu gehört. Von Studiolautsprechern, über einen reinen Aufnahme-PC, diversen Mikros und vor allem gescheiten Samples.

Ja, so machen das ja viele Leute. Die Qualität deiner Songs ist ja auch in Ordnung. Daher würde es mich mal interessieren, was du so persönlich derzeit hörst? Black Metal? Und was inspirierte dich am meisten für dein Tape?

Oh, da hast du mich gerade mal in einer Phase erwischt in der ich sogar fast sagen kann: Ja! Nach einer längeren Phase, in der ich fast gar keine Musik gehört habe, sondern fast ausschließlich Deutschlandradio und SWR2, habe ich mich mit alten Helden zurück ins Musikhören geholt. Momentan läuft sehr viel BATHORY bei mir. Dazu LUNAR AURORA, HEIMDALLS WACHT, KVIST... aber ansonsten höre ich viel anderes Zeug. In letzter Zeit vorwiegend Bluegrass und alten Blues. Ich weiß gar nicht mehr, was mich inspiriert hat. Ich glaube es war einfach der Wunsch, etwas Raues und nicht fett Produziertes zu erschaffen.

Hmmmm, ich selber habe früher ziemlich viel, bis ausschließlich nur Radio gehört und ob das mich später einmal inspiriert hat, wage ich zu bezweifeln, hehehe. Mich würde mal interessieren, was deine nächsten Pläne für BELSHAZZAR wären?

Eines meiner Lieder ist entstanden nachdem ich ein JAY Z Lied auf einer Party gehört habe. Insofern kann ich Inspiration wirklich überall raus ziehen. Viel Radio habe ich nie gehört. Ich höre jetzt viel Radio, allerdings fast ausschließlich Deutschland Radio und SWR2. Meine nächsten Pläne mit BELSHAZZAR müssen ein wenig warten. Material für eine neue CD ist bis auf sechs Lieder, bei denen noch der Gesang fehlt, fertig. Für noch eine weitere stehen schon alle Songs in instrumentaler Form. Da wird es also dieses Jahr sicher noch eine reguläre CD geben. Momentan habe ich allerdings kaum Zeit, da ich für zwei andere Bands am Aufnehmen bin und die CDs produziere. Ich bin also gerade eher für andere tätig.
Dazu kommt, dass ich einige Projektabgaben habe/hatte und ein bisschen was fürs Studium schreiben muss. Aber es geht sicher bald wieder los.

Lass dir Zeit! Zwar haben z.B. DROWNING THE LIGHT vorgelegt, dass man tausend Veröffentlichungen haben kann, die allesamt nicht schlecht sind, doch kommen die wirklich guten Sachen erst mit der Zeit. In welche Richtung wird denn BELSHAZZAR in Zukunft gehen? Du sagtest ja bereits, dass du genug Material angesammelt hast. Oder inwiefern werden sich deine zukünftigen Werke von den bisherigen unterscheiden?

Die beiden halbfertigen Alben gehen mehr in Richtung II/VI. Sind aber auf eine andere Art härter, nicht unbedingt schneller und haben viele traditionelle Metal-Elemente, sowieso ein paar ungewöhnliche Anteile. Ich bin allerdings nicht mehr ganz mit der Aufnahmetechnik von damals zufrieden, da ich in der Zwischenzeit viel gelernt habe. Aber mir gefallen die Lieder. Mal schauen was das gibt. Im Moment bin ich eh mehr Produzent wenn man es so will. Dazu widme ich mich momentan vermehrt einem Zweimannprojekt, das sich im Aufbau befindet und KOMMANDO GEISTESWAFFE heißen soll. Ich spiele dort Schlagzeug. Früher habe ich ein bis zwei Lieder pro Woche geschrieben und aufgenommen. Heute kann ich nicht mehr so viel Zeit darauf verwenden. Das heißt aber nicht, dass ich die Lieder nicht mehr mag. Ich würde gerne alle veröffentlichen. Aber, dass ich aktuelle Kompositionen an die Öffentlichkeit bringe ist mir wichtiger. Im Moment bin ich froh, wenn ich ein bis zwei Lieder pro Monat fertig bekomme. Das bedeutet aber nicht, dass mein Arbeitsaufwand im Vergleich zu früher gestiegen wäre, ich brauche immer noch etwa drei Stunden für Schreiben und Aufnehmen. Ich habe nur weniger Zeit neben Arbeit und Studium.

Ja, also ich kann dir jetzt schon einmal sagen, dass ich gerne in deine neue Band reinhören will. Das mit dem großen Zeitaufwand ist mehr als verständlich. Allerdings sollte man sich, bevor nur halbgares Zeug dabei herauskommt, so viel Zeit nehmen, wie man kann, um den Song so zu machen, dass man ihn selber ohne Ohrenbluten hören kann. So, leider sind wir nun am Ende dieses Interviews angelangt und ich übergebe das Schlusswort dir. Viel Spaß!

Das bedeutet aber auch nicht, dass das zwangsläufig lange braucht. Ich glaube nicht, dass ich bessere Lieder machen würde, wenn ich mehr Zeit investieren würde. Das einfach ''Drauflosspielen'' und quasi mit mir selbst jammen macht meine Musik aus. Ich nehme oft den ersten Take, auch wenn er nicht perfekt ist. Ich mag keine totkonstruierte Musik. Jedenfalls nicht im Black Metal Bereich. Ich will Gefühl und Ehrlichkeit. Ich will keinen Hochglanz und keine Perfektion. Ich finde das passt auch als Schlusswort.


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