Interview: Overkill - Bobby 'Blitz' Elsworth

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D. D. und ich haben eigentlich nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir OVERKILL auch als eine Art Business sehen und das ist wohl auch einer der Gründe warum OVERKILL nach so langer Zeit überlebt hat

Mit Bobby „Blitz“ Elsworth ein Interview zu machen ist immer eine spaßige, aber natürlich auch hochprofessionelle Angelegenheit. Diesmal ging es - natürlich - um den neuen Thrash Knaller "The Electric Age", aber auch um die Power Company, alteingesessene Thrash Bands, sowie einen Marketplace namens EBay...

Text: Reini
Veröffentlicht am 20.03.2012

Mit Bobby „Blitz“ Elsworth ein Interview zu machen ist immer eine spaßige, aber natürlich auch hochprofessionelle Angelegenheit. Bevor ich überhaupt dazukam dem hypersympathischen OVERKILL Fronter meine Fragen zu stellen, wurden zuerst ein paar Nettigkeiten ausgetauscht. Bobby und Ich sind uns in den letzten zwei Jahren etliche Male über den Weg gelaufen, wir haben ein Telefon- und weitere zwei Video Interviews gemeinsam gemacht und auch auf dem letztjährigen MASTERS OF ROCK Festival hatten der Schreiber dieser Zeilen und der drahtige Frontmann einen netten Backstage-Plausch.

Besonders das Doppelinterview mit HEATHEN Sänger David White ist Bobby in Erinnerung geblieben. Schnell drifteten wir beide ab und endeten schließlich dabei, dass Bobby mir eine Anekdote aus der Gründerzeit von OVERKILL erzählte, als alle vier Bandmitglieder (neben Blitz noch D.D. Verni, Rat Skates und Bobby Gustafson) zu einem Interview gebeten wurden und jeder der Vier zu ein und derselben Fragestellung unterschiedliche Meinungen hatte. Die Kurve zur Jetztzeit musste aber genommen werden und so löcherte ich den Blitz aus New York zuallererst mit einer nicht ganz ernst gemeinten Frage.

Du Bobby- also andere Bands brauchen ja immer elendslange bis sie Informationen über ein neues Album rausrücken. Zig Studiovideos, dann mal vielleicht das VÖ-Datum, später die Trackliste, dann das Cover. Bei Euch war das ein einziger Boom – OK da ist es „The Electric Age“ VÖ-Datum, Cover und Trackliste alles auf einmal. Hell Yeah!

*lacht* Und noch dazu haben wir das Alles in drei Wochen fertiggestellt.

Bobby bekommt einen schweren Lachanfall am anderen Ende der Leitung

Wirklich?

Bobby lacht noch immer wie von Sinnen

Nein natürlich nicht.

Es hat uns verdammte acht Monate gekostet, bis das Album fix und fertig war. Im Jänner haben wir es dann bei der Plattenfirma abgeliefert. Aber ja, D.D. hat vor acht Monaten damit angefangen diverse Riffs in Songs zu packen und daraus Demoversionen zu basteln. Großteils des Materials ist ja auch auf Tour entstanden. Ich kann mich noch erinnern wie ich mit D.D. vor einer Show in Virginia diskutiert habe… wir haben uns nur angeschaut und gemeint wooohhh – we not gonna reinvent the fucking wheel are we? *lacht* und ich hab geantwortet i don’t fucking think so! I think it’s gonna be a Thrash Metal Record

Die nächste längere Lachanfallpause …

Unsere Formel ist ja relativ einfach. Wir suchen nach etwas, das uns gefällt, das wird dann weiterentwickelt und schlussendlich, diverse Monate später, legen wir letzte Hand an und schon haben wir neue Songs und ein neues Album.

Der kurze, aber prägnante Albumtitel „The Electric Age“. Ist der auch so etwas wie ein Synonym für die lange, die wirklich lange Karriere von OVERKILL? Für mich seid ihr ja so etwas wie die Thrash Metal Power Company und das jetzt scho seit über 30 Jahren.

Das ist eine geniale Parallele. Auf meinem Uralt Computer, wo ich all die Lyrics für OVERKILL gespeichert habe, da befindet sich ein File drauf, das den Namen POWER COMPANY trägt. Und genau da wollten wir auch mit dem Titel hin. Zuerst dachten wir ja an so etwas wie New Jersey Power and Light, the Thrash Power Company, The Power Power Company etc. etc. Aber als wir schon meinten, dass wir diesmal überhaupt keine knackigen Ideen für einen Albumtitel haben, fiel mir wieder dieses File auf meinem Computer ein. Es entstand eigentlich aus einem Songtitel „Electric Rattlesnake“, der zu Beginn noch „Electrocution Therapy“ hieß.

Wir wissen ja alle, dass D. D. der kreative Kopf bei OVERKILL ist, D.D. schreibt große Teile der songs, Du bist für die Lyrics verantwortlich. Aber wie sieht das bei Dave und Derek aus, die beiden sind ja auch schon über eine Dekade Part oft he OVERKILL Familie?

Derek macht überhaupt keine Anstalten sich ins Songwriting zu integrieren, der ist mit seiner Rhythmus Gitarre zufrieden. Wobei er wird von uns jetzt nicht von vornherein am Songwriting ausgeschlossen, das ist einzig und alleine seine Entscheidung. Ganz anders verhält es sich aber bei Dave, der auf „The Electric Age“ zusammen mit D.D. einige wirklich fantastische Riffs hervorgezaubert hat. Obendrein ist Dave im Studio eine riesige Hilfe für D.D., die beiden sind so etwas wie die Packheads wenn wir eine neue Platte aufnehmen.

Hör dir zum Beispiel den Mittelteil von „Drop The Hammer“ an, das kam von Dave und ist in meinen Augen absolutely fucking outstanding. Das sind so Dave’s Einflüsse, der Kerl kann aber auch ein richtig schmutziges Lead einbauen wie in „Electric Rattlesnake“.

Du hast „outstanding“ in den Mund genommen. Bobby ich mein „Ironbound“ war wirklich ein Knaller, Euer bestes Album seit dem legendären „Horrorscope“ Werk, aber „The Electric Age“ ist wirklich nahe dran an der thrashmetallischen Erhabenheit und atmet in vielen Phasen die Luft eines All Time Classics wie „Taking Over“.

In gewisser Weise kann ich Dir da zustimmen. Es gibt schon diverse Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Platten. Viele Leute haben ja „Ironbound“ als eine Art Auferstehung von OVERKILL gesehen, was in meinen Augen aber nicht das richtige Wort hierfür ist. Das Album war einfach verdammt gut getimed und das nicht einmal geplanter weise, sondern wir hatten einfach Glück. „Ironbound“ wurde just zu jenem Zeitpunkt veröffentlicht, als viele Thrash Metal Fans sich genau nach solch einem Album sehnten.

„Electric Age“ ist jetzt auch wieder verdammt gut geplant, hat für mich aber mehr den Charakter eines Powerpacks. Es ist härter und auch in vielen Phasen schneller als „Ironbound“ und ja ich höre das schon eine wall of sound, die gewisse Parallelen zu „Taking Over“ aufweist.

„Electric Age“ ist zudem ein verdammt straightes Album. Auf „Ironbound“ hatten wir z.B. die MOTÖRHEAD Hommage „Bring Me The Night“, diesmal ist eigentlich alles (bis auf das Intro des letzten Songs „Good Night“) pur Thrash Metal straight to the Face!

Stimmt, auf „Electric Age“ gibt es nicht so viele Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Songs. Was mir aber schon bei den ersten Ideen aufgefallen ist, ich habe diesmal viel mehr Raum für meine Stimme bekommen. Das gab mir die Möglichkeit jeden Chorus mit richtig schönen Hooks einzuschnüren und das klappte sogar wenn der betreffende Track ein verdammt schneller war.

Die alteingesessenen Thrasher aus den USA haben ja hauptsächlich hier in Europa ihre Fanbase. Aber bei Euch war das schon immer anders, ihr hattet auch in den nicht so erfolgreichen Jahren in den Staaten eine treue Fanbasis. Hast Du eine Erklärung dafür?

Amerika ist auch nach wie vor jener Teil der Erde wo wir am meisten verkaufen. Sicher, das Musikbusiness hat sich gewandelt und man kann die Verkäufe von heute nicht mehr mit denen vor 20 Jahren vergleichen. Was wir aber nach wie vor zusammenbringen: Wir spielen noch immer viele ausverkaufte Shows in den sogenannten A-Market Städten wie LA, Chicago und New York. Ich kann mich noch an eine Show in New York erinnern, als die Polizei wegen eines vermeintlichen Terroralarms alles vor unserer Venue abgesperrt hatte und wir trotzdem 2.000 Leute bei der Show ziehen konnten. Mehr noch, wir mussten über 400 Leute wieder nach Hause schicken. Also wenn Du 2.000 in New York ziehst, dann bist du schon gut.

Ich glaube aber auch, dass es hier bei uns einfach anders ist und wir haben nie den Bezug zur Basis verloren, auch in jenen Jahren in denen Thrash Metal einfach nicht angesagt war. Möglich, dass das der große Unterschied zwischen uns und all den anderen etablierten US Thrash Bands ist, die hauptsächlich in Europa ihren Lebensunterhalt verdienen. Wir zeigen aber auch den Fans gegenüber und natürlich auch der Szene gegenüber Respekt und mit diesem Respekt kommen auch die Leute zu den Shows, weil sie wissen, dass wir sie respektieren.

Ist dir eigentlich bewusst wie hoch Eure alten Platten mittlerweile auf EBay gehandelt werden. Ich mein, dass sind jetzt keine Unsummen, aber für ein „Taking Over“, oder „Horrorscope“ zum Beispiel muss man schon locker 35-40 US$ hinblättern.

*lacht* Also für 40 Bucks unterschreib ich die Platten sogar *lacht erneut wie von Sinnen*

Weißt Du meine Frau sagt immer zu mir You are still an Asshole, you never change!

Aber im Ernst so sehr ich das Ganze liebe, D. D. und ich haben eigentlich nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir OVERKILL auch als eine Art Business sehen und das ist wohl auch einer der Gründe warum OVERKILL auch nach so langer Zeit überlebt haben. Wir beide haben irgendwie den Dreh raus wie man Sachen zum Laufen bringt, sogar dann wenn es verdammt schwierig ist dies zu bewerkstelligen. Es gibt da einen englischen Ausspruch der lautet „What the Market would bare, go ahead and get it“ – im Fall von unseren Vinyls muss man aber beide Seiten betrachten. Als Sammler ist das natürlich eine gute Sache, wirtschaftlich kann ich darüber aber nur den Kopf schütteln.

Bobby, es war mir wieder einmal eine Freude… hoffentlich sehen wir uns bald wieder…

Danke Dir, und bis zum Nächsten Mal!


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