Interview: Relinquished - Vast

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„Easy-Listening“ wollen wir sogar großräumig vermeiden. Obwohl wir zwar immer wieder ein wenig mehr Eingängigkeit in die Songs bringen wollen

Zwar haben RELINQUISHED die Genialität eines Mikael Akerfeldt mit ihrem aktuellen Album "Onward Anguishes" noch nicht erreicht, aber herrlich dröhnende Kopfmusik ohne Kopfweh bringen sie allemal zusammen. Wir unterhielten uns mit Sänger Vast über den bandeigenen Klangkosmos, easy-listening und das textliche Konzept dieser musikalischen Großtat aus Tiroler Landen

Text: Reini
Veröffentlicht am 30.03.2012

Hi Vast! Gratuliere, „Onward Anguishes“ ist wohl eine der faustdicken Überraschungen des heimischen Metaljahres. Ich mein, „Susanna Lies In Ashes“ war schon verdammt stark, aber für mich war es damals schon absehbar, dass dies höchstens ein leises Herantasten von Euch war. Wie siehst Du das?

Prinzipiell trifft das ja auf die meisten Bands zu, denn jeder versucht sich ständig zu steigern und den Sound zu perfektionieren. Der Grund warum es jedoch bei uns diesmal ein wenig umfassender klingt, ist der dass bei „Onward“ mehr als nur ein Charakter von Bedeutung in der Story vorkommt. Und da verschiedene Personen auch grundverschieden klingen und es wichtig war dass man bei diesem Album das Zwischenmenschliche und den Bezug die die einzelnen Charaktere zueinander haben, deutlich erkennt, haben wir entschieden mit mehr als nur meinen Vocals zu arbeiten.

Dieses Verfahren bietet uns die Möglichkeit aus unserem „Konzept-Alben-Korsett“ unendlich viele Variationen herauszuholen und wird bei zukünftigen Alben eine enorme Vielfalt an Atmosphären bieten, mit denen wir die Stories noch wesentlich besser untermalen können.

Jetzt hab ich ja gemeint, dass erst „Onward Anguishes“ Euch völlig losgelöst, bar jeglicher Genres agieren lässt und damit eine ebenso faszinierende wie bewundernswerte Band und ihren Klangkosmos offenlegt. Woher kam diese doch drastische Öffnung?

So überaus drastisch haben wir es selbst gar nicht empfunden. Es war das selbe Übergangsprinzip wie von „Rehearsal Doom EP“ auf „Susanna Lies In Ashes“. Wir haben lediglich ein paar Elemente angefügt und gehofft, dass die Leute auf unsere Ideen anspringen. Da beste Beispiel dafür ist bestimmt „Another Lightsource Going Out“. Unser Gitarrist Toni ist schon seit einigen Jahren ein wirklich hervorragender Klarinettist und darum war es für uns selbstverständlich auf diese Ressourcen zurückzugreifen um den Sound mit diesem wunderbaren Instrument zu erweitern. Es war auch mit Sicherheit nicht die letzte Neuerung dieser Art, denn wir sind ständig auf der Suche nach neuen Ansätzen und Herangehensweisen um unseren wie du sagst „Klangkosmos“ zu vervollständigen.

Besonders die cleanen Parts von Eurem Gitarristen Simon, die ich mal ganz salopp in die Layne Staley Ecke gedrückt habe, sind nahezu grenzgenial. Zwei Fragen: Woher kommt dieser Grungetouch vom Simon und es wird spannend wie ihr zwei live diese abrupten Wechsel zwischen harsch und clean zu meistern im Stande sein werdet?

Das ist sogar eigtl. ganz lustig abgelaufen. Simon wollte in erster Linie, um es in seinen Worten zu sagen „schwedisch“ klingen. Es wurde versucht und ging Alles sehr vermehrt in die Richtung Opeth, irgendwie fehlte jedoch dem Ganzen der Biss also wurde Simon nahegelegt es mit ein wenig mehr Energie zu probieren und sich von der „schwedisch“-Idee zu entfernen. Umso mehr er das machte umso besser klangen die Gesangslinien und als er so bei ca. Eddie Vedder angelangt war wurde aufgenommen.

Zu den Live Sachen kann ich nur sagen, dass der Wechsel leichter ist als bei den „Susanna“ Stücken. Simon hat zwar nicht gerade wenig zu leisten, wenn er zu seinen doch nicht allzu leichten Riffs singen muss. Bei unserer Release-Show in Innsbruck haben wir jedoch das gesamte Album ohne größere Schwierigkeiten spielen können und sind deshalb zuversichtlich bei künftigen Konzerten auf wenig Widerstand diesbezüglich zu stoßen.

Jetzt klassifiziert ihr Euch ja via Facebook selbst als Dark Melodic Djent. Ich mag zwar diesen modischen Djentismus nicht wirklich, finde es daher viel faszinierender wenn ihr gleich darunter meint „Listen to the songs and know how many influences there must be“. Denn genau darauf läuft es ja hinaus: RELINQUISHED sind in meinen Augen einfach nicht mehr kategorisierbar, bei Euch verschwimmen jegliche Grenzen ihr vermischt nahezu alles, was die Metallwelt da so zu kategorisieren im Stande ist. Das macht Euch in vielen Phasen des Albums einzigartig. Eure bzw. Deine Meinung dazu?

Grundsätzlich bin auch deiner Meinung, dass es „Dark Melo-Djent“ nicht trifft, aber wir dachten es wäre eine Ansprechende Beschreibung und sobald man zwei bis drei Songs von uns intus hat, weiß man sowieso worum es geht.

Dieses ganze Kategorisieren von Bands ist generell etwas dass ich nur bedingt Befürworten kann. Ich finde dass es zwar grobe Einteilungen der Genres geben sollte, da ja Metal wirklich mit jeder Sekunde umfangreicher wird, aber wenn man sich die Beschreibungen von, zum Beispiel, diversen „Brutal Porn Grind“ – Bands ansieht, nimmt das Ausmaße an, in denen, zumindest ich, wenig Übersicht entdecke, was meiner Meinung nach die Idee hinter Genre- Einteilungen wäre. So gesehen kann man „Dark Melodic Djent“ auch als nicht böse gemeinte Parodie dieser Zuordnungswellen verstehen. Wir haben nämlich einfach ein paar unserer Soundelemente genommen und daraus etwas geformt mit dem man zumindest grob versteht was zu erwarten ist, wenn man die CD einlegt.

Würdest Du mir aber schon zustimmen, wenn ich die Behauptung aufstelle, dass RELINQUISHED nicht nur polarisieren, sondern, dass man sich den Hörgenuss bei Euch erarbeiten muss, weil ihr eben nicht „easy listening“ bietet?

„Easy-Listening“ wollen wir sogar großräumig vermeiden. Obwohl wir zwar immer wieder ein wenig mehr Eingängigkeit in die Songs bringen wollen, sind es doch gerade die Tracks die man erst durch erneutes Hören schätzen lernt, jene die dann zu All-Time-Favourites werden. Auch sind solche vermeintlich gewöhnungsbedürftigen Lieder weniger von dem Phänomen des Abhörens betroffen, da man es ja erst nach einer gewissen Zeit überhaupt in die Playlist einfügt.

Zu guter Letzt, kannst Du uns noch was über die die textlichen Aspekte von „Onward Anguishes“, die komplexe Reise durch das Leben eines heranwachsenden Jungen in einer grausamen Welt, erzählen…?

Klar doch.

Zuerst wäre wohl zu sagen dass es eine Erweiterung der Handlung ist, und kein gänzlich eigenes Konzept. Wie wollten nicht einfach ein Konzept nach dem anderen herausbringen und immer wieder neue Charaktere alte Sorgen neu erleben lassen. Die Storyline wird sich durch unsere Komplette Discographie ziehen und somit jedes Album miteinander verbinden. Derzeit sind die Stories für insgesamt 5 Alben ausgearbeitet und dadurch wurden bereits bei „Susanna“ und auch bei „Onward“ Szenarien behandelt und Charaktere angeschnitten auf die wir erst viel später genauer eingehen werden. Vorstellen kann man sich das ganze wie eine TV-Serie nur dass bei jeder Folge der Protagonist wechselt und man den Vorherigen in einer Szene mit dem Neuen sieht, der die Handlung dann in eine ganz neue Richtung lenkt.

Bei „Onward Anguishes“ geht es um Joseph, den älteren Bruder von Victor, den wir bei „Susanna Lies In Ashes“ folgten. Es werden die Geschehnisse vor, während und nach „Susanna“ behandelt, jedoch aus einem anderen Blickwinkel.

Das Grundegrüst bilden hierbei die Bande zwischen den Brüdern untereinander und zu ihrer Mutter, die jedoch ab Track 3 „To Whom I Could Relate“ nicht mehr am Leben ist und somit ihre Kinder bei dem gewalttätigen Vater zurücklässt. (Auch der Grund, warum nur bei den ersten 2 Liedern eine Frauenstimme zu Wort kommt). Ich will jedoch nicht zu viel verraten, aber es läuft darauf hinaus dass die Jungs getrennt werden und wir dem Älteren – Joseph, auf seinem Werdegang folgen, da wir ja aus „Susanna“ schon mit dem Weg Victors vertraut sind.

Noch mal Danke, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!


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