Interview: Amity In Fame - Michael, Fil

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...war ich selbst Zuseher...bei einem Rammstein-Konzert...als...einer unserer Songs durch die Anlage dröhnte. Anfangs dachte ich, der Alkoholkonsum sei mir nicht wohl bekommen.

AMITY IN FAME trauten ihren Ohren kaum, als ihre Songs in der Umbaupause eines RAMMSTEIN-Konzerts ertönten. Wie es dazu kam, und welche sonstigen Überraschungen der angenehmen Art die Linzer Band bisher erlebt hat, wollten wir von STORMBRINGER genauer wissen.

Text: Sandy
Veröffentlicht am 04.01.2013

Werfen wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit. Ihr habt euer Debütalbum „Dinner For One“ verschenkt (Veröffentlichung unter einer Creative Commons-Lizenz auf Jamendo, der weltweit größten Plattform für CC-Musik. Mittlerweile steht das Werk bei über 40.000 Album-Downloads weltweit. Anm. d. Verf.). Besteht dabei nicht die große Gefahr, dass sich das Sprichwort „Was nichts kostet, ist nichts wert“ bewahrheitet?

Michael (Sänger): Fil (unser Gitarrist und Songwriter) hat diesen Punkt öfters angesprochen aber ich persönlich finde, dass gerade bei unserem Debütalbum die Veröffentlichung über CC der mit Abstand beste Weg war. Als unbekannte Band mit dem ersten Album über 40.000 Hörer zu erreichen, ist natürlich ein Hammer und die Rezensionen auf Jamendo und das Feedback zeigen, dass sehr viele Hörer das Album sehr schätzen, auch wenn sie es gratis bezogen haben. Ich denke da besonders an Länder, in denen 12 Euro für ein Album ganz einfach unleistbar sind, bzw. gibt es auch in sehr wohlhabenden Ländern viele Personen, für die ein solcher Preis ganz einfach zu hoch ist.

Fil: Selbst war ich anfangs sehr skeptisch, denn gewissermaßen geht es persönlich als Produzent auch um die Wertschätzung deines Produktes. Es hat mir schon ein wenig Sorgen bereitet, ob Konsumenten ein Gratisprodukt als „wertlos“ betrachten, oder wirklich als wertgeschätzte Alternative zum kommerziellen Markt sehen. Weltweit jedoch haben viele einfach nicht das nötige Kleingeld um sich eine CD leisten zu können; gerade diese Fangemeinde erreichen wir und das macht mich auch sehr stolz. Ich will natürlich nicht als heiliger Samariter dastehen, jedoch hätten wir wahrscheinlich mit den üblichen Pay-Downloads niemals diese Zahlen erreicht, ohne hohe Kosten in Promotion zu investieren.


Welche Vor- und Nachteile haben sich durch diese Form des Einstiegs in das Musikgeschäft für euch ergeben?

Michael: Ich sehe wenige Nachteile. Als Vorteile sind natürlich die angesprochenen 40.000 Downloads zu nennen, wobei auch jetzt noch jedes Monat rund 1.000 Albumdownloads hinzukommen. Für mich ist auch das Feedback der Hörer und Fans unschätzbar, da es einen riesigen Motivationsschub gibt, zu sehen, wieviel unsere Musik Menschen auf der ganzen Welt bedeutet und vor allem, dies in Form einer Hörer-Rezension oder Nachricht mitgeteilt zu bekommen. Weiters ist der Werbeeffekt in Wahrheit fast unbezahlbar, welcher durch die große Verbreitung eintritt. Beispielsweise werden Songs unseres Debütalbums in über 600 Youtube-Videos verwendet, von Amateurfilmen über professionelle Videoproduktionen, mit in Summe über einer Million Views.

Auch die zwei Jamendo-Awards (in den Kategorien ‚Rock‘ und ‚Experimental‘) waren ein gehöriger Motivationsschub und auch finanziell nicht gerade zu vernachlässigen. In der Anfangsphase ist es für eine Band meines Erachtens meist illusorisch, auf einen Labelvertrag zu hoffen und die Möglichkeiten des digitalen Vertriebs sind nun auch nicht gerade bahnbrechend. Es ist meist leider auch zu wenig, das Album einfach gratis zum Download anzubieten. Man muss da schon einiges an Werbearbeit hineinstecken und auch das Glück haben, dass das Album von den Hörern angenommen wird.


"The Kraken" - offizieller Videoclip zum neuen Album "Through"


RAMMSTEIN spielen vor ihren Konzerten Songs von AMITY IN FAME über ihre Anlage. Habt ihr mittlerweile erfahren, wie es dazu kam?

Fil: Wie genau sich das ergeben hat, weiß ich auch nicht, jedoch war ich selbst Zuseher (mit zwei Bandkollegen) bei einem Rammstein-Konzert in Prag, als kurz vor dem Konzertbeginn einer unserer Songs durch die Anlage dröhnte. Anfangs dachte ich, der Alkoholkonsum sei mir nicht wohl bekommen, jedoch war es wirklich unsere Musik, die dort aus der Anlage kam. Das ehrte uns natürlich sehr. Ich weiß bis heute nicht, ob die Herren von Rammstein die Bands selbst auswählen. Eventuell kann Stormbringer da nachfragen, wenn sich mal eine Gelegenheit ergibt.

Michael: Dass wir überhaupt für diesen Zweck entdeckt wurden, ist ebenso der Veröffentlichung über Jamendo zuzuschreiben. Die Band ließ über Jamendo bei uns anfragen, ob sie die Songs verwenden kann. Unsere Information ist, dass Rammstein keine große Freude mit den GEMA-Gebühren hat und deshalb gerne CC-Musik verwendet. Wie genau wir von Rammstein auf Jamendo entdeckt wurden, bleibt uns bis heute ein Rätsel, da das Album zum damaligen Zeitpunkt (Herbst 2009) auf Jamendo noch gar nicht so erfolgreich war.

„Powerful accoustic rock“ bedeutet in eurem Falle weit mehr, als ein weiteres Fantasiegenre. Im Gegensatz zu vielen Bands, die Altebekanntes lediglich neu benennen, um aufzufallen ist es euch tatsächlich gelungen eine sehr eigenständige Stilnische zu besetzen. War dies von Anfang an euer erklärtes Ziel?

Fil: Vielen Dank! Eigentlich war es schon ein primäres Ziel, einen eigenständigen Sound zu haben. Dass es jedoch zu „Powerful acoustic rock“ kam, war nicht so sehr geplant. Wir hatten in Erstbesetzung keine andere Alternative, als ein Metal-Album in Unplugged zu präsentieren. Nach den gesamten Proben und Livekonzerten, war für uns klar, nochmals ein Album aufnehmen zu müssen, das schließlich zu „Dinner for One“ wurde. Beim Nachfolger „Through“ war es bereits beim Songwriting unser Ziel, so zu klingen.

Michael: Es ehrt uns sehr, dass mittlerweile auch von Musikjournalisten unser „Powerful acoustic rock“ als eigene Stilnische bezeichnet wird. Die Entstehung des Stils ergab sich - wie Fil angesprochen hat - mehr aus einer Notwendigkeit, als aus einer bewussten Entscheidung. Viele Songs von „Dinner for One“ exisitieren ja auf einem von ihm geschriebenen Metal-Album, aufgenommen mit verzerrten Gitarren. Als wir den Stil allerdings lieb gewonnen hatten, versuchten wir sehr wohl, dies auch als besonderes Merkmal unserer Band hervorzuheben. Bestätigt hat uns das ungeheure Feedback der Hörer, welche unsere Musik sehr oft als neuartig und eigenständig beschrieben haben.


Sowohl „Dinner For One“ als auch „Through“ sind produktionstechnisch vom Feinsten. Wer zeichnet sich eigentlich für das erstklassige Soundgewand verantwortlich?

Fil: Das freut mich sehr, so etwas zu hören! „Dinner for One“ habe ich alleine produziert. Es war zwar ein sehr anstrengender und langer Weg, aber auch quasi ein einzigartiges Experiment, was mich sehr stolz macht, da wir gerade zu diesem „eigenständigen“ Sound sehr viel positive Kritik bekommen. Vielleicht waren es jedoch einfach die vielen produktionstechnischen Fehler, die es so individuell und damit gut machen.

Bei „Through“ war ich heilfroh, dass ein Profi dies übernahm (Vlad Avy, ein russischer Musiker und Soundtechniker, der in Kanada lebt und im Moment das Album der russischen Band Ongkara produziert). Nicht nur vom Arbeitsaufwand her, sondern auch von einem anderen Blickwinkel gesehen. Viele „Klangbilder“ (ich möchte nicht Fehler sagen) fallen einem als Musiker selbst nicht mehr auf, da sich ein Gewöhnungseffekt nach dem vielen Proben bzw. Live spielen und Songwriting eingestellt hat. Ich würde es mit einer Doppelblindstudie vergleichen. Dabei sind wir beim Gesamtklang auf ein sehr viel höheres Level gekommen als beim Vorreiter.

Was meinen persönlichen Geschmack betrifft, hat Vlad Avy aus Kanada soundtechnisch ein Meisterwerk vollbracht. Wir wollten es dynamisch, druckvoll und modern - was ihm auch perfekt gelungen ist.

Im Vorfeld zur aktuellen Albumproduktion haben sich doch einige Besetzungswechsel ergeben. Welche Beweggründe veranlassten einzelne Mitglieder zum Aus-, aber auch Einstieg in die Gruppe?

Michael: Im Vorfeld der Albumproduktion gab es eigentlich noch keine Besetzungswechsel, sondern erst nach Abschluss des Albums. Die Gründe sind sehr vielfältig. Unser langjähriger Schlagzeuger verließ die Band aus Gründen, die eher außerhalb der Band liegen. Bei anderen Besetzungswechseln standen musikalische oder andere Aspekte im Vordergrund. Vom persönlichen her war es teilweise sehr schwer, sich von einzelnen Mitgliedern zu trennen.

War es schwer die Formation trotzdem auf Kurs zu halten?

Michael: Die Produktion des Albums war für mich schon ein schwieriger Prozess, da es auch in der alten und relativ gut eingespielten Besetzung nicht immer leicht war, auf einem hohen Level Musik zu machen. Ich war nicht immer sicher, dass wir das Album überhaupt so fertigstellen könnten, wie wir es vorhatten. Dass es letztendlich doch geklappt hat und ein doch sehr kompaktes Album herausgekommen ist, freut uns natürlich sehr.


Ihr seid auf eurem neuen Album um musikalische Abwechslung bemüht. Von der emotionalen Grundstimmung her scheint ihr jedoch eher im Schwermütigen verhaftet. Warum gibt es keinen „fröhlichen“ AIF-Song?

Fil: Ich denke, als Songwriter hat man ein gewisses Ablassventil, wodurch man Emotionen freien Lauf lassen kann. Was aber nicht heißt, dass wir traurigere Mensch sind als andere; man verarbeitet auf diese Weise bestimmte Dinge. Dazu kommt sicher, dass ich selbst eher dazu neige, tiefgründige Musik zu hören, was sich wiederum im Songwriting spiegelt. Ich hoffe natürlich nicht, dass einer unserer Fans an einer Amity in Fame- induzierten Depression leidet.

Der fünfte Platz beim „International Live Award 2009“ legt die Vermutung nahe, dass ihr es auch als Liveband versteht eurer Publikum zu beindrucken. Wo kann man euch in der nächsten Zeit bestaunen?

Michael: Konkrete Konzerte sind noch nicht fixiert, aber im Frühjahr wollen wir wieder einige Gigs spielen. Wir sind im Moment auf der Suche nach einer guten österreichischen Bookingagentur und freuen uns natürlich über jegliche Konzertanfragen (contact@amityinfame.com).

Bitte um eine abschließende Grußbotschaft an die Stormbringer-Leser!

Michael: Allen Lesern, die das Interview bis hier gelesen haben, kann ich nur herzlich danken, denn Euer Interesse freut uns riesig! Wir hoffen natürlich, euch mal bei einem Konzert zu sehen. Für Anfragen jeder Art, könnt ihr uns gerne mailen.


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