Interview: Children Of Bodom - Alexi Lahio

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„Ich habe echt keinen Bock, über Blumen und Bäume zu singen, haha.“

Vor mehr als 15 Jahren stellten CHILDREN OF BODOM mit einer Mischung aus neoklassischen Speedkrachern mit 80er-Jahre Schlagseite, blackmetallischen Vocals und einer Portion schnoddriger Arschtritt-Attitüde, die Metalszene gehörig auf den Kopf. Diese einmalige Mixtur vermochte damals sowohl Traditionalisten als auch die Fraktion der jungen Wilden zu verzücken. Spätestens mit der fünften Platte "Are You Dead Yet?" war dann aber Schluss mit der Einmaligkeit: Die Bodom-Kinder öffneten sich moderneren Melodic-Death-Einflüssen, so dass sich viele Fans der ersten Stunde abwandten. Ob Zufall oder nicht: Mit der Rückkehr zu ihrem alten Label verkündet die COB-Hatecrew nun wieder zur Melodiösität und Ungehobeltheit ihrer frühen Werke zurückgefunden zu haben. Grund genug also, um Fronter Alexi Lahio zum ausführlichen Interview zu bitten.

Text: symX
Veröffentlicht am 27.05.2013

CHILDREN OF BODOM spielen schon lange in der Metal-Oberliga und sind für Nuclear Blast natürlich ein Hauptthema. Dementsprechend müssen sich die Bandmitglieder im Vorfeld zu einem neuen Release jeweils auf einen unvermeidlichen Promomarathon einlassen. Alexi konnte seine Unlust an diesem ganzen Promozirkus nicht ganz verstecken, versuchte das Ganze aber professionell über die Bühne zu bringen. Dennoch, man musste ihm die Antworten geradezu aus der Nase ziehen - aber vielleicht waren auch meine Fragen Scheiße… Wie auch immer, das neue Album von CHILDREN OF BODOM ist alles andere als Scheiße geworden, weshalb sich doch noch ein vernünftiges Gespräch entwickelte.

„Dass wir nun zu dem Label zurückgekehrt sind, bei dem wir unsere ersten drei Alben veröffentlichten und jetzt stilistisch auch wieder in die Richtung unserer früheren Werke gehen, ist aber ein reiner Zufall und hat nichts miteinander zu tun“, stellt Alexi gleich zu Beginn klar. „Denn wenn ich jeweils mit dem Songwriting für eine neue Scheibe beginne, weiß ich eigentlich nie, in welche Richtung sich das Ganze bewegen wird. Es handelt sich dabei wirklich um einen spontanen Prozess. Natürlich habe ich von vielen Leuten gehört, dass sie gerade die frühen COB-Sachen besonders beeindruckt hätten, aber auch das hatte nicht wirklich Auswirkungen auf die neuen Tracks. Wir sind aber wirklich glücklich, nach all den Jahren wieder zurück bei Nuclear Blast zu sein. Sie haben schon damals, als wir noch bei ihnen waren, einen tollen Job gemacht und wir genießen auch jetzt wieder hohe Priorität bei diesem Label.“

Dass COB mit „Halo Of Blood“ eine Kopie ihrer erfolgreichen Frühwerke abliefern, verneint der Frontmann vehement: „Auch wenn es auf der neuen Platte Einflüsse von früher haben mag, gibt es viel Neues zu Entdecken. Hört euch zum Beispiel den Song „Halo Of Blood“ an. Etwas in dieser Art mit den Blastbeats haben wir noch gar nie gemacht zuvor. Oder der Track „Dead Man's Hand on You“ ist sogar das langsamste Stück der Bandgeschichte inklusive Pianoklängen! Gerade dieser Song war eine große Herausforderung für uns, um diesen genau so dunkel und glaubwürdig rüberzubringen, wie alle anderen Stücke auf dem Album. Und ich denke, das ist uns wirklich gelungen. Es ist definitiv einer meiner Lieblingssongs auf der Scheibe.“

„Aber auch textlich bin ich teilweise neue Wege gegangen“, fügt Alexi hinzu. Bislang habe ich meistens Texte aus der Sicht einer anderen Person geschrieben. Beim Titeltrack beispielsweise, habe ich den Text zum ersten Mal persönlich für einen Freund geschrieben, der vor einem Jahr gestorben ist. Und das hat mich dazu inspiriert, auch über andere Freunde Songs zu schreiben, die bereits verstorben sind. Man kann zwar nicht gerade sagen, dass sich das ganze Album um diese Thematik dreht, aber sicher 50% der Stücke handeln davon. Es war für mich eine neue Erfahrung, Texte aus meiner eigenen Sicht zu schreiben.“

CHILDREN OF BODOM sind bekannt dafür, dass sie ihre Alben in Eigenregie eintüten, ohne groß Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Das war auch diesmal nicht anders, wie Alexi zu Protokoll gibt: „Es ist zwar richtig, dass uns Peter Tägtgren (u.a. PAIN) auch dieses Mal unter die Arme gegriffen hat. Aber das betrifft eigentlich nur meine Vocals. Da er seine Vocals selbst auf ähnliche Art und Weise performt, war es mir wichtig, in diesem Punkt sein Feedback zu haben. In Sachen Death-Metal-Vocals ist er nun wirklich einer der besten! Zudem sind wir seit längerem gute Freunde, so dass es in allen Belangen passte.“ „Weitere Einflüsse sind denn auch gar nicht nötig“, ergänzt Alexi. „Wenn wir ins Studio gehen, ist die Musik bereits fertig geschrieben und arrangiert. Ich schreibe die meisten Riffs und Keyboardlinien selber und nehme sie zuhause auf. Dann treffen wir uns und jammen über meine Ideen und entwickeln so die Arrangements. Aber im Studio selbst schreibe ich höchstens ab und zu meine Texte noch um. Das hat sich über die Jahre so bewährt.“

Nach mehr als 15 Jahren Mord und Totschlag fragt man sich, ob Alexi sich nicht manchmal wünscht, in seinen Texten ein breiteres Themenfeld bewirtschaften zu können. Der Frontmann winkt aber ab: „Na klar, es stimmt zwar schon, dass sich unsere Songs thematisch meistens um dunkle Themen wie Mord oder Tod drehen. Aber diese Lyrics passen zu dieser Art von Musik halt einfach perfekt. Zudem habe ich echt keinen Bock, über Blumen und Bäume zu singen, haha. Für mich ist es geradezu ein Muss, solch dunkle Texte zu schreiben. Ich selbst habe auch etliche dunkle Seite in meinem Kopf und für mich ist es eine gute Methode, diese negativen Gedanken in der Musik zu kanalisieren. Ich sehe das wirklich positiv.“

Wer das Glück hatte, CHILDREN OF BODOM am Anfang ihrer Karriere live zu erleben, ist ziemlich sicher Zeuge davon geworden, wie die Jungspunde als Supporting-Band die nachfolgenden Hauptacts regelmäßig in Grund und Boden gerockt haben. Da würde es also nicht verwundern, wenn die Bodom-Jungs jeweils Stress mit den nachfolgenden Bands bekommen hätten: „Also wir selbst hatten eigentlich nie Probleme mit anderen Bands deswegen, aber ich kann mir schon vorstellen, dass sie deswegen vielleicht Probleme mit uns hatten, haha. Und ja, wir haben da manchmal unterschwellig gewisse Anfeindungen bemerkt, aber ich werde hier jetzt keine Namen nennen (lacht).“

Ihren Ruf als grandiose Live-Combo haben COB sicherlich nicht zuletzt auch ihrem Frontmann zu verdanken, der mit schier unerschöpflicher Energie über die Bühne fegt, hierbei die aberwitzigsten Gitarrenläufe vom Stapel lässt und seine Vocals in die Menge peitscht. Da fragt man sich schon, wie Alexi angesichts der wohlbekannten finnischen Feierlaunen seinen Fitnesslevel auf Tour auf konstanter Höhe hält: „Also ich verrate wohl nicht zu viel wenn ich sage, dass ich trotzdem nicht nur Wasser trinke, haha. Ich halte mich auch nicht speziell fit oder so. Aber natürlich muss ich sorgsam mit meiner Gesundheit umgehen um eine Tour durchzustehen. Am Anfang brauche ich dann jeweils schon eine gewisse Anlaufzeit. Klar, ich muss genügend Wasser zu mir nehmen, damit ich danach nicht völlig dehydriert bin. Aber nach ein paar Konzerten bin ich wieder voll drin und kann jeden Abend konstant Vollgas geben!“

„Auf der Bühne stehe ich immer noch voll unter Dauerstrom. Das hat sich seit unseren Anfangstagen nie geändert. Im Vergleich zu diesen Zeiten bin ich aber immerhin abseits der Bühne doch etwas entspannter geworden,“ gibt Alexi ergänzend zu Protokoll. „Ich kann mich erinnern, dass ich mich früher nach einem schlechten Gig am liebsten gleich umgebracht hätte, haha. Natürlich nehme ich das Ganze immer noch sehr ernst und habe eine hohe Arbeitsmoral. Aber es geht doch nicht mehr ganz so weit, dass ich mir beim kleinsten Problem bereits die Arme ritzen will. Ich habe mittlerweile eine gesündere Art entwickelt, damit umzugehen.“


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