Interview: Forgotten Sunrise - Anders Melts

FORGOTTEN SUNRISE wurde bereits in den frühen 90ern gegründet, dennoch gibt es erst recht wenige Veröffentlichungen von euch. Weshalb habt ihr euch da bislang so zurück gehalten?

Es stimmt, wir haben schon 1992 begonnen, und in den 15 Jahren nur ein Demo, drei EPs, zwei Singles und zwei Longplayer herausgebracht. Das liegt wohl an den permanenten Wechseln im Line Up, und unserer ungewöhnlichen Musik. Ich hoffe dass wir in den nächsten 15 Jahren deutlich mehr herausbringen werden. Es ist ja nicht so, dass wir nur daheim herumgesessen wären, aber unsere Musik braucht eben seine Entwicklungszeit.

Wie sind die Kritiken zu eurem aktuellen Album bisher ausgefallen?

Beinahe alle Besprechungen, die ich gelesen habe, waren positiver Natur. Ich habe nur eine schlechte Kritik in einem deutschen Magazin gesehen, aber da ich kein Deutsch kann, wusste ich nicht was denen missfallen hat. Aber es scheint das die meisten Metal Zeitschriften und Magazine unser neues Album nicht so sehr mögen wie den Vorgänger „Ru:mipu:dus“, während nicht metallische Magazine es mehr zu schätzen wissen. Aber das gefällt mir so, da wir uns weder als Metal, noch als Gothic Band sehen.

Ihr vermischt eine ganze Menge unterschiedlichster Stile. Gibt es für euch gewisse Grenzen, oder eine Richtung die ihr nie verwenden würdet?

Ich kann R`n`B und den meisten Country Mist nicht ausstehen. Aber das schließt nicht aus, dass wir eines Tages auch Einflüsse aus diesen Richtungen in unsere Musik integrieren werden. Wir denken unser nächstes Album könnte durchaus so etwas wie Dark Salsa oder Brutal Polka werden.

Gibt es Bands die euch besonders beeinflusst haben?

DEAD CAN DANCE, GGFH, LEATHER STRIP, THE FUTURE SOUND OF LONDON, SLOWDIVE, CRANES, KATATONIA, ORBITAL, AND ONE, CLOCK DVA.
Aber am meisten hat mich David Lynch beeinflusst, er ist der Größte!
An aktuellen Bands fallen mir TRENTMOELLER, SPETSNAZ, MILITANT CHEERLEADERS ON THE MOVE und
PROCESSORY (ein neues Projekt des finnischen Genies Jori Hulkkonen)ein.

Warum sind eure Texte eigentlich so dunkel und nicht besonders optimistisch?

Das liegt in meiner Natur, sowie an der Welt in der wir leben. Aber wie du mit „nicht besonders optimistisch“ korrekt formuliert hast, sind sie auch nicht rein pessimistisch, man kann das Licht am Ende des Tunnels durchaus sehen.

Die Schreibweise eurer Songtitel ist recht eigenwillig geraten, steht da ein tieferes Konzept dahinter?

Mir gefällt es einfach Wörter falsch zu schreiben, und Gesagtes nicht genau zu verstehen, da liegt jedoch kein besonders tiefer Sinn dahinter. Es macht einfach Spaß mit Wörtern und Definitionen zu spielen. Wenn ich Gedichte auf estnisch schreibe, verwende ich für gewöhnlich viele Wörter die überhaupt nicht existieren, oder auch nicht in andere Sprachen übersetzt werden können.

Manche eurer Songs würden sich gut für Soundtracks eignen. Wenn ihr die Möglichkeit hättet für einen Film den Soundtrack zu schreiben, welchen würdet ihr wählen?

Viele Leute finden, dass unsere Musik sehr visuell klingt. Da unsere Musik ja auch stark von Filmen beeinflusst ist, bietet sie wohl auch eine größere Tiefe und Weite als herkömmliche Musik. Sollte ich jemals die Möglichkeit haben mir einen Film auszusuchen, dann wäre es natürlich der nächste David Lynch Film. Der beste Soundtrack aller Zeiten ist für mich der von „Lost Highway“, den Trent Reznor zusammengestellt hat.

Gibt es einen Song auf eurem Album auf den ihr besonders stolz seid, bzw. etwas das ihr so nicht mehr machen würdet?

Ich bin mit “Prophylactic EUthanAsia” besonders zufrieden, weil wir vor den Aufnahmen nicht einmal wussten wie er klingen wird. Wir hatten nur die Beats und die Stimme, der Rest wurde im Studio oder daheim aufgenommen. Und zwar auf eine Art wo keiner wusste, was der andere gerade so macht. Schlussendlich stellte sich dann gerade dieser Song, als der stärkste auf dem kompletten Album heraus. Wenn ich das ganze Album nochmals aufnehmen könnte, würde alles besser werden denke ich. Aber ich mag es schon so wie es ist, denn seit den Aufnahmen sind nun auch schon wieder zwei Jahre vergangen.

Estische Bands sind außerhalb ihrer Heimat kaum bekannt, sieht man einmal von den unsäglichen VANILLA NINJA ab. Kannst du uns etwas über die Musikszene in eurer Heimat erzählen?

Uhhh…du kennst VANNILA NINJA.
Wir haben eine feine, stets wachsende Szene hier, mit Alternative Bands wie SHELTON SAN, PEDIGREE, PIA FRAUS, oder auch gute Metal Bands wie MUST MISSA,
MANATARK, LOITS und HORRICANE. Traurig ist nur, dass wir keine wirkliche Dark Szene haben, bis auf SUICIDAL ROMANCE und MYTHRON. Ich hoffe die Situation verbessert sich bald, und alle jungen Electroheads gründen tausende, ausgezeichnete old-school EBM Bands (feuchte Träume die niemals war werden).

Habt ihr eigentlich eine Europatour geplant, und wird es eine Möglichkeit geben euch auch einmal in Österreich zu bewundern?

Wir suchen noch einen passenden Manager und eine Booking Agentur, aber es ist nicht leicht die richtigen Leute zu finden. Wir werden kleinere Konzerte in Polen, Litauen, Lettland und Finnland spielen, aber eine größere Tour ist nicht geplant.

Was habt ihr sonst noch für die nahe Zukunft geplant, und gibt es noch etwas das ihr unbedingt loswerden wollt?

Vielen Dank für die Unterstützung, und ich hoffe dir hat unser letztes Album gefallen. Bald wird unsere nächste Single herauskommen, die einen Remix des legendären Alex Empire enthalten wird. Ich hoffe wir kommen eines Tages nach Österreich, und können euch eine überzeugende Performance liefern. Achja, gibt es eigentlich DISHARMONIC ORCHESTRA noch? Als ich jung war habe ich Patrick mal eine Weihnachtskarte geschickt, und dafür ihre Autogramme erhalten. Eine großartige Band, grüß sie von mir falls du sie mal treffen solltest.
Vielen Dank und Bye.