Interview: Kreator - Mille Petrozza

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Wir wollten nicht eine live im Studio Platte rausbringen, das haben wir schon oft genug von anderen Bands gehört.

Rechtzeitig zur Veröffentlichung der DVD/Blu-Ray-Veröffentlichung "Dying Alive" unterhielten wir uns mit KREATOR-Mastermind Mille Petrozza

Text: Reini
Veröffentlicht am 25.08.2013

Hey, na alles gut?

Ja, Danke und bei Dir

Super, Super!

„Dying Alive“ steht an Mille

Ja

War euch bei der ganzen Planung von vornherein klar, dass die ganze Geschichte in Oberhausen über die Bühne gehen muss, so Heimspiel usw.?

Es war ja folgendermaßen: Die ganze Planung zu „Dying Alive“ war ja relativ spontan, Mitte der Tour hatten wir ein Konzert in Berlin, das aufgezeichnet wurde, erst da kam die Idee, dass wir ja mal wieder eine Live-DVD machen könnten, weil die letzte ist ja auch schon wieder zehn Jahre her. Die letzte offizielle, zwischendurch hatten wir ja den Re-Release von der Berlin-Show von 1900-irgenwas (Anm.: „At the Pulse of Capitualtion: Live in East Berlin 1990“), dann hatten wir noch auf jedem Album als Bonus eine Live-DVD, aber eine offizielle gab es jetzt schon länger nicht mehr. Vor allem Dingen hatten wir bislang noch keine Blu-Ray-Veröffentlichung, von daher stand die Idee im Raum. Als wir dann alles mit Nuclear Blast abgesprochen haben, fingen wir erst zum Planen an.

Wir organisierten ein Team, welches auch ein paar Tage mit uns auf Tour war, die ganzen Positionen wurden einstudiert, damit nicht solche peinliche Sachen passieren, wie der Gitarrist spielt ein Solo und die Kamera ist gerade irgendwo anders. Mit anderen Worten haben wir versucht die Kontrolle über das Ganze zu behalten, darum haben wir auch den Standort Oberhausen gewählt. Ein Heimspiel ist immer gut für eine Live-DVD.

Ist man bei so einem Auftritt – auch nach all den Jahren - dann besonders angespannt, weil man irgendwo im Hinterkopf hat, das muss heute perfekt sitzen?

Na ja wir waren schon ein bisschen angespannter als sonst, natürlich weiß man das wird aufgenommen, natürlich weiß man, dass man sich in einer jetzt oder nie Situation befindet. Der ganze Aufwand ist ja nur dann fruchtbar, wenn alles klappt. Zum Glück hat fast alles geklappt, es gab einmal einen Versinger, ein Timing-Problem beim ersten Song „Phantom Antichrist“, wo wir dann im Studio – das gebe ich auch offen zu – die Teile noch einmal neu eingesungen haben, weil so hätten wir es nicht veröffentlichen können. Sonst ist das Ding aber echt live, das hört man auch, weil doch etliche Verspieler drauf sind, aber nur kleine. Beim ersten Song aber war das so unglaublich brutal, ein wirklich totaler Verspieler, den hätte man so nicht lassen können. Einziger Ausweg wäre gewesen, wir nehmen den ersten Song nicht mit auf die DVD, aber das wäre irgendwie blöd gewesen.

Aber gerade diese kleinen Verspieler usw. machen die ganze Geschichte sympathischer.

Definitiv, wir wollten ja auch nicht eine live im Studio Platte rausbringen, das haben wir schon oft genug von anderen Bands gehört. Wir versuchen immer, wenn wir solche Live-Auftritte veröffentlichen, so wenig wie möglich nachzubearbeiten. Natürlich lassen wir das von professionellen Leuten mixen, damit es gut klingt. So jemand wir Jens Bogren, der hat das ja wieder gemixt und der war auch darauf bedacht, dass alles so pur wie möglich bleibt. Wir hatten ja auch viel Übung, das war die 100. Show der „Phantom Antichrist“-Tour insgesamt und daher waren wir gut eingespielt. Es war jetzt nicht so, dass wir nicht wußten was wir taten.

Neben einer Moshpit-Kamera hattest du ja auch eine Gitarren-Kamera montiert. Merkt man das beim Spielen oder ist die einfach nicht vorhanden wenn man auf der Bühne steht?

Die war am Gitarrengurt, die hat man jetzt nicht so gemerkt. Das war überhaupt nicht störend ehrlich gesagt.

Wie darf sich ein Außenstehender den ganzen Cutting-Prozess so vorstellen. Sitzt da der Mille wochen- oder monatelang im Studio mit den zuständigen Leuten und gibt der auch seinen Senf permanent dazu oder hatte das Team da eher freie Hand?

Ich war schon dabei, nicht die ganze Zeit, aber sehr oft. Wir haben uns auch oft abgesprochen und ich musste mir die ganze Sache sicher 100 x angucken. Wir haben auch über viele Phasen geredet, viele unserer alten Live-Aufnahmen sind sehr stilisiert, da gibt es einen von Wacken 2005, da haben wir auch andere Farben reingemacht, das sah dann ziemlich monochrom aus, diesmal wollten wir das relativ pur halten, die Qualität der Aufnahmen nicht verändern. Man sollte das Gefühl haben dabei zu sein, wie wenn man ein KREATOR-Konzert live sehen würde. Natürlich ist es auch eine schöne Erinnerung für unsere Fans, die da live dabei waren.

Ich war ja bei der Tour in Wien auch anwesend, würdest du – auch jetzt Erfolgs-technisch – KREATOR derzeit am Top-Level wo ihr noch nie ward sehen?

Wahrscheinlich ja, ich kann das nicht immer so beurteilen. Ich messe Erfolg nicht an den Leuten die zu einem Konzert kommen. Für mich ist Erfolg anders spürbar. Natürlich ist es schön, wenn viele Leute zu einem Konzert kommen, natürlich ist es gut viel Feedback zu bekommen, nur für mich heißt Erfolg einfach bin ich zufrieden? Ist es so, dass ich ein schönes Leben hab, können wir als Band jeden Abend 100% abliefern. Das messe ich jetzt nicht an Zuschauerzahlen, für mich ist ein Konzert auch dann erfolgreich, wenn wir z.B. US-Touren machen und da sind nur 300 Leute, aber die gehen alle nach Hause und hatten Spaß an der Show. Das ist dann z. B. für mich auch ein Erfolg.

Rock’n’Roll ist nie messbar, das ist so, dass du nie die Garantie hast, dass es immer so bleibt. Du musst ständig immer neu an dir arbeiten. Jedes Mal wieder in dich gehen und versuchen einen draufzusetzen. Das ist für mich Erfolg, wenn man solche Ergebnisse sieht. Wir haben derzeit ein Team um uns gescharrt, das super funktioniert und wo wir alle zufrieden sind. Die Maschinerie ist professioneller denn je, die Leute mit denen wir arbeiten sind die besten die man in der Metal-Welt eigentlich bekommen kann, das ist für mich schon erfolgreich, ja. Ob wir den Zenit schon erreicht haben? Das weiß ich nicht, ich hoffe jedenfalls, dass wir noch lange Jahre unseren Fans eine gute Show liefern können. Ob es jetzt gerade am erfolgreichsten ist oder nicht, das weiß ich nicht, keine Ahnung!

Reden wir kurz über das BEASTIVAL und den Auftritt der TEUTONIC BIG FOUR – ich hab im Vorfeld der „Epitome Of Torture“ mit dem Tom von SODOM gesprochen, der hat sich ja geradezu vehement für eine Big-Teutonic-Four-Tour ausgesprochen. Wie siehst du das und hast du nicht ein wenig Angst, dass man bei so einer Tour vielleicht KREATOR ein wenig stilisieren würde?

Das ist ja fast eine rhetorische Frage. Jeder von uns ist ständig auf Tour und keiner möchte das nicht, wir wollen das alle, auch weil unsere Fans das irgendwie gerne hätten. Ich sträub mich auch nicht dagegen, aber es ist einfach schwierig das Alles unter einen Hut zu bekommen. Zum Beispiel arbeiten wir alle mit verschiedenen Agenturen zusammen. Ich hab dann mal den Vorschlag gemacht, ob wir das nicht in Südamerika machen könnten, weil wir Ende des Jahres nach Südamerika fahren werden. Dann krieg ich von den anderen zwei (Schmier/DESTRUCTION bzw. Tom/SODOM) zurück, na wir waren gerade in Südamerika, deswegen können wir das nicht machen. Und so ist das jedem Mal. Jedes Jahr, wenn ich sage, kommt lasst uns das zusammen machen, dann kommt immer irgendein Argument, warum es doch nicht geht.

Es ist einfach so, es sind nun mal verschiedene Bands, mit verschiedenen Shedules, mit verschiedenen Bedürfnissen und es ist ja auch so, dass man nicht einfach auf die anderen warten kann. Es ist einfach schwierig – Punkt! Wir z. B. sind jetzt schon bis nächstes Jahr im August ausgebucht, da vergeht die Zeit doch relativ schnell. Ich möchte diese Tour schon mal machen, aber die Frage ist natürlich wann.

„Phantom Antichrist“ ist jetzt ein bisschen mehr als ein Jahr am Markt, wie beurteilst du das Album jetzt mit einem Jahr Abstand?

Ich kann auf jeden Fall sagen, es ist die beste Platte die wir damals machen konnten. Ob es auch die beste Platte für die Fans ist, kann ich nicht beurteilen, aber wir haben mit „Phantom Antichrist“ auch viele neue Fans dazugewonnen. Ich glaube auch das Album ist überall gut angekommen und die neuen Songs sind für mich auch live noch immer die besten. Nicht nur, weil ich die alten Tracks schon 100.000-mal gespielt habe, sondern ich merke einfach welches Potential die Songs haben. Von daher bin ich eigentlich super zufrieden wie das Alles so geworden ist. Man kann so was ja nie im Vorfeld absehen, als Band kann man nur hergehen und versuchen ein Album zu machen, welches so gut wie möglich ist. Bei „Phantom Antichrist“ haben wir uns ja auch ein wenig geöffnet, andere Einflüsse mit einfließen lassen, die zum größten Teil aus unseren Pre-Thrash-Metal-Wurzeln stammten. Sehr viel IRON MAIDEN, sehr viel JUDAS PRIEST, aber andererseits haben wir auch viele Hardcore- und Punkeinflüsse mit reingebracht. Auch wenn man nie 100%ig sagen kann, wie das dann bei den Fans ankommen wird, aber anscheinend hat das gut geklappt und alle mögen das Album. Oder sagen wir besser viele mögen das Album.

Du hast ja gesagt, KREATOR sind bis August 2014 Tour-mäßig ausgebucht, gehe ich mal davon aus, dass der Nachfolger wieder so seine drei Jahre auf sich warten lassen wird?

Das dauert noch! Ich hab derzeit erst so ein paar Riffs geschrieben, ich hab ein paar Melodien im Kopf, die ich auch in mein I-Phone eingepfiffen habe, aber das heißt nicht, dass ich auch nur ansatzweise schon Ideen hätte. Da muss einfach der richtige Zeitpunkt da sein, hoffentlich ist das bald mal. Wie gesagt, wir sind bis Ende diesen Jahres mal auf Tour, vielleicht fange ich dann mal an etwas zu konkretisieren, aber momentan ist das auch nicht notwendig, weil das Album so aktuell ist und ich bislang auch überhaupt keine Inspiration gefunden habe,. Da bin ich auch ganz ehrlich, momentan hab ich nicht viel zu sagen.


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