Interview: BELA B & SMOKESTACK LIGHTNIN' - Bela B

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Musik ist mein Lebensinhalt - das ist bei den Heavy Metallern nicht anders.

DIE-ÄRZTE-Drittel BELA B ist mehr Heavy Metal als sich so mancher denken würde. Wir haben ihn beim diesjährigen Frequency kurz vor seinem Gig mit seiner Band SMOKESTACK LIGHTNIN' zum Kurzgespräch gebeten. Unter anderem erklärte er uns, warum er Heavy Metal so sehr liebt, weshalb es niemals eine Hip-Hop-Platte von ihm geben wird und weshalb er die Bandkollegen von den ÄRZTEN in den Bandpausen gar nicht mal vermisst.

Veröffentlicht am 04.09.2014

BELA, du hast auf deiner Facebook-Seite unlängst gepostet, dass du den „Wacken 3D“-Film gesehen hast und gemeint, dass sich dieser nicht nur um Metal, sondern um die Liebe zur Musik im Allgemeinen dreht. War das auch deine Hauptmotivation, den Film zu sehen?

Ich sehe so etwas total gerne, denn Heavy Metal war schon einmal totgesagt und jetzt lachen die Fans aber über alle anderen, denn gemeinsam mit Schlager ist die Metal-Szene die letzte, in der die Leute noch Platten kaufen. In jeder anderen Richtung werden die Fans ihrer Musik untreu, ziehen sie umsonst oder streamen sie um wenig bis gar kein Geld. Die andere Seite ist, dass der Film sehr schön veranschaulicht, welche Kraft Musik hat. Natürlich hat auch der Heavy Metal so manche Ecke, in der er angreifbar ist, aber im Prinzip ist er eine tolle Sache. Musik ist mein Lebensinhalt und bei den Heavy Metallern ist das nicht anders. Es ist zudem kein Geheimnis, dass ich ein Heavy-Metal-Fan bin, viele Platten zuhause habe und viele Konzerte gesehen habe. Lemmy ist auch eines meiner größten Idole. Der Film selbst ist einfach eine Liebeserklärung an die Musik.

JAN DELAY hat mit seinem Rockalbum und der Wacken-Single unlängst probiert, bei den Metal-Fans Fuß zu fassen und ist damit wirklich kräftig auf die Schnauze gefallen.

Das ist bei JAN eine andere Geschichte. DIE ÄRZTE haben ja schon Metalsongs gemacht, außerdem habe ich selber Songs mit SODOM aufgenommen, mit MOTÖRHEAD gespielt und eine Verbindung zu MANOWAR gehabt. JAN DELAY kommt ja wirklich aus einer ganz anderen Welt und hat sich in die für ihn fremde einfach mal reingetraut. Ich selber finde ja so viel verschiedene Musik gut und was ich jetzt gerade mache, ist halt kein Metal.

Mit einem klaren Country-Album wie „Bye“ hätte man bei dir trotz deines vielseitigen Musikgeschmacks auch nicht unbedingt gerechnet.

Ich finde gar nicht, dass das so klar ist. Wir haben auch bei den ÄRZTEN schon immer Country- und Rockabilly-Songs gemacht, waren seit jeher sehr vielseitig. Solo mache ich eigentlich ja auch Punk Rock, nur habe ich mit SMOKESTACK LIGHTNIN‘ dafür eine Country- und Roots-Band zu Hilfe geholt. Das ist eine Band, die weder Punk noch Metal bedient und ich wollte auch, dass mein drittes Soloalbum konsequenter ausfällt als die anderen beiden. Der Vergleich zu Metal hinkt ja gar nicht so arg (lacht). Country wirkt nach außen hin ähnlich martialisch wie Heavy Metal.

VOLBEAT sind die aktuellsten Vertreter, die beide Stile vermischen.

VOLBEAT sind sehr beeinflusst von SOCIAL DISTORTION und SOCIAL DISTORTION sind musikalisch erst wirklich interessant geworden, als Mike Ness seine Punk-Rock-Vergangenheit mit dem Country vermischt hat, logisch.

Du strahlst im Gespräch deine Liebe zur Musik, dein Fantum noch stärker aus als ich dachte.

Absolut, ich bin einfach ein totaler Fan von Musik im Allgemeinen und das ist auch genreübergreifend. Ich bin jetzt vielleicht nicht der Mensch, der unbedingt auf das nächste Reggae-Album wartet, aber auch in dieser für mich eher nicht so interessanten Musikrichtung gibt es unheimlich starke Songs.

Gibt es Musikrichtungen, die du partout nicht berühren möchtest?

Also Hip Hop und Rap gehen nicht. Mit den ÄRZTEN haben wir auch dieses Feld gekreuzt, aber das liegt daran, dass wir teilweise sehr musikironisch unterwegs sind. Ich selber schreibe ohnehin schon Texte mit sehr vielen Worten, wo ich dann in relativ kurzer Zeit sehr viel und schnell singen muss, aber so Sprechgesang – das ist absolut nichts für mich.

Auf „Bye“ hast du einige amerikanische Country- und Musikgrößen im Allgemeinen als Einzähler für deine Songs verpflichten können. Bist du bei bestimmten Personen gescheitert?

Bei den Einzählern habe ich so einiges versucht. Ich hatte etwa Kontakt mit JOAN JETT und wollte mit ihr unbedingt einen Song machen. Wir haben dann ein bisschen gemailt und dann hatte ich ausgerechnet bei diesem Album keinen passenden Song. Ich wollte mit ihr ja keinen Neo-Folk-Song aufnehmen, sondern schon einen Rock-Song schreiben. Ich habe dann am Ende doch einen geschrieben, aber da gab es kein Feedback mehr. Ein besonderes Erlebnis war auch die Begegnung mit EMMYLOU HARRIS, eine wahnsinnig nette und hochtalentierte Frau und Sängerin. Ich habe sie gefragt, ob sie einen Einzähler machen würde und sie sagte sofort zu und machte es. Dafür hatte ich extra ein brandneues Aufnahmegerät gekauft, habe aber nicht gecheckt, dass ich den Aufnahmeknopf zweimal drücken musste. Ich hab’s natürlich nur einmal gemacht und so war nichts drauf. Das kennst du als Journalist doch sicher auch – wenn du für eine Zeitung oder ein Onlinemagazin schreibst, kannst du vielleicht noch was aus dem Gedächtnis zusammenstoppeln, aber einen Einzähler eben nicht. Das war dann schon ein bisschen tragisch. Dann gab es da noch eine Rocksängerin, ein großes Idol aus meiner Jugendzeit. Aber ihr Mann wollte schon vor dem Einzähler über Geld sprechen und das war dann weniger cool.

Mit den Jungs von SMOKESTACK LIGHTNIN‘ hast du aber eine scheinbar symbiotische Verbindung gefunden.

Es ist eine in sich geschlossene Band. Ich kommuniziere nicht mit den einzelnen Musikern über ihre Parts, sondern immer mit der ganzen Band und den Rest machen sie sich untereinander aus. Das ist natürlich manchmal schon schwierig, aber so kriege ich am Ende auch ein klareres Ergebnis zusammen. Das macht sehr großen Spaß.

Wirst du deine Solokarriere in den nächsten Monaten weiterverfolgen, oder geht es jetzt dann doch wieder in Richtung DIE ÄRZTE?

Farin Urlaub bringt ja jetzt auch etwas heraus und mit den SMOKESTACK LIGHNIN‘ sind nächstes Jahr sehr viele Auftritte geplant, da ist also schon noch einiges zu tun. Ich weiß noch gar nicht so genau, was ich in diesem restlichen Jahr alle so machen werde, in erster Linie ist jetzt einmal ein Film geplant.

Regie wird der renommierte Thomas Roth führen.

Genau, das Drehbuch ist geschrieben und muss nur noch ein bisschen nachgearbeitet werden. Zudem suchen wir noch Geldgeber. Rein musikalisch würde ich auch wahnsinnig gerne im Ausland spielen und ich finde die Idee auch super, es muss aber nur auch finanzierbar sein. Schließlich sind SMOKESTACK LIGHTNIN‘ bezahlte Musiker und daher muss ich im Vorfeld schon rechnen, ob sich das rentiert. Jetzt muss ich sie halt überreden, ob sie auch für weniger Geld mitkommen (lacht).

Kannst du schon genauere Details zum Film verraten?

Es geht um einen Musiker am Ende seiner Karriere, der es dann noch einmal wissen will. Den werde natürlich ich spielen. Tragisch komisch.

Die Schauspielerei war dich auch schon immer wichtig. Kommt einmal der Zeitpunkt, wo sie gegenüber der Musik überhandnimmt?

Nein, dazu gibt es einfach zu viele schöne musikalische Momente – wie jetzt mit der neuen Platte „Bye“ – die mich so glücklich machen und ausfüllen. Ich spiele zudem viel zu gerne Instrumente. Vielleicht nicht immer Gitarre so wie jetzt mit dem Soloprojekt, sondern auch immer wieder gerne Schlagzeug. Einfach so, aus heiterem Himmel. Vielleicht habe ich ja wieder Lust, mit irgendeiner Band einfach nur Schlagzeug zu spielen – ohne Gesang und ohne Verantwortung. Vielleicht für ein paar Shows bei so einem Projekt, wo es ohnehin nicht nur fixe Mitglieder gibt. Musik ist aber schon klar die Nummer eins. Bei der Filmerei muss man einfach sehen, was kommt. Letztes Jahr habe ich meinen ersten Arthouse-Film mit dem Titel „Dreiviertel“ gemacht, der unlängst am Hamburger Filmfestival lief. Darin gibt es nur Gespräche und so etwas erwarten die Leute nicht von mir. Ich spiele nur eine Nebenrolle, aber ÄRZTE-Fans werden das schon sonderbar finden. Der Film ist auch überhaupt nicht witzig.

Wenn DIE ÄRZTE jetzt auf Pause gestellt sind – habt ihr drei Bandmitglieder untereinander eigentlich viel Kontakt?

Hauptsächlich über das Künstlerische. Ich lebe ja in Hamburg und die anderen beiden wieder in Berlin. Spiele ich also in Berlin, werden sie natürlich eingeladen und umgekehrt dasselbe. Wir schicken uns natürlich auch unsere Platten zu. Wir waren die letzten zwei oder sogar drei Jahre extrem viel zusammen, sodass man sich erst einmal nicht so vermisst (lacht). Farin kenne ich ja schon mehr als 30 Jahre und das ist schon eine verdammt lange Zeit. Wir haben noch im Kinderzimmer angefangen mit Kassettenrekordern aufzunehmen, das kann man sich ja kaum mehr vorstellen.


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