Interview: Audrey Horne - Toschie

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„Um die nächsten STEEL PANTHER zu werden, müssten wir definitiv mehr Songs übers Ficken schreiben, haha.“

Toschie ist Sänger bei einer Combo, die irgendwo zwischen STEEL PANTHER und VAN HALEN zuhause ist und deren bisheriger Höhepunkt der Tag war, an dem sie feststellten, dass ihr Drummer nicht Lars Ulrich ist. Na dann... Auf zum verstrahlten Interview mit dem AUDREY-HORNE-Frontmann!

Text: symX
Veröffentlicht am 23.09.2014

Während die Jungs auf dem Vorgängerwerk „Youngblood“ noch in sämtlichen Dekaden der Rock- und Metalgeschichte herumwilderten, ist man auf „Pure Heavy“ nun definitiv in den 80ern hängengeblieben. Da wird sowohl textlich als auch musikalisch kaum ein Klischee ausgelassen, wobei es immerhin nicht in eine Selbstparodie wie bei STEEL PANTHER ausartet. Auch Sänger Toshie sieht seine Combo nicht in dieser SPINAL-TAP-Ecke: „Wenn wir etwas gemeinsam mit denen haben, dann ist es höchstens die Liebe zu diesem Musikstil und dass wir die ganze Sache ebenfalls nicht so bierernst nehmen. Diese ganze verbohrte „ich-bin-voll-der-böse-harte-Rocker“-Attitüde finde ich ohnehin total ermüdend. Aber um die nächsten STEEL PANTHER zu werden, müssten wir definitiv mehr Songs übers Ficken schreiben, haha.“

„In vielen Belangen ist „Pure Heavy“ eine direkte Fortsetzung vom Vorgängeralbum „Youngblood““, ist sich Toschie sicher. „Wir haben sowohl musikalisch als auch was die Stimmung anbelangt einen ähnlichen Geist verfolgt, als wir die Songs schrieben und das Album aufnahmen. Es hat denselben Feel-Good-Classic-Rock-Vibe, so dass ich davon ausgehe, dass jemand der „Youngblood“ mochte, auch mit „Pure Heavy“ glücklich sein wird! Ich bin auch nicht unbedingt der Meinung, dass „Pure Heavy“ viel mehr nach den 80ern klingt als „Youngblood“. Dieses 80’s-Feeling kam allenfalls während der Produktionszeit hinzu, beabsichtigt war es jedoch nicht. Wir waren im Studio dieses Mal nämlich in einer richtigen VAN-HALEN-Stimmung, das will ich auch gar nicht abstreiten, haha. Seit unserem Debüt „No Hay Banda“ hat sich viel verändert in der Welt und so ist es nur natürlich, dass auch wir uns verändern, sowohl als Band als auch als Individuen.“

„Auch unsere Arbeitsweise im Studio hat sich seit unseren Anfangstagen komplett geändert“, ergänzt Toschie. „Damals hat noch jeder seine Spuren einzeln aufgenommen und wir mussten nicht einmal alle anwesend sein. Die letzten zwei Alben haben wir dagegen alle gemeinsam live aufgenommen und lediglich die gröbsten Schnitzer nachbearbeitet. Wir haben auch viel weniger Overdubs gemacht und das Ganze natürlicher und echter belassen. So macht der Aufnahmeprozess viel mehr Spaß und es macht uns insgesamt zu einer besseren Band!“

„Ein weiterer Unterschied ist zudem, dass wir erstmals mit zwei Produzenten gleichzeitig gearbeitet haben,“ erzählt Toschie weiter. „Aber das hat sich eher zufällig so ergeben. Jörgen Traeen hatte auf „Youngblood“ bereits den Mix gemacht und Iver Sandöy war als Soundingenieur beteiligt. Die Idee war, dass wir auch auf unserem neuen Album mit ihnen zusammenarbeiten wollten. Es war dann aber ihr Vorschlag, dass sie das Ganze doch co-produzieren könnten. Und das hat dann auch sehr gut geklappt. Sie haben viele Gemeinsamkeiten und gleichzeitig sind sie sehr verschieden. Klar kann es mit zwei Produzenten zusätzlich schwierig sein, bei auseinandergehenden Meinungen eine Einigung zu erzielen. Aber wir haben uns in den vergangenen Jahren stetig verbessert, was das Zuhören und Argumentieren untereinander anbelangt, so dass wir keine Probleme hatten uns zu finden.“

„Dass wir das Album „Pure Heavy“ nennen, hat eine längere Vorgeschichte“, erzählt Toschie auf Nachfrage. „Eigentlich hat alles mit einem Witz begonnen. In unserem Musikerfreundeskreis in Bergen wurde Heavy Metal seit langem nur noch „Heavy“ genannt. Bereits als wir Kinder waren, sprachen wir bei dieser Musik nur von „Heavy“. Im Studio hat sich diese Redeweise fortgesetzt und jeder sagte Zeugs wie „Ist das heavy?“ oder „Das klingt heavy!“. Und als wir dann begonnen haben uns über einen Albumtitel Gedanken zu machen, meinte Espen, wir sollten die Scheibe „Heavy“ nennen, oder noch besser „Pure Heavy“. Am Anfang haben wir diesen Gedanken nicht so ernst genommen und es eher als Witz angesehen. Aber je länger wir darüber nachgedacht haben, desto natürlicher hat es sich angefühlt, so dass wir uns schließlich dafür entschieden haben, zumal es auch die tolle Zeit wiederspiegelt, die wir im Studio hatten. Es ist was es ist und es ist „Pure Heavy“!“

Eher weniger heavy, dafür umso mühsamer empfindet Toschie dagegen den Business-Part im Musikerberuf: „Also wenn man als Musiker am Anfang einer Karriere steht, probiert man das meiste selbst zu machen. Bei uns hat das aber schnell viel Unruhe und Probleme in die Band gebracht. Glücklicherweise haben wir uns dann dafür entschieden, den Businesskram den Leuten zu überlassen, die wirklich etwas davon verstehen und uns aufs Songwriting und Aufnehmen zu konzentrieren. Wir haben uns zudem gesagt, dass wir den Rest, der noch so dazu gehört, wie Fotoshooting, Interviews, Reisen etc. so angehen, dass der Spaß an der Sache erhalten bleibt. Ich denke, diese Freude hat sich direkt auf „Youngblood“ und „Pure Heavy“ ausgewirkt und dazu geführt, dass wir insgesamt eine bessere und glücklichere Band geworden sind! Das einzige was uns nach wie vor auf den Sack geht, sind Flughäfen! Ich denke, die wurden vom Teufel geschaffen um uns in den Wahnsinn zu treiben!“

Toschie fühlt sich offensichtlich nicht nur in musikalischer Hinsicht in der Vergangenheit wohler – auch die Entwicklung des Musikmarktes in den letzten Jahren betrachtet er mit sehr gemischten Gefühlen: „Natürlich ist das Internet Fluch und Segen zugleich für die Combos. Einerseits kann jeder deine Musik klauen, an der du mit viel Einsatz und Leidenschaft gearbeitet hast. Andererseits ist es die Chance für eine unbekannte Band, so ihre Musik unter die Leute zu bringen. Und insgesamt hat es den Major Labels etwas von ihrer Macht entzogen, was dringend nötig war!“ Aber ich finde es schlicht traurig, dass die Kids heutzutage das Gefühl haben, es sei nicht notwendig für Musik zu bezahlen. Ich kaufe viel auf Vinyl – die Kids wissen nicht einmal was sie hier verpassen!“

AUDREY HORNE sind mittlerweile seit mehr als eine Dekade unterwegs, was Toschie zum Anlass nimmt, Bilanz zu ziehen: „Tiefpunkte hatten wir glücklicherweise nicht viele. Auf der Habenseite stehen die geilen Tourneen. Wir haben viele tolle Leute getroffen und einige gute Alben geschaffen. Aber einen einzelnen Höhepunkt herauszupicken fällt mir eher schwer. Vielleicht als wir herausfanden, dass unser Gitarrist Thomas nicht in ALICE IN CHAINS spielt und unser Drummer nicht Lars Ulrich ist… das war ein guter Tag, haha! Wir freuen uns auf alle Fälle schon extrem auf die kommende Europatour, damit wir den Leuten endlich zeigen können, um was es bei dieser „Pure Heavy“-Sache eigentlich geht. Wenn immer ihr irgendwo lest, der Rock sei tot, dann wird „Pure Heavy“ für euch da sein um euch zu sagen, dass Rock immer noch voller Energie ist und lebt!“


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