Interview: Stratovarius - Timo Kotipelto

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"Matias kam einen Tag einfach mal auf mich zu, drückte mir eine Demo in die Hand und sagte “Schreib mal die Lyrics.”"

Mit "Eternal" wollen sich Stratovarius unsterblich machen und das ist natürlich Grund genug, sich Sänger Timo Kotipelto mal zur Brust zu nehmen!

Text: Sonata
Veröffentlicht am 09.09.2015

Hey Timo! Zuerst möchte ich mich bedanken, dass du es zeitlich einrichten konntest. Ich weiß ja, dass ihr euch gerade ohnehin auf einer Promotour befindet. Daher vielen dank! Kommen wir zum Hauptthema. STRATOVARIUS releasen im September ein neues Album namens “Eternal”, welches euch grandios gelungen ist. Man hört euch das Herzblut, das ihr in das Album gesteckt habt, förmlich an. Habt ihr den Titel bewusst gewählt, um den Fans etwas Spezielles mitzuteilen? Die Band musste ja einige Schwierigkeiten in der Vergangenheit bewältigen.

Das freut mich zu hören! Ich denke genauso um ehrlich zu sein. Es ist lange her, dass dieses Gefühl in der Band vorherrschte. Es war ein langer Weg. Mit dem letzten Album „Nemesis“ haben wir ein bisschen Vertrauen der Fans zurückgewonnen, die eventuell etwas enttäuscht waren durch den ganzen Shit, der in der Vergangenheit passiert ist. Kommen wir aber zum Albumtitel zurück. Witzig war hier, dass das Cover schon ca. ein Jahr zuvor in roher Form fertig war, sodass klar war, dass wir “demnächst” eine neue Scheibe aufnehmen würden, aber da wir nicht genug Songs zusammen hatten, kam das noch nicht infrage. Wir brauchten schlichtweg mehr Zeit für's Komponieren weiterer Tracks. Der Arbeitstitel des Albums war nicht derselbe, aber ca. ein Jahr später, was sich auf den Mai 2015 datiert, war ich mit den Vocals fast fertig und Matias war dran, das Teil zu mixen etc.. Anschließend haben wir darüber nachgedacht, was für ein Titel dem Album gut zu Gesicht stehen würde. Wir hatten dann einen Facebook Chat innerhalb der Band, in dem jeder etwas Anderes vorgeschlagen hat. Letztendlich landeten wir irgendwie bei „Eternal“. Ich glaube, dass uns da eine Art „Fluch“ ereilt…Wenn du mal genau schaust, bestehen alle unserer letzten Albumtitel aus exakt sieben Buchstaben…“Polaris“, „Elysium“, „Nemesis“ and now „Eternal“. Irgendwer hat mir zuletzt sogar erzählt, dass es bereits das siebte Mal ist, dass eines unserer Alben aus sieben Buchstaben besteht. Vielleicht überlegen wir uns da für das nächste Album mal was anderes, es ist einfach so passiert. (lacht)

Zwei Jahre sind vergangen, nachdem ihr “Nemesis” veröffentlicht habt und ich weiß, dass ihr nach der anschließenden Tour eine Pause eingelegt habt. Jens und du haben allerdings auch an der neuen CAIN'S OFFERING Scheibe „Stormcrow“ mitgewirkt. Hat euch das in positiver oder negativer Hinsicht beeinflusst, was die Arbeiten an „Eternal“ anbelangt und habt ihr vor, ein Teil dieses Projekts zu bleiben? Es hat ja immerhin ganze sechs Jahre gedauert, ehe Jani nun mit „Stormcrow“ um die Ecke kam.

Ich war ja auch 2009 schon dabei wie du weißt. Jani und ich haben ja zwischendurch auch noch dieses Akustikding namens „Blackoustic“ gemacht. Es war ja dann irgendwie klar, dass ich bei „Stormcrow“ auch mitmachen würde und Jani’s Idee war es im selben Zuge auch, dass Jens prinzipiell das Keyboard übernehmen könnte. Eigentlich sollte „Eternal“ ja bereits Ende letzten Jahres fertig sein, aber da das nicht der Fall war, haben wir in der Zeit das CAIN'S OFFERING Material aufgenommen, womit wir im Januar dann fertig waren. Aber…was war jetzt eigentlich nochmal die Frage? (lacht)

Die Frage war, ob Jens und du damit plant, ein Part von CAIN'S OFFERING zu bleiben?

Naja, wenn wir alle sechs Jahre ein Album machen, ist das ja keine große Bürde (lacht). Natürlich hat STRATOVARIUS Priorität und wir machen dieses Jahr auch keine CAIN'S OFFERING Shows, weil wir da erst mit STRATOVARIUS unterwegs sein werden. Vielleicht machen wir da nächstes Jahr was. Es ist aber auch eine Art Gefallen, den wir Jani da schulden. Er hat uns sehr oft geholfen und mit mir zusammen auch viel für „Eternal“ komponiert. Gleichzeitig hat er mit mir dann auch die Vocals für „Eternal“ aufgenommen.

Kommen wir wieder auf Stratovarius zu sprechen. „Eternal“ ist das vierte Album nach der Timo Tolkki Ära, wenn ich sie denn mal so nennen darf. Wenn du mich fragst, wirkt die Band stärker denn je und es ist für mich undenkbar, dass diese Band so schnell von dannen ziehen wird. Kannst du mir was über die vergangenen sechs Jahre erzählen seit dem Release von „Polaris“? Was ist mit der Band so passiert?

Ja, das sehe ich ähnlich. “Polaris” ist die Platte, die diese Band quasi auch gerettet hat. Nachdem Timo weg war und sich alles in einer gewissen Schwebe befand, war das nicht einfach. Klar, ich wollte unbedingt weiterhin Musik mit den Jungs machen, aber dafür brauchten wir auch einen neuen, fähigen Gitarristen. Das war Matias! Nicht nur, dass er ein Genie an der Gitarre ist, er ist auch ein Experte im Bereich Produktion etc.. Bei „Elysium“ hat er auch schon einen Teil zum Mixing beigetragen, aber „Nemesis“ war letztlich die erste Scheibe, bei der er alles komplett übernommen hat. Das war in meinen Augen gleichzeitig auch das Album, mit dem wir das Vertrauen der Fans zurückgewinnen konnten. Sie haben mit diesem Release gemerkt, dass sich alles um die Musik dreht und nicht um den Bullshit, der in der Vergangenheit passiert ist. Wir waren mit „Nemesis“ auch extrem lange Konzert-mäßig unterwegs und das hat auch einen großen Teil dazu beigetragen, dass wir wieder zu so einer Einheit verschmolzen sind. Wir haben auch einfach Jungs in der Band, die gefühlt jedes Instrument bedienen können. Aus der Perspektive eines Sängers ist das natürlich ein extrem positiver Faktor bezogen auf's reine Komponieren. Für das neue Album haben wir insgesamt ca. 3 Monate gebraucht. Ich selbst musste ungefähr fünf Wochen für die Vocal Recordings in Anspruch nehmen, weil wir zwischendurch sogar weitere Lyrics geschrieben haben. Außerdem sind die Melodien in manchen Songs relativ komplex, schwierig zu singen usw.. Das brachte sehr großen, mentalen Schmerz und einige Schweißausbrüche mit sich. (lacht) Ich meine: Viele denken, dass die Aufnahme einer neuen Platte so einfach ist wie ein Spaziergang durch den Park oder wie die Tatsache, gutes deutsches Bier zu trinken. Wenn dem so wäre, dann würden wir 10 Alben pro Jahr machen! Es ist einfach beschissen viel Arbeit, aber wir sind natürlich heilfroh, wenn sich das durch positives Feedback bezahlt macht. Wir sind im Prinzip nie hundertprozentig sicher, ob die Songs gut genug sind, deswegen realisieren wir das im Endeffekt auch erst mit positiver Resonanz seitens unserer Fans oder diversen Reviews.

Werdet ihr “Shine In The Dark” vorab als Single mit Video veröffentlichen?

Das ist genau das, worüber ich mit den Jungs zuletzt geredet habe. Ich persönlich finde „Shine In The Dark“ richtig stark und halte die Nummer auch für eine sehr sehr gute Single. Allerdings lief der Song ja nun bereits im Radio, weswegen die Jungs der Meinung sind, dass wir da was anderes machen müssen. Ich persönlich würde bei dem Song bleiben und dazu natürlich auch liebend gern ein Video drehen.

Da mich deine Meinung bezüglich dessen interessiert, muss ich diese Frage mal in den Raum stellen. Was denkst du über Timo Tolkki’s neue Projekte wie AVALON etc.?

Ich habe ehrlich gesagt nicht so viel von dem gehört, was Timo in der Vergangenheit so gemacht hat. Mir ist da was zu Ohren gekommen, bei dem er mit einer relativ unbekannten Sängerin zusammengearbeitet hat und das war…nicht so gut. Allerdings weiß ich sonst nicht so viel über seine Projekte und möchte mir da kein Urteil erlauben. Jens hat ihm im Januar eine Mail geschrieben, wie es ihm so geht usw.. Er hat nie eine Antwort bekommen, das sagt denke ich mal genug aus.
 

Ich bin ein großer STRATOVARIUS-Fan, aber da finnische Bands scheinbar eh einen großen Platz bei mir einnehmen, bin ich natürlich auch großer Anhänger von SONATA ARCTICA. Besteht die Möglichkeit, dass du mit Tony jemals ein Duett aufnehmen wirst?

Ich habe ja damals vor allem auf der “Silence” Scheibe einige Backing Vocals für die Band aufgenommen, aber danach haben wir nicht mehr so viel zusammen gemacht. Spielen SONATA ARCTICA denn noch Power Metal? (lacht) Also ich sage nicht, dass so ein Duett niemals passieren wird, aber Stand jetzt gibt es keinerlei Gedanken in diese Richtung. Tony macht ja auch relativ viele verschiedene Dinge mit seiner Truppe, ist ein weitaus besserer Songwriter als ich und das bezieht sich auch auf den Gesang. Mal sehen!

„Lost Saga“ ist für mich persönlich der beste Longtrack, den ich von STRATOVARIUS bis hierhin gehört habe, er hat mich von der ersten Sekunde an komplett beeindruckt. Wer hat den Track geschrieben? Ich mag dieses atmosphärisch sich langsam aufbauende Intro, die sehr energetischen Strophen und natürluch den extrem epischen Chorus. Wie kam der Track zustande?

Na da kann ich dir was schönes zu erzählen…Matias kam einen Tag einfach mal auf mich zu, drückte mir eine Demo in die Hand und sagte “Schreib mal die Lyrics.” Ich stand da nur perplex, hab mir das Spektakel noch am selben Tag angehört und dachte nur „What the fuck…“. Ein 10-minütiges Instrumental mit wirren Melodien (gibt ein paar lustige Geräusche von sich) und durchaus insgesamt ein ziemlich untypischer Song für unsere Verhältnisse. Ich hab erstmal lange gebraucht, die Struktueren des Songs zu verstehen, aber mit der Zeit hat das dann geklappt…Lyrisch orientiere ich mich da an einer Wikingergeschichte, was wir bei Stratovarius ja bisher noch NIE in irgendeiner Form gemacht haben. Das ist schon was spezielles und ich bin mit dem Endprodukt mehr als nur zufrieden. Die anfängliche Skepsis wandelte sich sehr schnell in Euphorie um.

Mit Matias habt ihr ja wie du selbst schon sagtest einen Typen in der Band, der in Sachen Produktion so einiges drauf hat. Siehst du Vorteile darin, dass ihr mit ihm einen internen Produzenten nutzen könnt oder gibt es eventuell auch Vorteile, wenn das jemand von außerhalb übernimmt?

Wenn du mich das so fragst, kann ich das nur schwer beantworten. Ich habe nie mit einem externen Produzenten zusammengearbeitet. Vorher war es immer Timo Tolkki und anschließend Matias. Das hat auch immer sehr gut funktioniert, zumal du als Bandmember jederzeit Input geben kannst. Klar, ein externer Produzent hat sicherlich auch diverse Vorteile, aber ich selbst kann jetzt nur davon sprechen, dass unsere Situation sehr gut ist!

Damit wären wir dann auch schon am Ende! Herzlichen Dank für das sehr informative Interview Timo! War mir eine Ehre. Ich wünsche euch alles gute mit „Eternal“ und werde euch sicherlich live bestaunen.

Ich hab' zu danken! Hat mir sehr viel Spaß gemacht! Wir sehen uns!
 

 


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