Interview: PAPA ROACH - Tony Palermo

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Wenn du an etwas glaubst, dann ist das schön, glaub daran. Aber das gibt dir nicht das Recht andere zu verletzen oder gar zu töten.

Vor dem abrupten Tourabbruch sprach Tony von PAPA ROACH mit uns über seinen Weg zur Band, die Tour mit FIVE FINGER DEATH PUNCH, seine heimliche Vorliebe für PINK und seine Ängste gegenüber den Geschehnissen in Paris.

Text: Lora
Veröffentlicht am 04.12.2015

Tony, du wurdest 2007 gefragt, ob du als Ersatz für Dave Buckner live Schlagzeug spielen würdest und bist der Band danach auch permanent beigetreten und somit das neuste Mitglied der Band. War es für dich schwierig dich einzufügen, da der Rest doch fast seit der Gründung 1999 gemeinsam unterwegs ist?

Ich kam zur Band, als sie gerade mit dem Album „The Paramour Sessions” unterwegs waren. Ich wurde mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen, ich habe die Band kennengelernt, gleichzeitig aber wirklich große Shows mit ihnen gespielt. Ich war absolut überrascht wie hart sie waren. In dem Jahr habe ich dann zwei Touren mit PAPA ROACH gespielt, aber es war absolut cool und aufregend. Mit meiner Band lief es zu dem Zeitpunkt nicht so gut, wir haben nicht mehr viel gemacht, also war es für mich eine absolut gute Chance, mit PAPA ROACH unterwegs zu sein und zu spielen.

 

Hattest du Erwartungen, wie es für dich mit PAPA ROACH laufen würde und wurden diese auch erfüllt?

Als ich dann bei der Band war ging es eigentlich auch sofort ans Schreiben und ins Studio. Live zu spielen ist die eine Sache, Songs miteinander zu schreiben die andere. Das Ding ist, wenn du Songs schreibst ist das an sich eine sehr persönliche Sache. Das war dann gleich wieder eine Art Test um zu sehen, wie gut ich zur Band und den Shows passe. Aber wir hatten eine gute Zeit im Studio, haben so ein paar Monate miteinander verbracht und eben „Metamorphosis“ geschrieben. Es war echt gut, ich habe es ziemlich genossen und mich ziemlich gut eingebunden gefühlt. Es war eine wirklich positive Erfahrung.

 

„Metamorphosis“ war dein erstes Album mit PAPA ROACH, danach folgten noch drei weitere Alben. Was ist in deinen Augen die größte Veränderung innerhalb der Band, seit du dabei bist?

PAPA ROACH waren für mich schon immer eine Band, die sich vom ersten Album an stets entwickelt hat, wie zum Beispiel im Hinblick auf die Songs, den Sound, den Style – das war immer ein kontinuierlicher Teil der Entwicklung und Veränderung. Es gab nie den Fall, dass sich Alben stark ähneln, wir achten immer auf neue Ideen und Einflüsse.

 

Ich habe mit Tobin vor knapp einem Jahr gesprochen, als ihr auf eurer Album-Release-Tour wart. Wir haben auch über andere Musiker gesprochen, wie eben IN THIS MOMENT, die bei Kevin Churko im Studio aufgenommen haben. Kam daher auch die Idee, mit FIVE FINGER DEATH PUNCH auf Tour zu gehen?

Wir haben schon vorher Shows mit FIVE FINGER DEATH PUNCH gespielt. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr wann wir die Idee hatten diese Tour jetzt mit ihnen zu machen, aber ich weiß, dass sie über eine Tour nachgedacht haben. Timing spielt da eine ganz wichtige Rolle, unser neues Album kam ja erst dieses Jahr raus, wie auch deren neues Album. Normalerweise geht sowas von unserer Booking Agentur aus. Aber als wir im Studio in Las Vegas waren, da waren eben auch IN THIS MOMENT da. So kam‘s dazu, dass Maria Brink mit auf unserem Album ist. Wir haben ihr den Song „Gravity“ gezeigt und sie fand ihn ziemlich gut. Wir haben dann im Studio beschlossen, dass es passen würde, „Gravity“ wirklich mit einer Frau aufzunehmen und mit Maria hat das gut gepasst. Ich habe davor lange überlegt, wen wir dafür fragen könnten. PINK hätte ich ziemlich cool dafür gefunden! Sie hat eine unglaublich krasse Stimme, aber letztendlich haben wir außer Maria niemanden gefragt. Wir kennen sie ja auch schon länger und sie war auch gerade im Studio.

 

Wie lief denn das letzte Jahr so, seit das neue Album veröffentlicht wurde? Also wie lief es mit dem Verkauf, den Konzerten, etc.?

Die Shows waren super! Wir haben dieses Jahr auf einigen der größten Festivals der Welt gespielt. In den USA gibt es immer mehr neue Festivals, die zum Teil von Freunden von uns organisiert werden, die das echt gut machen. Das sind auch Festivals in diesem Euro-Style, also über mehrere Tage. Dann waren wir ja im Sommer in Europa auf vielen großen Festivals. Zum Beispiel auch hier in Österreich beim Nova Rock, was auch wieder super war. Aber ich habe relativ wenige Erwartungen, vor allem auch im Hinblick auf den Verkauf von Alben. Das sind Dinge, die sich sehr schnell verändern können und teilweise kaum vergleichbar sind. Ich weiß auch gar nicht wie oft „F.E.A.R.“ verkauft wurde, ich erhoffe mir bei sowas auch nicht wirklich was, dann kann ich nicht enttäuscht werden.

 

Was ist dein persönlicher Lieblingssong auf dem Album und warum? Und was ist der Song, der beim Publikum am besten angekommen ist?

Die Entscheidung ist nicht leicht, ich schwanke zwischen „Face Everything And Rise“, also dem ersten Song, und „Broken As Me“. „Face Everything And Rise“ ist einfach der Intro-Song und hat somit eine ganz andere Wirkung, weil es einfach der erste Song ist, den man spielt. Aber ich mag auch „Broken As Me“, weil der Song schwerer klingt. Ich habe mich beim Aufnehmen im Studio nicht so mit dem Song befasst, aber als wir ihn live gespielt haben, fand ich ihn wirklich sehr gut! Mir ist aufgefallen, dass sehr viele Leute „Gravity“ mögen. In den USA hatten wir bei unserer Tour in den letzten Wochen neben FIVE FINGER DEATH PUNCH auch noch IN THIS MOMENT dabei. Maria Brink war dabei, kam dann bei dem Song auf die Bühne und hat ihn live gesungen. Ich finde das noch besser als den Song einfach so zu spielen, wenn da plötzlich diese Frau mit auf die Bühne kommt.

 

Soweit ich das mitbekommen habe seid ihr abgesehen von ein paar kleinen Pausen seit über einem Jahr auf Tour. Ihr habt alle Familie zu Hause, wird es nicht irgendwann unglaublich schwer weiter zu reisen und von einer Tour in die nächste zu starten? Hat das auch etwas mit dem 15-jährigen Jubiläum von „Infest“ zu tun?

Ja, also momentan fällt es mir schon schwer so viel unterwegs zu sein. Es ist einfach immer viel los und die Tour neigt sich dem Ende zu. Wir brauchen einfach mal eine Pause, wollen über Weihnachten zu Hause sein. Für nächstes Jahr haben wir noch nicht viel geplant, wir werden vielleicht ein paar Shows spielen, aber vermutlich keine großen Touren machen. Wir haben „Infest“ zum Jubiläum in London gespielt, da haben wir auch überlegt, ob wir vielleicht eine ganze Tour dazu machen. Wir fanden die Idee ganz nett, aber fanden es dann doch besser andere Songs zu spielen.

 

Ihr habt ein Video zu „Gravity“ veröffentlicht, eben über eure Tour in den USA. War es geplant oder abgesprochen, dass auch FIVE FINGER DEATH PUNCH ein Video zur Tour machen?

Wie? Die haben auch ein Video veröffentlicht? Wann? War das auch auf der Tour mit uns in den USA?

Ja, zu „Wash It All Away“. Das sollte in etwa zum gleichen Zeitpunkt wie eures veröffentlicht worden sein.

Gut, davon weiß ich nichts, da muss ich mal nachschauen. Zufall? Ich weiß es nicht.

Ich muss schon sagen, für die, die noch warten bis ihr bei ihnen in der Nähe spielt, sorgt das Video schon für sehr viel Vorfreude. War das Taktik?

Wir wollen nicht schon vorher zu viel verraten, denn wir wollen ja die Fans bei den Shows sehen und sie auch überraschen. Aber es hat schon was, wenn die Fans dadurch schon ganz aufgeregt sind. Wir filmen viel unterwegs, vor allem dieses typische „daily life on the road“. Wir sammeln das Material gerne und lassen die Fans dann immer mal wieder etwas davon sehen. Es interessiert die Leute einfach, was wir so machen, wenn wir nicht auf der Bühne stehen. Viel macht da auch das Internet aus: Die Leute stehen auf und wollen sich sofort informieren was los ist, was sich so tut, was neu ist… solche Videos sind da sehr passend.

 

Vor der Tour gab es ja die Möglichkeit, online zu voten wo ihr spielen sollt. Dabei haben 1,5 Millionen Leute abgestimmt, die euch unbedingt in Europa sehen wollten und es gab eine erneute Abstimmung, wo ihr dort spielen sollt. Würdet ihr sowas wieder machen oder war das nur mal ein Versuch?

Die Idee war wirklich lustig und hat die Fans angezogen. Jeder wollte abstimmen, um uns in seiner Stadt zu sehen. Wir haben das für die Tour in den USA gemacht und eben auch für Europa. Ich denke, wir sollten das wirklich öfter machen. Ich fand’s wirklich cool!

 

Viele Bands erwähnen immer wieder, wie wichtig Social Media für Bands und Promotion im Musikbusiness ist. Aber ich glaube, bei euch ging mit eurer Facebook-Seite einiges schief in den letzten Wochen. Ihr wurdet gehackt, oder?

Oh Gott, ja! Das ist uns jetzt leider schon mehrmals passiert. Dann wurde auch noch Jerrys eigener Account gehackt. Ich frage mich wirklich, ob diesen Leuten einfach langweilig ist und sie keinen Job haben. Es nervt einfach, wenn solche Leute Fans von Bands damit belästigen. Wir kriegen dann wieder Mails von Leuten, die uns erklären, dass die Seite schon wieder gehackt wurde und wollen nicht glauben, dass es schon wieder passiert ist. Die letzten zwei Mal war es ja auch noch der gleiche Typ, der das gemacht hat.

 

Können wir über die Anschläge in Paris reden? Ihr habt, kurz nachdem bekannt wurde, dass die Geiselnahme beim Konzert der EAGLES OF DEATH METAL war, auf Facebook gepostet und damit sehr schnell auf die Geschehnisse reagiert. Ist es euch wichtig, in dieser Hinsicht involviert zu sein?

Ich finde es ist wichtig als Band zu zeigen, dass wir uns auch mit sowas befassen, immerhin geht es um Menschen. Wir sind mit den EAGLES OF DEATH METAL gut befreundet. Als das alles passiert ist haben wir gerade eine Show gespielt, wir sind dann von der Bühne gekommen und haben das mitbekommen. Ich habe dann versucht deren Bassisten zu erreichen, das hat aber nicht funktioniert und ich habe mir wirklich viele Sorgen darüber gemacht, ob es ihnen gut geht. Ich habe mich gefragt ob sie da rausgekommen sind oder ob ihnen etwas passiert ist. Die ganze Situation war sehr unangenehm für uns, wir konnten nur schwer verstehen, was passiert war. Wenn du an etwas glaubst, dann ist das schön, glaub daran. Aber das gibt dir nicht das Recht andere zu verletzen oder gar zu töten. Es ist so unglaublich traurig. Wir posten nicht viel in dieser Hinsicht, aber wir wollten unsere Anteilnahme mit den Leuten in Paris zeigen und eben, dass wir uns damit befassen. Das finden wir wirklich wichtig.

 

Eigentlich hättet ihr letzten Sonntag in Paris gespielt, habt das Konzert aber am Samstag abgesagt. Sind die Anschläge für euch Gründe, anders mit den Konzerten umzugehen? Spielt da jetzt Angst oder ein gewisser Respekt mit?

Nach der abgesagten Show in Frankreich haben wir in Amsterdam gespielt. Ich muss zugeben, das war ziemlich nervenaufreibend auf der Bühne. Da sind um die 5.000 Leute in der Halle, um die Show zu sehen und du kannst einfach nicht anders als zu überlegen, dass so ein Anschlag wieder passieren könnte. Es ist so aufregend auf die Bühne zu gehen und zu spielen, du spürst das Adrenalin dabei. Nur dann wird das eigentliche Zusammenbringen von Leuten um zu feiern mit Angst konfrontiert. Die Leute stehen da und freuen sich, Bands spielen zu sehen, die sie mögen, aber dann kommt dieses ungute Gefühl dabei dazu. Ich glaube aber für mich persönlich würde es sich anders anfühlen, wenn ich zu Hause wäre. Wir spielen noch ein paar Shows und sehen, welche anderen Bands ihre Touren abbrechen während wir weiterhin spielen. Wir hören oft, dass wir doch einfach besser nach Hause kommen sollten. Aber eigentlich wollen wir uns nicht so davon abschrecken lassen, nicht mehr zu spielen. Wir wollen den Leuten die Chance geben, auszugehen und zu feiern. (Wenige Tage nach dem Konzert im Wiener Gasometer haben sich PAPA ROACH, im Gegensatz zum Headliner FIVE FINGER DEATH PUNCH, dazu entschlossen, ihre Tour aufgrund von Sicherheitsbedenken abzubrechen und in ihre Heimat USA zurück zu reisen- Anm. d. Red.)

 

Vielen Dank für deine Zeit! Möchtest du noch etwas sagen?

Vielen Dank für den Support, für den wir wirklich sehr dankbar sind. Wir sehen das jeden Abend bei den Shows, diese Freude bei den Fans uns spielen zu sehen, das bedeutet uns sehr viel. Also dranbleiben!


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