Interview: CALL THE MOTHERSHIP - Jörg Varga, Sid Schellander, Michael Svaton, Thomas Feanis, Michael Schachinger

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Eskapismus.

Am 13.3.16 präsentierten CALL THE MOTHERSHIP ihre allererste Single, seit dem Eintritt der Dizephalie in der Vokalgegend. Nein, nein, es gibt kein neues zweiköpfiges Mitglied in der Gruppe, aber immerhin ein einköpfiges, welches sich jetzt mit Patrick Kubin die Schreierei teilt, mehr dazu im Text..

Veröffentlicht am 18.03.2016

Passend zum neuen Album werdet ihr jetzt ge-mailer-interviewed, das neue Material durfte ich ja schon auschecken und das ist fett, fett, fett!

Jörg: Danke für das Kompliment, freut uns echt zu hören!

Wieso habt ihr euch entschieden, jetzt mit zwei Sängern an den Start zu gehen?

Sid: Irgendwann, in einem geistlosen Moment, hat mich Jörg via Playstationparty während eines Destiny-Raids gefragt: „Hey, Sid! Hast ned Bock mal vorbeizukommen zum Singen?“ Ich natürlich gleich: „Ja, klar! Warum den nicht?“ Warum sie sich damals dazu entschieden haben, fällt mir nur ein Leitspruch ein: „ Moar vocals means moar vocals!“ That‘s it.

War die Entscheidung Sid ans Mikro zu holen schwer? Warum genau er? Wie findet ihr lauter spaceverrückte Musiker?

Jörg: Die Entscheidung ist uns sehr leicht gefallen, da ich Sid jetzt schon geraume Zeit kenne und ihn mit FOREVER THE FAILURE und LOST IN ASTORIA bereits live in Aktion erlebt habe, was mehr als nur überzeugend war. Er ist mit viel Leidenschaft und Energie dabei, er scheut es nicht, an sich zu arbeiten und nimmt Kritik sehr gut auf und verwertet diese, um einen besseren Sänger, Frontmann und Crewman aus sich zu machen.

Wann kann man mit einem neuen Album rechnen?

Schachinger: Wir sind Ende Mai in Norbert Leitners neuem Studio, der, genauso wie wir, schon sehr gespannt auf das Endergebnis ist. Wir werden jedenfalls mit 100% an die Sache herangehen, sollten gewisse Parts aber länger als gedacht dauern, werden wir uns da nicht hetzen lassen, aber dieses Jahr wird es den Release geben.

Man merkt, das ihr euch von den Studiospielereien entfernt, kann man dann in naher Zukunft also auch einen Gig erwarten?

Svaton: An Spielereien und experimentierfreudiger Finesse mangelt es auch am kommenden Album nicht. Wir fokussieren uns momentan auf den Release unserer Single und das Finalisieren unseres neuen Albums. Ob und wie wir unsere Musik und unser Konzept live umsetzen, bleibt eine spannende Frage für die nicht allzu ferne Zukunft.

„Lights: Out“ ist ein sehr düsteres Lied, auch von düsterer Instrumentierung und einem sehr bösen Musikvideo begleitet, seid ihr jetzt endgültig der Dark Side gejoined?

Feanis: Es geht weniger darum aktiv die dunkle Seite zu wählen, als darum, dass einem die dunkle Seite „passiert“. „Lights: Out“ ist der Kontrollverlust in einem Sturm und wir sind im Auge des Sturmes, um es dramatisch auszudrücken. Rückblickend auf unser erstes Album und den Spark of Light, ist jetzt nicht mehr die Anwesenheit des Sparks charakteristisch, sondern seine Abwesenheit. „A spark is all that’s needed“ und jetzt ist besagter Spark futsch. Wir sind also nicht der dunklen Seite beigetreten, sie hat uns gefunden. Stell dir vor, du bist gerade auf einer Reise und deines Pfades sicher und wirst plötzlich ins Chaos geschmissen. Die Lichter werden ausgedreht und du stehst im Dunkeln. Lights out.

Auch das Artwork der Single ist bedrohlich und böse, schwarz und rot, ebenfalls Farben der Sith und erinnert irgendwie an eine Viper oder einen Drachen, was wollt ihr damit ausdrücken?

Feanis: Es ist ja nichts so, als würde ich (oder alle anderen der Crew) eine Anspielung auf Star Wars nicht cool finden, aber das ist eigentlich nicht unsere Absicht. Das Artwork sieht bedrohlich aus, weil es sich um eine bedrohliche Thematik handeln. Der Song ist düster, weil es sich um eine gefährliche Situation handelt. Was das Artwork ausdrücken soll, ist, dass es sich bei „Lights: Out“ nicht mehr um die Thematiken des ersten Albums drehen soll oder, dass nicht alles Regenbogen und Sonnenschein ist. Das Mothership ist in Schwierigkeit, die Crew ist in Schwierigkeiten, mehr will ich jetzt mal nicht verraten.

Wenn man sich den Text durchliest, könnte man Parallelen zu gegenwärtigen Geschehnissen ziehen, wie kam der Text zustande?

Jörg: Wir beziehen uns eigentlich nicht auf ein bestimmtes Ereignis, sondern eher auf ein ungemütliches, psychologisches Thema: die Dunkelheit im Inneren. Jeder von uns trägt sie mit sich, wie eine Art Infekt, die nur einen Anstoß braucht, um zu wachsen und zu gedeihen, um im Anschluss alles was man ist zu pervertierten und zu verschlingen. Wie Nietzsche schon gesagt hat: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

Welche Definition habt ihr für „Phenomenon“, wer ist der Brecher des Lichts?

Jörg: „Phenomenon“ ist die Verkörperung der Dunkelheit, die uns innewohnt. Er ist der Persönlichkeitsaspekt, den man selbst verabscheut und wegsperren möchte.

Wird das neue Album insgesamt so dunkel, böse und bedrohlich?

Schachinger: Ein Ben Howard Album wird es mal nicht (lacht). Da wir eine gewisse Storyline, bzw. gewisse Gefühlsstadien im Album widerspiegeln wollen, wird es definitiv düster und bedrohlich…ich würde sogar teils verzweifelt sagen, was wir, meiner Meinung nach, sehr gut hinbekommen haben, ohne effektmäßig tief in die Trickkiste gegriffen zu haben. Es gibt aber auch diverse Momente, bei denen wir absichtlich unsere Postrock-Einflüsse durchsickern lassen, um gewisse Momente (gefühlsmäßig) aufzulockern und den Spannungsbogen differenzierter zu halten. Hier und da gibt es auch ein paar amüsante Stellen, man ist gespannt wer sie findet!

Was bedeutet CALL THE MOTHERSHIP für jeden einzelnen von euch?

Jörg: Eskapismus.

Sid: Funny dudes, makin’ funny beats, creatin’ thall. Ich finde die Kombination aus den verschiedensten Genres spannend. Kein Song gleicht dem anderen. Anfangs, als ich die ersten paar Male bei den Prepros dabei war, kannte ich die Songs nicht. Aber alle fanden es lustig, wenn ich bei Kreativpausen immer noch mit dem Kopf wackelte, weil ich den Groove in mir hatte und einfach nicht loslassen konnte. Was es für mich bedeutet ist eventuell falsch formuliert: Ich fühle mich wohl und das ist das Wichtigste.

Svaton: CTM ist für mich wie ein eine sehr gut eingespielte Pen & Paper Runde. Es macht unglaublich viel Spaß mit den Jungs zusammenzuarbeiten und musikalisch zu experimentieren. In dieser Band kann ich meinem Geekflow freien Lauf lassen.

Schachinger: Mit großen schwarzen Gitarren zu spielen, ohne, dass man blöd angeschaut wird. Und sich vom Jörg bekochen lassen, natürlich.

Feanis: Für mich ist es sowohl eine musikalische Reise, als auch eine gute Zeit mit Freunden. CALL THE MOTHERSHIP ist eine Familie und jeder wird hier nicht nur mit allen Eigenheiten und „negativen“ Eigenschaften aufgenommen, sondern auch gefördert. Jeder von uns hat eine Art „Job“ zu erfüllen und jeder hat seinen Platz innerhalb der Band, wie auf einem Schiff. Wir sind eine Crew und ein ziemlich weirder Haufen, aber das ist eben CALL THE MOTHERSHIP.

Wie viel Herzblut steckt in diesem Projekt?

Jörg: 100%.

Sid: Ich versuche immer bei allen Projekten, sei es musikalisch, arbeitstechnisch oder sonstiges 100% zu geben. Ist nicht immer einfach, aber es funktioniert. Zeitmanagement ist alles.

Schachinger: Sechs Liter. Wieviel prozentual davon Alkohol ist, ist situationselastisch.

Feanis: Eine Menge. Ich mache generell keine halben Sachen und wenn ich mich einmal einer musikalischen Sache widme, dann ziehe ich sie auch durch. CTM ist etwas, bei dem ich mit ganzem Herzen dabei bin.

Wer ist eurer Meinung nach der wahre Commander dieses Schiffs?

Jörg: der kollektive Gedanke.

Sid: Ich würde Jörg als das Herz des Schiffs bezeichnen. Er hält das Ding am laufen.

Svaton: Da gibt es keine Meinung, sondern nur eine Tatsache. Es gibt nur einen Commander an Deck, und der bin ich. Allerdings hab ich mit Jörg als Captain noch einen direkten Vorgesetzten über mir. Das tut aber alles eigentlich nichts zur Sache, denn wir führen auf unserem Schiff eine sehr flache Hierarchie.

Schachinger: Mike ist der Commander, aber Jörg ist als Captain definitiv der, der uns heil aus einem Plasmasturm wieder herausholt. Ohne ihn wäre ich das Redshirt, das in der 2. Episode stirbt.

Feanis: Jörg. Er hat mit ziemlicher Sicherheit das Ruder in der Hand, auch, wenn er jeden einzelnen von uns braucht und sicher behauptet, jeder von uns spiele eine wichtige Rolle innerhalb des Mutterschiffs (was auch so ist).

Welche österreichischen Bands würdet ihr unseren Lesern empfehlen, die euch cool finden?

Jörg: IN THIS TEMPLE, SEEK & DESTROY, PROMETHEUS, HARMANIC und LEON'S MASSACRE … aber ich weiß nicht, ob sie CaTMo cool finden.

Sid: Ich hab keinen Plan, ob die uns cool finden aber ich würde KILL ROBOT KILL, BURIED ARTIFACTS und HUNTIN PARTY empfehlen.

Schachinger: Also wenn uns LOST IN ASTORIA nicht cool finden, dann verliere ich jegliche Hoffnung (lacht). Weiters würde ich SEEK & DESTROY und AMER nennen, die beide großartig auf ihren Gebieten sind.

Svaton: Ich hab keinen Plan wer uns gut findet und wer nicht, aber ich kann gerne ein zwei Empfehlungen raus hauen: DOOMINA, eine sehr interessante Post-Rock Combo - und HARAKIRI FOR THE SKY, die mit ihren schwarzmetallischen Klängen gerade auf Tour mit DER WEG EINER FREIHEIT sind.

Feanis: SEEK & DESTROY, ohne Zögern. Die Burschen sind einfach so genial, es ist ein Muss sie zu kennen. Außerdem muss ich die Jungs von HARMANIC erwähnen. Ich hatte jetzt schon ein paar Mal die Chance mit ihnen auf der Bühne zu stehen und abgesehen davon, dass es einfach super nette Leute sind, ist die Musik wirklich ein Traum.

Von 1 bis David Hasselhoff, wie beschreibt ihr den Zusammenhalt der österreichischen Metalszene?

Sid: Ich denke viele sind zu sehr von sich selbst überzeugt, lästern über andere Bands, etc. Die ganze Palette eben durch. Dabei vergessen sie das Wichtigste: Den Spaß dahinter, Musik zu machen und ihn mit anderen Musikern und Konzertbesuchern zu teilen. Ich kenne es von meiner zweiten Band. Wir versuchen immer, mit allen klarzukommen und mit ihnen Spaß zu haben und das zu übertragen. Manche sind sich aber zu true ... Ich wünsche mir mehr Zusammenhalt und dass sich die Leute gegenseitig unter die Arme greifen (vielleicht nicht in die verschwitzten Achseln, außer jemand steht drauf...), organisieren helfen und zusammen wieder Gas geben können.

Svaton: Dieser Frage wird immer zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ich mache und veröffentliche Musik, weil ich das so will. Wenn jemand daran Gefallen findet und vielleicht einmal bei einem Konzert vorbeischaut umso besser – aber diesen Zwang, sich gegenseitig supporten zu müssen, halte ich für nicht angebracht. Wenn mir eine Band musikalisch zusagt, werde ich sie mir ansehen, wenn nicht, dann nicht, Punkt.

Feanis: David Hasselhoff ist super.

Seht ihr einen Trend zu Gunsten junger Bands? Was würdet ihr diesen Bands sagen?

Jörg: Es gibt keine Competition, nur durch Zusammenhalt kann die nächste Generation an Bands wachsen. Tut euch zusammen, organisiert gemeinsam, helft einander, tauscht euch aus, Veränderung und Entwicklung passiert nicht, wir alle müssen selbst verändern und entwickeln.

Habt ihr noch ein Abschlusswort?

Jörg: Ich möchte mich im Namen des Mutterschiffs bei Markus Wessig, Daiske Shibamori, Peter Gordebeke, Matthias Schabauer, Stormbringer.at und allen, die uns auf unserem Weg begleiten und CTM mitformen bedanken ... and if in doubt, CALL THE MOTHERSHIP.

Danke Jungs, wenn ihr - liebe Leser - neugierig geworden seid, checkt die neue Single aus:


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