Interview: LUNAR SHADOW - Max "Savage" Birbaum

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Denn letztlich inspiriert mich das Leben. Meine Umgebung. Einsamkeit, Liebe, die vergeht, Feuer, Kampf und der Untergang aller Dinge.

Zur Veröffentlichung ihres Debütalbums „Far From Light“ hat sich LUNAR-SHADOW-Mastermind Max „Savage“ Birbaum Zeit genommen, um mit Stormbringer über seine Band, die hochgelobte Langrille und den Heavy-Metal im Allgemeinen zu philosophieren... Licht, Feuer und Heavy Metal!

Text: Laichster
Veröffentlicht am 25.03.2017

Hallo Max, danke, dass du dir Zeit für Stormbringer.at nimmst! Eure Debüt-EP „Triumphator“ ist wohl eher nur dem verbissenen Underground-Fanatiker und den 3000 immer gleichen Fanatics bekannt, die jedes Jahr am KIT und ähnlichen Kuttengeschwängerten Zusammenkünften abhängen – vielleicht kannst du LUNAR SHADOW kurz dem Teil unserer Leserschaft, die euch vielleicht noch nicht kennen, vorstellen.

Das Konstrukt LUNAR SHADOW wurde gegründet, da ich seinerzeit wenig zufrieden war mit dem Stand der nationalen und internationalen Heavy Metal-Szene. Ich wollte die Art Musik spielen und veröffentlichen, die mir persönlich gefällt, fernab von dem tausendsten SKULL-FIST/ENFORCER-RipOff oder schlecht geklauten NWOBHM-Riffs.

Jetzt habt ihr mit „Far From Light“ euren ersten Longplayer fertiggestellt, zu welchem ich euch an dieser Stelle gratulieren möchte! Aus der unüberschaubaren Masse der Heavy-Metal-Veröffentlichung sticht „Far From Light“ durch seine geschickte Kombination aus klassischen Heavy-Metal und Epic-Metal heraus und bildet seinen ganz eigenen Charme, der nicht nur eingesessene Fans begeistert dürfte. Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden und wie würdest du „Far From Light“ jemanden, der noch nie eure Musik gehört hat, beschreiben? 

Gratias ago! Ich bin mit dem Ergebnis in der Tat sehr zufrieden. Ich denke, dass wir es mittlerweile geschafft haben, einen recht eigenen Sound zu entwickeln, der auch gut angenommen wird. Melancholischen Heavy Metal voller kleiner Geheimnisse und Twin-Gitarren. In einer Rezension wurden wir neulich als "Sad IRON MAIDEN" bezeichnet, das gefiel mir sehr gut und will ich mal so stehen lassen.


LUNAR-SHADOW-Mastermind Max (mitte) mit seinen Mannen

Auf „Far From Light“ widmet ihr euch durchgehend Themen, die meist in Düsternis und Tod gipfeln, das gesamte Album strotzt lyrisch und atmosphärisch vor unausweichlichen Abgründen – würdest du dich selbst als musikalischen Heavy-Metal-Philosphen bezeichnen und woher nehmt ihr die Inspiration für eure thematische Ausrichtung?

"Heavy Metal-Philosoph" impliziert ein wenig, dass ich es mit mahnend erhobenem Finger darauf anlege zu belehren. Hinter meinen bisweilen vertrackten Texten und Formen steckt jedoch weniger Intention als einfach persönlicher Stil und eine gewisse Weltsicht. Denn letztlich inspiriert mich das Leben. Meine Umgebung. Einsamkeit, Liebe, die vergeht, Feuer, Kampf und der Untergang aller Dinge. Und natürlich die durch Howard oder Tolkien inspirierte Flucht zu einem anderen Ort als diesem. Zuletzt dann der Tod.

Das Coverartwork “Expulsion – Moon and Firelight by Thomas Cole” spiegelt den thematischen Inhalt von “Far From Light” in bildender Kunst wieder und sticht von seiner Symbolik und Aussagekraft aus dem typischen Heavy-Metal-Klischee hervor. Wie kam es zu diesem grandiosen optischen Aufputz für „Far From Light“?

Das Artwork einer Veröffentlichung gehört immer zu den ersten Dingen, die ich plane. Bei "Far From Light" war mit klar, dass das Album nicht vom Teufel, aufgedrehten Verstärkern oder Spaß handeln würde. Ein derart geartetes Albumcover wäre also unpassend gewesen. Ich bin ein kunstinteressierter Mensch und mochte die Werke von Cole schon immer, reinstes Talent in seiner Essenz. Beim blättern in einem Bildband stieß ich dann auf "Expulsion – Moon and Firelight" und wusste sofort, dass das unser Cover werden muss. Ich bin sehr glücklich und auch stolz, dass es uns möglich war, die Nutzungsrechte vom Thyssen-Museum in Madrid zu erwerben.

Man darf mutmaßen, dass auf „Far From Light“ durchaus die Werke von BATHORY, ATLANTEAN KODEX oder MANILLA ROAD einen Einfluss hatten, korrigiere mich falls ich falsch liege. Was würdest du als deine wichtigsten Einflüsse bezeichnen, die sich heut ein deinem musikalischen Ausdruck wiederspiegeln?

Ich mag MANILLA ROAD, würde sie aber nicht als Einfluss bezeichnen. Die epischen BATHORY dann schon eher, ja. Der ATLANTEAN-KODEX-Vergleich kommt natürlich auch oft, was mich nicht stört, da ich bekanntlich großer Anhänger der Band bin, seit ihren Anfangstagen. ATLANTEAN KODEX haben etwas Altes in den Heavy Metal zurückgebracht, etwas Vergessenes und Gefährliches. Wir vertreten auch relativ ähnliche Ansichten im Hinblick auf Heavy Metal, seine Ästhetik, die Herangehensweise und Attitüde, obgleich ich in unserem Stil durchaus noch Unterschiede sehe.

Ich möchte deutlich machen, dass es mir stets schwerfällt, meine Musik stilistisch einzuordnen. Ich habe die Songs geschrieben und habe daher eine komplett andere Perspektive. Ich denke beim schreiben nicht an den ATLANTEAN KODEX oder BATHORY, sondern an LUNAR SHADOW. Die Perspektive des Hörers ist dann eine ganz andere und Vergleiche zu suchen ist normal. So kommt es dann auch, dass wir neben BATHORY und IRON MAIDEN auch schon mit den BEATLES, CANDLEMASS und YES verglichen wurden oder als Prog-Band bezeichnet wurden.

Am wichtigsten für unseren Sound waren sicherlich die alten IN FLAMES, durch sie kommt meine Liebe zu Twin-Gitarren, außerdem ähnlich gelagerte Bands wie UNANIMATED, AT THE GATES oder GATES OF ISHTAR. DISSECTION muss ich hier nennen, wegen ihrer bösartigen Raserei, die alten MANOWAR wegen dem Kampf und dem Sieg, sowie WISHBONE ASH und BLUE ÖYSTER CULT aufgrund ihrer träumerischen, entrückten Musik.

Ihr seid gemeinsam mit ATLANTEAN KODEX auf Schloss Theuern auf der Bühne gestanden, wie war es vor dieser Kulisse mit dieser momentan wohl als außergewöhnlichst geltenden deutschen Band auf der Bühne zu stehen?

Ich werde dafür immer dankbar sein, es war eine sehr schöne Erfahrung. Wir wurden sehr freundschaftlich behandelt, konnten unsere Freundschaften vertiefen oder neue schmieden, beispielsweise mit den DARK FOREST-Jungs. Mit unseren Konzerten an sich bin ich rückblickend nicht besonders zufrieden, ich bin mir jedoch bewusst, dass es unsere Konzerte zwei und drei waren und daher nicht alles perfekt lief. Es war und ist bis zum heutigen Tag sicherlich unsere denkwürdigste Veranstaltung gewesen.


“Expulsion – Moon and Firelight" by Thomas Cole

Aus meiner subjektiven Sicht ist der klassische Heavy-Metal leider seit geraumer Zeit dabei, durch die ständige Wiederholung der Huldigung seiner Vorbilder, die Innovativität gegen austauschbare Fadesse zu tauschen. Der Markt wird überschwemmt und jeder versucht so zu klingen wie die Jungs damals in den 1980ern und die Weiterentwicklung bleibt auf breiter Front auf der Strecke – wie siehst du das und gibt es eine Zukunft für den Old-School-Heavy-Metal abseits der Klischeebedienung und der Versorgung des eingeschworenen Fanvolkes?

Das ist ein ausuferndes Thema, zu dem ich jetzt seitenlange Essays schreiben könnte. Ich erwähnte bereits vorher, dass mir viele neue Releases in dem Bereich nicht gefallen. Tatsache ist, dass jede Band irgendwelche Einflüsse hat. Ich sehe nur das Problem, dass dem Großteil der Bands jedwege Eigenständigkeit fehlt. Alles klingt entweder auf schwedisch getrimmt oder eben nach TYGERS OF PAN TANG in schlecht. "Weiterentwicklung" ist ein schwieriges Wort, meiner Meinung nach gibt es nicht mehr viel zu entwickeln, etwas vollkommen Neues zu schaffen ist de facto kaum möglich. Aber ich verstehe nicht, wieso man als Band exakt wie die Kopie einer Band aus den 80ern klingen möchte, ich verstehe die Ambition dieser Menschen nicht. Diese Art Musik gab es schon und zwar besser, dann muss ich nicht dasselbe nochmal machen. Ich gucke nicht auf andere Bands. Sobald man anfängt, sich nach dem vermeintlichen Geschmack der Menschen zu richten, wird man scheitern. Als Band und in meinen Augen als Mensch. Ich packe einen DISSECTION-esken, rasenden Song gemeinsam auf ein Album mit einer Akustik-Ballade, einfach weil es mir egal ist und ich es tun möchte. Das ist der einzige Weg, die vollkommene Freiheit. Anders könnte ich es nicht.

Aufgrund der Spitzfindigkeiten deiner Musik, schätze ich dich unbekannterweise als musikalischen Feinschmecker ein. Gab es für dich im letzten Jahr, ungeachtet des Genres, herausragende Releases die du jedem empfehlen würdest?

Die ETERNAL CHAMPION gefiel mir sehr gut, das war nochmal was eigenes. Dann die "To Sol A Thane"-EP von SOLSTICE, die Band ist unfassbar stark, immer. Das Album von SPELL gefiel mir gut, schöne BÖC-Vibes, FORTERESSE aus Kanada haben das beste Black Metal-Album rausgebracht. Die WYTCH HAZEL war stark, auch sehr eigen. Das neue NICK CAVE-Album, gute Laune garantiert.

Für den eingesessenen Old-School-Freak gibt es meistens nur ein Trägermedium für seine heißgeliebte Musik – das Polyvinylchlorid! „Far From Light“ erscheint nun auf CD und Vinyl – bevorzugst du eines der beiden Medien?

Ich kaufe hauptsächlich auf CD. Vinyl in der Regel nur, wenn mir das Album sehr gefällt und wichtig ist, dann kaufe ich beides oder wenn ich auf einer Börse etwas Nettes finde.

Danke, dass du dir für Stormbringer.at Zeit genommen hast! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg mit LUNAR SHADOW und hoffen weiterhin auf so bärenstarke Releases wie es „Far From Light“ darstellt – die letzten Worte gehören dir!

Ich danke dir.


Wer LUNAR-SHADOW noch nicht kennt und jetzt Appetit auf alles, nur sicher keinen Einheitsbrei hat, der kann hier gleich den Opener von "Far From Light" genießen und sich selbst eine Hörermeinung bilden – für die Zukunft sollte man diese hochtalentierte Band aber auf jeden Fall auf dem Schirm behalten! 


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