Interview: PROTECTOR - Martin Missy
Wacken ist nicht so mein Ding, aber auf dem Rock Hard Festival würden wir gerne einmal spielen.
Dazu 500 Kilometer bis in den Proberaum. Im Land von Surströmming, teurem Alkohol und Ikea gibt es PROTECTOR, ursprünglich eine deutsche Thrash-Formation aus der VW-Stadt Wolfsburg. Nun aber im Land der hübschen Victoria von Schweden ansässig.
PROTECTOR. Ein Meilenstein in der deutschen Thrash-Szene. Zu Unrecht eigentlich nie zu den großen Vier (SODOM, KREATOR, TANKARD, DESTRUCTION) des deutschen Thrash dazugezählt.
Die Band begann 1986 im beschaulichen Wolfsburg, an der „Zonengrenze“, und veröffentlichte 1987 die Debut-EP "Misanthropy".
1988 erschien die hochgelobte LP "Golem". Es folgte eine große Tournee mit den Amerikanern WEHRMACHT.
Trotz des – zur damaligen Zeit – hervorragenden Verkaufes von rund 20.000 Scheiben (so damals das Label Atom H) erreichte das Quartett nie den ganz großen Ruhm.
"Golem" wurde von Jörg Stegert (MEKONG DELTA, LIVING DEATH) produziert. Das ein Jahr später erschienene Album "Urm the Mad" wiederum ließ sich bei weitem nicht so gut verkaufen. Das Label versäumte ordentlich Werbung für die „großen“ Bands wie PROTECTOR, ACCU§ER oder RUMBLE MILITIA zu machen – stattdessen steckte man Geld in Bands wie SHAH oder FORCED ENTRY. Sicher ein Grund, warum alle drei der genannten dauerhaft im Underground festhingen.
Viele personelle Veränderungen im Hause PROTECTOR standen an. Shouter Martin Missy verließ die Band ebenso wie Gitarrist Hansi Müller – Michael Hasse, der Drummer, spielte zwar noch 1990 die EP "Leviathan´s Desire" sowie 1991 das Album "A Shedding of Skin" ein, verließ die Band aber aus gesundheitlichen Gründen. Hasse verstarb leider 1994. Ein Jahr zuvor erschien "The Heritage". Das Album und auch das Lineup hatte mit PROTECTOR eigentlich nichts mehr zu tun.
PROTECTOR lösten sich in die Einzelteile auf und 2000 versuchten diverse Musiker aus dem Wolfsburger Raum PROTECTOR nochmals zu reaktivieren – was aber ebenfalls misslang. „Ur“-Protector Missy, der mittlerweile nach Schweden ausgewandert war, spielte mit MARTIN MISSY AND THE PROTECTORS erstmal ein paar Jahre alte Songs live, ehe man sich 2011 traute, offiziell wieder als PROTECTOR durch die Welt zu ziehen. 2013 erschien „Reanimated Homunculus“ und 2016 „Cursed and Coronated“ – zwei grandiose, von Thomas Skogsberg im Sunlight Studio produzierte Scheiben.
Das schwedisch-deutsche Quartett ist seitdem für sechs bis sieben Gigs im Jahr in Europa unterwegs und nun hat stormbringer.at erstmals die Möglichkeit, mit Martin Missy ein paar Worte zu reden.
Schön das Du Zeit für mich findest, Martin. Erkläre zuerst mal bitte, wie Eure Proben funktionieren, wie Ihr gemeinsam Songs schreibt. Du wohnst in Stockholm und die anderen drei („Micke“ – Gitarre, „Matte“ – Bass und „Calle“ – Drums, Anm. d. Verf.) in und um Uddevalla, quasi kurz vor der norwegischen Grenze im Westen des Landes. Zwischen Euch liegen rund 500 Kilometer.
Meine drei Bandkollegen proben ein- bis zweimal die Woche in Uddevalla und ich fahre ein- bis zweimal pro Jahr an die Westküste zum Proben; und ab und zu kommen sie nach Stockholm. Die Songs schreiben – mit ein paar wenigen Ausnahmen – die Jungs in Uddevalla, proben sie ein und nehmen sie auf. Das schicken sie mir dann als mp3-Datei zu und ich schreibe in Stockholm den Text dazu.
Ihr habt ja nun einiges an neuem Material fertig und plant den nächsten Longplayer nach "Reanimated Homunculus" von 2013 und "Cursed and Coronated" von 2016. Beide wurden von Tomas Skogsberg (ENTOMBED, DISMEMBER) produziert – nun soll es aber zu Harris Johns (hat mit seinen Produktionen für TANKARD, SODOM, KREATOR, VOIVOD durchaus deren Karrieren mit angestoßen) nach Berlin gehen. Wie kommt‘s?
Aus familiären und beruflichen Gründen sind Eure Gigs leider sehr rar, wenn Ihr auf der Bühne steht, gebt Ihr aber alles. Im Hamburg vor zwei Jahren warst Du vor der Zugabe schon mit den Kräften am Ende, einen anderen Gig beendete der Veranstalter um Punkt Mitternacht – Ihr wart noch gar nicht mit eurer Setlist durch (das war irgendwo im tiefsten Bayern). Welcher der „neueren“ PROTECTOR-Gigs ist Dir in guter Erinnerung geblieben?
Unser erster Gig unter dem Namen PROTECTOR (mit der neuen Besetzung) auf dem Way of Darkness 2011 war genial. Auch der Auftritt auf dem Party-San 2014 war toll. Vor so vielen Metallern spielen wir ja eher selten. Auch die beiden Auftritte im Dresdner Skullcrusher waren immer super, sowohl vor, während als auch nach den Gigs. Eigentlich sind die meisten unserer Gigs irgendwie etwas Besonderes.
Ihr habt für dieses Jahr Belgien, Tschechien und Berlin auf der Agenda – gibt es noch weitere Gigs die man vermelden darf?
Viele, darunter zähle ich auch meine Person, konnten mit der Coverband MARTIN MISSY AND THE PROTECTORS nichts anfangen. Ich habe auch, trotz fast völlig neuem Line-Up, die echten PROTECTOR darin gesehen. Du sagtest an anderer Stelle mal, dass Du die ehemaligen Mitglieder Hansi und Ede gefragt hast, ob die das okay fänden, dass es PROTECTOR wieder gibt. Was wäre passiert, wenn sie verneint hätten? Wärt Ihr weiter als Coverband unterwegs?
Für 2018 ist Euer Kalender ja, wie Du eben erwähntest, eigentlich voll. Für 2019 vielleicht das RockHard-Festival und Wacken?
Wacken ist nicht so mein Ding, aber auf dem Rock Hard Festival würden wir gerne einmal spielen. Auch ein Auftritt auf dem Sweden Rock Festival wäre super. Mal schauen, was eventuell an Anfragen kommt, wenn wir die neue Platte fertig haben.
Und 80.000 Menschen ist mir zu viel auf einem Haufen! Wir sind quasi am Ende angekommen!
Das Schlusswort gehört Dir Martin – singen brauchst Du jetzt nicht, hört eh niemand!