Interview: BEHEMOTH - Nergal

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Wut ist gerade bei der Produktion von Heavy Metal besonders wichtig!

BEHEMOTH-Frontman Nergal steckte dem Kollegen Meerwald ein paar Details zum neuen Album und schwadroniert unter anderem darüber, was ihn musikalisch so antreibt.

Veröffentlicht am 04.10.2018

Satanische Symbole, brennende Bibeln, verkehrte Kreuze. Ja, BEHEMOTH schaffen es immer wieder aufs Neue zu polarisieren. Hinter all dem steckt das Mastermind Adam "Nergal" Darski. Im Interview mit uns erzählte er über Schmankerl vom neuesten Album, Emotionen beim Songwriting und worauf es für ihn bei Musik wirklich ankommt.

Wie schafft ihr es, den Spagat zwischen den traditionellen BEHEMOTH zu schaffen und einer musikalischen Entwicklung, die jede Band in ihrer Karriere durchläuft?

Ich mag es, auf Bands zu schauen, die ich selbst bewundere, wie zum Beispiel NINE INCH NAILS oder RAMMSTEIN, die ihre Musik im Laufe der Jahre sehr verändert haben. Was mir wichtig ist, dass wir mit unserem Genre immer in Verbindung gebracht werden, und mit unseren Wurzeln. Wir können natürlich eine neue Dimension dabei entdecken oder einfach etwas Neues entdecken. Es gibt einige Heavy Metal-Fans, die sich über jede Veränderung ihrer Band beschweren. Aber weißt du was, ich höre sehr wenig darauf, was die Leute denken, ich gehe am liebsten nach meinem Instinkt. Was ist der beste Sound für BEHEMOTH in diesem Moment? Wenn du ein echter Künstler bist, gibt es keine Kompromisse, es gilt: mach es oder lass es!

Was ist die Message, die ihr mit eurem neuen Album „I Loved You At Your Darkest“ an die Welt, an eure Fans senden möchtet?

Natürlich, klar: Liebe dich selbst! Wenn du dich selbst liebst, dann kannst du erst deine Mitmenschen lieben. Wir, die eigentlich nicht unbedingt christlich sind, wissen natürlich, wenn dieses Symbol verwenden, dass das sehr unchristlich ist. Das ist vielleicht etwas verwirrend, aber so gefällt mir das.

Gab es Bands oder Musiker, die dich beim Aufnahmeprozess des neuen Albums inspiriert haben?

Meistens höre ich genau auf mich selbst, was passt gerade? Ich würde zwar nicht sagen, dass mich gar nichts inspiriert hat, denn ich inspiriere mich selber ja sehr wohl. Ich kann dir keinen bestimmten Musiker oder Künstler nennen.  Da gibt es nämlich auch noch Filme, Theater, Bücher und ganz unterschiedliche Musik, die alle ihre Rolle beim Entstehen der Platte gespielt haben.

Beim Hören eurer Songs fällt mir sofort die große Wut auf, die ihr da hinein verpackt. Ist Wut ein Antrieb und Inspiration für gute Songs?

Absolut! Wut ist gerade bei der Produktion von Heavy Music besonders wichtig! Frustration, Wut  Traurigkeit, alle diese negativen Stimmungen sind wirklich wichtig um diese dann möglicherweise in Heavy Tunes zu transformieren. Ich weiß, ich habe das schon öfter gesagt. Aber der Ort, von dem ich komme, die Geschichte, die Politik war sehr negativ. Das brachte irgendwie eine gewisse Frustration in meine DNA. Eigentlich bin ich ein relativ glücklicher Mensch, eher optimistisch. Trotzdem ist in mir diese Dunkelheit und Wut. Das ist ein Teil von mir, in Teil davon, was wir alle sind. Jeder hat diese Emotionen. Es ist nur die Frage, wie du mit ihnen umgehst.

Beim Hören der Songs vom neuen Album sind mir einige Verlinkungen aufgefallen, bei den Lyrics, den einzelnen Songs und so weiter. Was kannst  du uns darüber verraten?

Eine CD aufzunehmen ist ein Prozess. Sie auch zu verstehen ist ein anderer. Manche verstehen nicht, was ich tue. Sie fragen mich, warum ich genau das mache. Ich bin nicht gesteuert durch mein Gehirn. Versteh mich nicht falsch, natürlich denke ich auch. Dieses Album ist das kompletteste Album, mit dem genauesten Konzept dahinter, das wir je gemacht haben. Wir sind nicht so, dass wir ein paar Songs aufnehmen und nennen das ein Album. Nein, da ist eine ganze Storyline dahinter. Alle zwölf Songs sind irgendwo miteinander verbunden. Es ist wie eine Geschichte, die hier erzählt wird. Trotzdem soll es jeder verstehen, wie er es möchte, da mische ich mich nicht ein.

Würdest du dich selbst als Perfektionisten beschreiben?

Früher war das viel schlimmer. Da dachte ich immer: das Album schaffen wir nie! Dieses müssen wir verbessern, jenes müssen wir adaptieren. Trotzdem versuche ich bis heute, den bestmöglichen Sound zu machen. Und ich meine, das kannst du mir glauben, das haben wir bei den letzten drei Alben auch wirklich gut geschafft.

Verglichen mit eurem letzten Album habt ihr dieses Mal mit drei sogenannten Produzenten und Experten zusammengearbeitet. Was sind die größten Unterschiede zu euren anderen Produktionen?

Der Unterschied ist relativ klein. Formell hat sich eigentlich nichts geändert, da die letzte Entscheidung immer noch meine Bandkollegen und ich hatten und auch immer noch haben. Ich würde sie in diesem Fall eher Co-Produzenten nennen. Sie werden aber nie die Hauptproduzenten sein. Denn das sind wir als Band selber.

Was ist die Geschichte hinter dem Namen des ersten Tracks, „God=Dog“, den ihr aus dem neuen Album als Single und Video ausgekoppelt habt?

Ich habe  lange nach einem passenden  Namen gesucht, ehrlich. Er sollte kurz und knapp sein, zu uns passen und gut im Ohr bleiben. Als ich dann mal mit Freunden in Los Angeles war, spielte es im Radio diesen Electro-Song von PRAYERS. Und normalerweise kann ich so eine Musik nicht leiden. Aber der Titel, der war perfekt. Er hieß „From Dog To God“. Da machte es bei mir „Klick“! Warum den ersten Song nicht „God=Dog“ nennen? Er passt perfekt zu unserer Ablehnung gegenüber der katholischen Kirche. So einfach war das.

Beim Hören der neuen Songs fiel mir auf, dass es im Vergleich zu früher mehr akustische und ruhigere Parts gibt. Wie kam es dazu?

Es geht mir vor allem um die Dynamik. Das ist das Rezept für ein erfolgreiches und gutes Album. Alle legendären Alben haben diese Dynamik, wie zum Beispiel bei LED ZEPPELIN oder auf „Master Of Puppets“ von METALLICA. Wenn du weißt, wie du diese Dynamik nützen und mit ihr spielen kannst, wird das für dich und deine Fans besonders interessant. Musik lebt von Werten, von Gefühlen und Emotionen, sonst ist es nur flach und langweilig für mich.

Kurz zu deinem zweiten Projekt, ME AND THAT MAN: Gibt es da irgendwelche Neuigkeiten, die deine Fans wissen sollten? Arbeitest du an Songs oder anderem Zeug?

Keine Sorge, dieses Projekt ist mir unheimlich wichtig, nur fehlt mir aktuell die Zeit dafür. Aber im nächsten Jahr nach der BEHEMOTH-Tour werde ich mich sicher wieder mehr ME AND THAT MAN widmen. Ich habe auch schon ein paar neue Ideen. Konkret werde ich mich aber erst dann damit beschäftigen, wenn ich die Zeit dazu habe.

Auf euren Tourneen teilt ihr mit vielen anderen Musikern die Bühnen. Hat das Line-Up, mit dem ihr zusammen auftretet, für dich eine größere Bedeutung?

Um ehrlich zu sein, habe ich da keine Möglichkeit darüber nachzudenken. Das Wichtigste ist, dass die Zuseher Qualität bekommen. Nur Bands wie METALLICA können sich ihren Support selbst aussuchen. Bei uns ist es mehr eine organisatorische Frage. Wir spielen schon gerne mit verschiedenen anderen Bands, aber es ist immer eine Frage der Organisation. Spielen wir in Amerika, kommt ein amerikanischer Support, spielen wir wo anders in der Welt, gibt es andere Musiker, die mitmachen.

Wenn wir schon beim Thema Tournee sind, hast du eigentlich für deine Tour immer eine eigene Setlist oder entschiedet ihr euch da spontan?

Wir haben für jede Tour eine eigene, genau  konzipierte und geplante Setlist. Das ist wichtig für uns. Natürlich kann man nicht alles genau planen, aber wir wollen auf möglichst alles vorbereitet sein. Da ist eine feste Liederliste schon sehr wichtig.

Zum Abschluss: Ihr werdet bei eurer kommenden Tour auch nach Wien kommen. Was für Erinnerungen habt ihr an Wien?

Ihr habt echt tolle Fans, super Organisatoren. Und uns wurde bis jetzt immer ein sehr warmer Empfang bereitet. Das wird beim nächsten Mal sicher genauso sein, das weiß ich! Wir kommen wirklich immer wieder gerne zu euch!

Danke dir für diese netten Abschlussworte!

Am 13. Jänner 2019 kommen die Polen übrigens live in die Arena Wien.

Wir haben das neue Album übrigens auch einem veritablen GANGBANG unterzogen ...

Foto Credits: Grzegorz Gołębiowski


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