Interview: DESERTED FEAR - Simon Mengs

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Kaninchen sind niedlich und ich mag Kaninchen. Die sind niedlich und lecker...

DESERTED FEAR starten ihre erste Headlinertour mit dem aktuellen Album "Drowned By Humanity" im Gepäck. Das erlesene Tourpackage, das quer durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Tschechien wütet, ließen wir uns nicht entgehen und baten Drummer Simon Mengs um einen kurzen Plausch.

Text: Lord Seriousface | Fotos: FiniMiez
Veröffentlicht am 28.03.2019

Begleitet von der belgischen Abrissbirne CARNATION und deren italienischen Labelkollegen HIEROPHANT zerlegt das todesmetallische Dreigespann um DESERTED FEAR das Kesselhaus im Wiesbadener Schlachthof. Dass das Wiesbadener Kulturzentrum an diesem schönen Freitagabend den Namen "Schlachthof" nicht nur aus historischen Gründen trägt, könnt ihr in unserem ausführlichen Livereport nachlesen. Im Vorfeld der Shows begleitet uns DESERTED FEARs Drummer Simon Mengs zu einem kurzen Spaziergang um den Schlachthof und unterhält sich mit uns über das aktuelle Album "Drowned By Humanity", die Zerstörung von Ökosystemen durch den Menschen und...Hasen.

Hi Simon! Schön, dich zu treffen! Wie geht’s, wie steht’s?

Sehr gut...bisschen müde...jetzt am [überlegt]...siebten Tag oder so [überlegt weiter und zählt] ...am neunten Tag...OK [lacht]! Zeit verschwimmt!

Wie waren eure Release-Shows und der Tour-Start?

Oh, die Release-Shows waren richtig gut, da haben wir uns wahnsinnig drüber gefreut. Es ist dasselbe wie jetzt auf der Headliner-Tour - es ist ja unsere erste Headliner-Tour mit Tourbus und allem - da ist man dann schon erleichtert, wenn man merkt, dass das gut läuft. Sonst ist es doch etwas anderes, wenn man irgendwo als Support mitfährt. Dann kommen die Leute hauptsächlich wegen der Headliner-Band und man ist sich dann nicht ganz so sicher, ob so viele Leute kommen, wenn man "alleine" unterwegs ist. Aber das hat ganz gut funktioniert und läuft auch jetzt ganz gut auf der Tour.

Zu den Release-Shows: das ist natürlich immer etwas ganz Besonderes, die den Leuten neuen Sachen zu präsentieren. Auch die Anspannung, die man davor erlebt, in der Produktion des Albums, der Promotionphase, usw. Und diese Release-Show ist dann nicht nur ein Release für das neue Album, sondern auch ein bisschen für die Nerven. Da fällt schon was ab.

Die Shows waren vermutlich ausverkauft?

Das weiß ich gar nicht genau, sie waren auf jeden Fall beide kurz davor. In Jena wäre sicher noch ein bisschen Platz gewesen, aber das ist auch ein großer Laden, da gehen 500 Leute rein. Das Turock ist auch ungefähr so groß...die waren schon beide gut gefüllt.

Lass uns noch ein paar Worte über „Drowned By Humanity“ sprechen. Die Kritiken lesen sich sehr positiv – seid ihr persönlich auch so zufrieden mit dem Album?

Es gab auch negative Kritiken, aber wir selbst sind natürlich damit zufrieden. Sonst hätten wir es nicht rausgegeben [lacht].

Ich habe einige Kritiken gelesen, die Negativen habe ich nicht gefunden...

Gut, was heißt negativ...ein Onlinemagazin hat sonst immer fast die volle Punktezahl gegeben. Mit jedem Album ist die Punktzahl gestiegen und die Rezension lobender als die Vorherige. Und jetzt eben nicht, bei dem Album. Aber das ist in Ordnung, wo soll es denn sonst hingehen?

Durch die Decke [alle lachen]! Wie ist das mediale Feedback – laufen Magazine und Typen wie ich euch inzwischen die Türen ein?

Mittlerweile geht's eigentlich, vorher war das sicher mehr. Aber da war ich dieses Mal ein bisschen raus, weil ich einen neuen Job angefangen hab, als das so losging. Da hat Fabian das meiste geleistet.

Für mein Gehör hat der melodischere Fokus auf „Drowned By Humanity“ euren etablierten Stil nochmal verfeinert – wie seht ihr das?

Das ist auf jeden Fall so. Es gab eben Leute, die da irgendwie überrascht getan haben, weil das so melodisch ist. Aber das, was wir jetzt auf diesem Album machen, das hat man auch schon in Songs auf dem Album davor gehört, in der Richtung. Das ist jetzt nichts, was komplett neu für uns wäre. Für mich als Schlagzeuger macht das natürlich besonders viel Spaß, die neuen Songs zu spielen, weil die einfach auch grooviger sind als die älteren Sachen. Und am Schlagzeug groove ich halt gern.

Der Titel „Drowned By Humanity“ klingt wenig optimistisch im Hinblick auf die Menschheit. Beschreibt der Titel eine zentrale Aussage des Albums?

Auf jeden Fall. Also wir haben uns textlich an der Gefährdung der globalen Ökosysteme orientiert und an der Gefahr, die dadurch für den Menschen entsteht...und der sich die meisten Menschen überhaupt nicht bewusst sind.

...von oder durch den Menschen?

Beides [lacht]. Durch den Menschen natürlich, auch durch den Einzelnen, weil wir durch unseren Lebensstil dazu beitragen, dass Ressourcen ausgebeutet und Ökosysteme zerstört werden. Das ist ja ein Fakt, auch wenn der Einzelne das vielleicht nicht befürwortet oder das absichtlich macht. Aber die Wirtschaft sucht ja nach den günstigsten Wegen, Dinge zu produzieren...von sowas kommt das.

Viele interessieren sich auch einfach nicht dafür...

Ja genau. Oder sie fühlen sich ohnmächtig. Ich glaube, das ist wahrscheinlich das am meisten Verbreitete. Was z. B. seltene Erden für elektronische Geräte angeht: so etwas kann man sich ja auch gebraucht organisieren. Da kann man schon sehr viel tun, wenn man ein bisschen auf sein Konsumverhalten achtet. Ich hab mir noch nie ein neues Handy gekauft.

Ich finde, dass man eure Texte vielseitig interpretieren kann - was sind die tatsächlichen Hintergründe und Messages?

Ja...die Texte stehen natürlich nicht in erster Linie; dort steht der Grundgedanke, worum es uns geht. Außerdem steht die Musik im Vordergrund - wie es halt im Death Metal ist. Ich hab im Death Metal noch nie erlebt, dass jemand gesagt hat: "boah, du musst dir unbedingt die Texte angucken".

...vielleicht im Black Metal...

Die Texte von HELRUNAR z. B. finde ich ziemlich interessant, das ist wirklich poetisch. Auch eine gute Band.

Manchmal steckt sehr viel Mühe in den Texten und es wird gar nicht gewürdigt, weil keiner sich mit den Texten befasst...

Ja genau...und bei uns...eben nicht [lacht]. Uns geht's wirklich nicht um textliche Inhalte, die Musik steht schon im Vordergrund. Und das, wofür wir als Band stehen.

Seid ihr persönlich aktiv in Politik, Umweltschutz, etc.?

Ich bin Vorstandsmitglied im Thüringer BUND. Da bin ich Vertretung für die BUND-Jugendorganisation. Ja, politisch war auch ein bisschen aktiv, aber dafür hab ich nicht mehr so die Zeit. Ich bin halt politisch aktiv geworden, um etwas für den Umweltschutz zu tun. Dann war mir das aber zu zäh, weswegen ich in den Umweltverband gewechselt bin.

Ernährt ihr euch vegetarisch / vegan oder boykottiert ihr z. B. Produkte, die an Tieren getestet wurden?

Ja, Makeup, ich benutze kein Makeup mehr...

FiniMiez: brauchst du nicht, du siehst gut aus.

Lord Seriousface: Danke!

...aber ich ernähre mich so teilzeit-vegetarisch. Wenn ich selbst einkaufen gehe, kaufe ich mir keine Fleischprodukte oder Wurst. Aber wenn es bei Oma zu Mittag Kaninchen gibt, dann esse ich schon mit.

FiniMiez: Kaninchen sind ein wunder Punkt...

Kaninchen sind niedlich und ich mag Kaninchen. Die sind niedlich und lecker...

FiniMiez: wir haben zwei Hasen zu Hause, die sind wie Hunde...

Lord Seriousface: eigentlich eher wie Kinder!

Ja, Kaninchen sind sehr zutraulich. Ich bin da open minded [hämisch lachend]. Oma macht das beste Kaninchen, das kann ich ihr auch nicht antun, das zu verweigern. Aber ansonsten ist das klar, Fleischkonsum ist mit das größte Ding, was Klima- und Umweltschutz angeht. Die Menge Wasser und die Flächen, die da für Futtermittel verbraten werden.

Kommen wir zum heutigen Anlass: ihr startet heute bereits die zweite Halbzeit eurer Tour. Ist bisher irgendetwas Interessantes oder Lustiges geschehen?

So viele Sachen...da fällt mir gerade gar nichts Spezielles ein. Eigentlich jeden Tag, wir sind da mit zwei anderen Bands unterwegs, CARNATION und HIEROPHANT und das sind alles super Typen. Wir sind richtig froh, mit denen unterwegs zu sein. Die Busgemeinde ist sehr stimmig und es ist sehr, sehr lustig.

CARNATION haben erzählt, es hätte ab und zu mal ein bisschen...gestunken?

Achso...ja...das ist normal...es stinkt die ganze Zeit eigentlich. Nicht manchmal ein bisschen, sondern oft sehr doll. Es sind halt 18 Typen...ich weiß gar nicht genau, wie viele genau...in einem Bus.

...und keine Frau...

Ach was, ich glaube, Frauen würden irgendwann genauso stinken, die würden das nur übertünchen. Aber das hier ist das glaube ich angenehmer.

Seid ihr aufgeregt? Bekommt man nach zwölf Jahren im Geschäft noch ab und zu Lampenfieber?

Das kommt drauf an. Letztes Jahr Wacken fällt mir da z. B. ein: wenn man da so durch den Vorhang lunzt und da stehen ein paar Tausend Leute, dann ist das schon...spannend. Aber...so richtiges Lampenfieber ist das eigentlich nicht, das ist wahrscheinlich extremer. Ich bin in einer musikalischen Familie aufgewachsen und habe, seit ich Kind war, Auftritte gespielt. Deswegen ist man das irgendwo gut gewohnt. Aber man ist natürlich aufgeregt. Zumindest ich fahre dann in so eine Art Modus wie einen Autopilot, man weiß, was man gelernt und geübt hat und dann geht das irgendwie automatisch.

Ihr spielt dieses Jahr auch z. B. auf dem Summer Breeze Festival – gewöhnt man sich an Auftritte dieser Größenordnung?

Was jetzt den Komfort an den Venues angeht, ja. Wenn man da Platz hat und es Leute gibt, die einem den Scheiß hinterherschleppen. Und hier hat man halt Platzprobleme, wenn man unten im Raum am Aufbauen ist. Hier geht's heute, wir hatten jetzt schon ein paar engere Sachen dabei, wo die Bühnen kleiner waren. Klar, da hat man sich schon an die größeren Sachen gewöhnt und weiß das dann auch mehr zu schätzen. Aber es ist beides schön - gerade in einer kleineren Venue bist du näher an den Leuten dran und kannst denen ins Gesicht gucken. Da entsteht eine Kommunikation, wenn man Augenkontakt mit den Leuten hat, das ist auch cool. Das ist auf jeden Fall ein großer Pluspunkt für solche Clubshows.

Habt ihr auch etwas Freizeit auf Tour?

Naja, ich habe ja jetzt gerade hier etwas Freizeit mit euch. Je nachdem, wie lange man in der Nacht noch wach war, wacht man so um acht oder neun auf. Da hat man dann auf jeden Fall Zeit für sich und kann sich bis zum Ausladen in der Stadt umgucken, was meistens zwischen 13 und 15 Uhr ist. Dann wird ausgeladen und aufgebaut, dann machen wir Soundcheck...und danach ist dann wieder Zeit bis zum Auftritt. Es gibt schon genug Zeit zum Totschlagen.

Seid ihr auf Festivals auch mal als Besucher unterwegs?

Höchstens beim Party.San, weil das in der Nähe ist. Ich war das erste Mal beim Party.San, da war ich 16. Das ist schon ein besonderes Festival, wo man, wenn man so in der Szene angekommen ist, sich auch mit den Leuten schön verabreden und einen trinken kann.

Wie geht es nach der Festivalsaison weiter?

Wahrscheinlich kommt noch eine Tour zum Ende des Jahres, zu der ich aber noch nichts sagen kann. Da freuen wir uns auf jeden Fall drauf.

Ich habe den Eindruck, für euch läuft’s im Moment (verdientermaßen) gut. Denkt man da auch mal darüber nach, wo man als Band in fünf Jahren steht?

In fünf Jahren? Naja in fünf Jahren spielen wir hier im Schlachthof...[lacht]...vor 2.000 Leuten. In fünf Jahren...ach, das weiß man nie, wo das hinführt, kein Plan. Also, wir werden sicher mal eine neue Platte machen, neue Kontakte knüpfen...aber wir sind, glaube ich  auf einem sehr guten Weg. Also, als der Nightliner vorm Proberaum vorgefahren ist, war das schon ein seltsames Gefühl. Oder als wir mit den APOKALYPTISCHEN REITERN in Leipzig gespielt haben...in der Location hatte ich das erste große Metalkonzert überhaupt erlebt. Das war auch mit 16, glaube ich. Da habe ich AMON AMARTH als Vorband von DIMMU BORGIR gesehen. Und jetzt da mit dem Nightliner vorzufahren und da abends zu spielen, das war schon abgefahren, also eine klasse Erfahrung. Ich bin ganz optimistisch, dass wir da noch ein paar mehr Leute erreichen können mit unserer Musik. Und ich finde es natürlich auch schön, neue Botschaften transportieren zu können - neben der Musik, die natürlich Spaß macht und auch den Leuten Spaß machen soll, die sie hören. Aber dann noch irgendetwas zu sagen zu haben, ist auch wichtig für mich. Und deswegen auch..."Drowned By Humanity"...

Habt ihr ein Gefühl oder eine Idee, wie sich eure Musik in Zukunft entwickeln wird?

Ne, davon lassen wir uns auch selbst überraschen...was so aus den Fingern in den Computer reinfließt. So ist es bei mir zumindest, ich bin da mehr so der Gefühlstyp.

Ist von eurer jetzigen Session noch Material übrig?

Es bleibt immer mal ein bisschen was übrig. Wir haben ja jetzt z. B. noch einen Song drauf als Bonustrack, der sehr alt ist und den wir noch nicht aufgenommen haben. Ma' gucken, was da kommt, jetzt sind wir erst mal beschäftigt. Vielleicht machen wir jetzt mal eine größere Pause, wir hatten ja jetzt einen recht engen Rhythmus von zwei bis drei Jahren. Mal sehen, wie lange wir jetzt mit dem Album touren können [lacht].

Noch einmal vielen Dank für deine Zeit, es hat uns viel Spaß gemacht! Wir sind gespannt und wünschen euch weiterhin viel Erfolg! Bleibt mir nur noch, euch (und uns...) für die heutige Show viel Spaß zu wünschen! Noch ein Wort an die Fans zum Abschluss?

Öhm - sauber bleiben!


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