Interview: TURILLI / LIONE RHAPSODY - Fabio Lione

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Als wir die 20 Jahre Farewell Tour gemacht haben, war es für Luca und mich zuende. Wir haben mehrere Male Alex eingeladen, aber er wollte nicht mitmachen... Wir verstehen bis heute nicht warum. Er hätte mittouren und danach trotzdem seine neue Platte machen können.

Schon wieder eine neue RHAPSODY Band? Ja hört das denn jemals auf? Ob man stilistisch neue Wege geht oder etwas altes aufwärmt, haben wir im Interview mit Sänger Fabio Lione erörtert!

Text: Sonata
Veröffentlicht am 05.07.2019

Sowohl du als auch Luca habt die Farewell Tour mit RHAPSODY gemacht und beschlossen, dass das Kapitel RHAPSODY damit für euch beendet ist. Luca hat seine Band LUCA TURILLIS RHAPSODY zu Grabe getragen, um sich auf Filmmusik zu konzentrieren. Nun seid ihr wieder gemeinsam am Start unter dem Banner RHAPSODY. Wie ist das passiert?

Eigentlich haben wir gar nichts geplant. Wir haben viele Anfragen erhalten, 20 Jahre Geschichte von RHAPSODY zu feiern. Am Anfang sollten wir ungefähr sechs Monate spielen, doch am Ende war die Tour so erfolgreich, dass wir eineinhalb Jahre gespielt haben. Danach haben uns viele Leute danach gefragt, weiter zu machen. Wir wollten ein Rock/Symphonic Projekt wie QUEEN kreieren und nach der Tour fragten wir uns, wieso wir nicht weiter machen als eine NEUE Band? Wir wollten eigentlich ZERO GRAVITY als unseren Bandnamen verwenden, was letztlich der Grund ist, warum unsere Platte so heißt. Wir wollten das als neue Band aufziehen, aber viele Record Labels, Promoter und so weiter haben uns gesagt, dass wir dann von Null anfangen würden. Keine guten Angebote für Club Shows oder Festivals wären möglich. Ihr habt so hart gearbeitet über 20 Jahre, um diesen Brand zu kreieren, also warum diesen Namen nicht weiter nutzen? Also haben wir uns am Ende dazu entschieden, unsere Namen mit dem Namen RHAPSODY zu kombinieren. Das Logo haben wir verändert. Wir haben den Fans ganz klar aufgezeigt, dass wir was neues machen wollen, auch wenn es mit unserer Historie verknüpft ist. Und jetzt gab es quasi schon drei RHAPSODY Bands. LUCA TURILLIS RHAPSODY gibt es nicht mehr, nun sind es also zwei heutzutage. Aber beide Bands sind völlig verschieden. Die anderen Jungs machen ja den gleichen Kram, den wir seit Jahren gemacht haben. Wir gehen in eine ganz andere Richtung, was den Sound angeht und auch den Stil der Songs. Die Leute werden verstehen, wie die Dinge laufen. Meine Entscheidung, RHAPSODY OF FIRE zu verlassen, war klar. Ich habe schon darüber nachgedacht, zwei Jahre bevor ich es letztlich tat. Wir hatten andere Visionen. Ich sollte die Lyrics schreiben, nachdem Luca weg war. Also schrieb ich alle Texte für die folgenden zwei Alben. Alex Staropoli war zufrieden, „aber wieso kreierst du keine neue Saga?“, fragte er mich. Und ich sagte „Seid ihr verrückt? Nach 15 Jahren der Saga mit acht Alben etc. soll ICH eine neue Fantasy Saga kreieren?“ Wir hatten einfach andere Visionen und ich wollte neue Dinge ausprobieren, die mehr Elemente mitbringen, progressiver und moderner klingen. Aber sie wollten im alten Stil verbleiben, also musste ich hier einen Cut machen. Wenn du realisierst, dass du die Dinge anders betrachtest, hast du keine Wahl. Luca und ich hätten nicht gedacht, dass wir auf der Farewell Tour so eine gute Energie zusammen haben würden. Wir dachten, wir machen die Tour und das war es. Aber alles lief so gut, dass es sich verändert hat. Wir dachten, dass wir nun andere Personen sind und haben seit acht Jahren nicht mehr zusammen gespielt. Wir wollen andere Musik komponieren, also lass uns neu anfangen. 


Es gibt natürlich ein paar Gleichheiten zwischen LUCA TURILLIS RHAPSODY und eurer RHAPSODY Band. Der größte Unterschied liegt zwischen den Vocals. LTs RHAPSODY hat sehr viel Chor genutzt, während das neue Werk mehr auf deine Stimme setzt. War das intendiert oder kam es einfach so?

Das war der Plan! Wir haben in San Marino mit den Vocals angefangen! Normalerweise kommt das als letztes, aber wir haben damit angefangen. Die meisten Songs habe ich also ohne Gitarre, Bass etc. eingesungen, weil wir die Songs um die Stimme herum aufbauen wollten. Die Connection zu LTs RHAPSODY sind die cineastischen Elemente und teilweise auch Chöre etc. Aber ansonsten sind wir anders einzuordnen. Alessandro Conti ist ein Top Sänger, aber er tendiert mehr Richtung Power Metal. In unserer neuen Band haben wir eine größere Bandbreite und ich liebe das! Das ist es, was ich immer tun wollte. Wir haben aggressive Parts, progressive, Oper, Power Metal und sogar ein paar QUEEN Einflüsse. Es ist vielseitiger und nicht so langweilig. HEUTE ist es das, was wir machen wollen. Ich kann mir keine Platte mehr anhören, die aus einer Stunde Power Metal besteht. Luca sieht das genauso. So ist es und ich denke, dass wir etwas veröffentlichen, das anders und einzigartig ist. Du fühlst nach wie vor den RHAPSODY touch, aber wir haben viel mehr Elemente eingebaut. Instrumente aus Indien, Tibet, etc. Prinzipiell steckt da alles drin, was wir lieben und das ist es, was Spannung aufbaut.


Das ist ja auch etwas positives! Erst war ich überfordert mit der neuen Platte, weil da so viele neue Elemente waren, auch wenn ich damit teilweise vertraut war. Du hast es ja erwähnt, es gibt ein paar QUEEN Parts. Sowas liebe ich und letztlich passt es ja zu deiner Stimme, die sehr viele Stile bedienen kann.


Diese Platte ist es, wo wir alles ausprobiert haben. Die Energie zwischen mir und Luca ist eine perfekte Kombination und mit anderen Bands kann ich das nicht ausleben. Für Luca ist es ebenso. Ich habe das in der Vergangenheit mit anderen versucht, aber es funktionierte nicht. Doch wir beide haben dieselben Visionen und wir kennen uns schon so verdammt gut, dass er schon in seinen Gedanken Kompositionen hat, die perfekt zu meiner Stimme passen. Und ich kann das sofort singen und gleichzeitig einzigartig klingen lassen. Simone Mularoni war sehr überrascht im Studio. Es war unsere erste Arbeit mit ihm, vor allem für Luca. Speziell die QUEEN-Parts haben Simone sehr überrascht. „Wir werden dafür mindestens EINE Woche brauchen!“, aber er hat realisiert, dass es für Luca und mich anders ist. Wir brauchten eine Stunde und es kam einfach alles zusammen. Es ist irgendwie komisch, aber es ist wie es ist. Endlich waren wir dazu in der Lage, so viele Elemente zu verarbeiten und wir LIEBEN QUEEN. Ich glaube auf der Platte wirst du realisieren, wie sehr sie uns inspirieren. Wir wollen niemanden kopieren, aber wir wollten Songs komponieren, die den Einfluss erkennen lassen. Ich bin sehr glücklich, wenn Leute die Platte hören und an QUEEN denken. Das bedeutet, dass wir keinen Müll produzieren. „Phoenix Rising“ als Opener ist sehr ähnlich zu LTs RHAPSODY, aber es ist nur einer der zwei Songs des Albums, der sich da ähnlich verhält. Der Rest der Platte ist anders. Wir brauchten einen Song, der eine Brücke baut zwischen Vergangenheit und dem, was wir nun tun. „Phoenix Rising“ verkörpert genau das. 


Es war letztlich die erste Single mit einem Lyric Video, aber wird es ein komplettes Video geben und welcher Song wird es werden?


Wir werden ein neues Lyric Video machen, gar keine Frage. Wir haben ja mit Elize gearbeitet und sie ist eine tolle Sängerin. Wahrscheinlich wird es also „DNA“. Der Titeltrack wird Teil des offiziellen Videos und danach planen wir, ein viertes Lyricvideo zu veröffentlichen, wenn die Platte draußen ist. 


Du hast gerade Elize erwähnt, mit der ihr zusammengearbeitet habt. Die Kombination eurer beider Stimmen hat sehr gut funktioniert. Und auch wenn es einer der kürzeren Songs ist, so offenbart er doch tonnenweise frische Elemente. Es ist einfach kein Album, wo ihr euch kopiert habt oder nur das tut, was die Fans erwarten würden.


Wenn wir ein neues Album hätten veröffentlichen wollen, was unserer Vergangenheit ähnlich war, wäre es einfacher gewesen. Wir hätten Geld und Zeit gespart. Aber das war es nicht, als wir wollten. Wir  wollten was neues kreieren und das haben wir auch geschafft. Wir sind zufrieden mit dem Resultat. Als wir den Song komponiert haben, haben wir an Elizes Stimme gedacht. Wir haben die Kamelot Tour damals zusammen gemacht und ihre Stimme ist wirklich grandios. Die Kombination zwischen ihr und mir funktioniert super. Wir sind uns ähnlich, haben ähnliche Farben in der Stimme. Sie ist mein weiblicher Part und ich bin ihr männlicher Part. (lacht). Manchmal funktionieren zwei Stimmen perfekt zusammen und sie hatte wirklich Lust auf die ganze Sache. Sie hat die finale Version gehört und war sehr zufrieden. Ich denke, dass viele Fans es mögen werden, auch wenn es anders klingt. Aber das ist der Punkt! Wir wollten keine Limits oder nur in eine Richtung komponieren. Es ist toll, Freiheiten zu haben, Songs in verschiedenen Stilen zu schreiben. Also können wir den Fans auch eine neue Show bieten, die keine Langeweile aufkommen lässt. 


Das Artwork erinnert sehr stark an den Stil, den LUCA TURILLIS RHAPSODY hatte. ist es storytechnisch ähnlich oder strebt es was anderes an?

Natürlich ist es ähnlich, was das Artwork angeht, denn wir sprechen ja über „Phoenix Rising“. Es ist kein klassisches Konzept diesmal. Prinzipiell siehst du eine moderne Stadt, wo ein Phoenix aufsteigt. Es ist mehr eine Message. Die Stadt ist der materielle Aspekt des Lebens. Das Mädchen erreicht einen neuen Bewusstseinszustand und es ist eine metaphorische Bedeutung. Das verbindet jeden Song. Es ist kein Konzept, kein sci-fi Konzept oder Fantasy oder was auch immer. Nichts dergleichen. Alle Lyrics beschäftigen sich mit dem Geheimnis des Lebens, höhere Bewusstseinszustände zu erreichen, das spirituelle Leben. Das sind Dinge, die hier eine Rolle spielen. Es geht um Genetik, die Welt, die sich verändert. Wir haben auch einen Song, der ein Tribut an Leonardo da Vinci ist. Dieser Mann war ein Genie und hat vor 500 Jahren Dinge getan, die fast unmöglich waren für einen normalen Mann. Dieses Artwork repräsentiert ein höheres Level des Bewusstseinszustandes.


Am Anfang haben wir über den Fakt gesprochen, dass es zwei RHAPSODY Bands aktuell gibt. Ihr kopiert die anderen Jungs nicht und sie machen weiterhin Fantasy Power Metal. Ich habe mich gefragt, was Alex darüber denkt und ob ihr in Kontakt steht. Er war ja auch nicht bei der Farewell Tour dabei.


Es gibt gar keinen Kontakt. Ich weiß nicht, wie es bei ihnen so läuft innerhalb der Band. Ich wusste nur, dass sie eine neue Platte machen, die den alten Stil verkörpert. Das macht mich happy, denn beide Bands sind nun völlig unterschiedlich, Musikalisch als auch lyrisch. Nur Das Wort RHAPSODY verbindet uns noch. Wir haben gar keinen Kontakt mit ihm, führen auch keinen Wettbewerb oder ähnliches. Ich wünsche ihm nur das Beste mit den neuen Jungs, aber es ist auch irgendwie traurig, dass wir nach so vielen Jahren nicht mehr miteinander reden, aber es ist wie es ist. Wir können da nicht so viel tun, um ehrlich zu sein. Es ist komisch, dass die meisten Member der alten Band nun in einer neuen Band sind, die komplett neue Musik komponiert. Und die jungen Leute machen das, was wir seit 20 Jahren gemacht haben. Das ist irgendwie merkwürdig, aber es ist okay, solange Alex damit glücklich ist. Als wir die 20 Jahre Farewell Tour gemacht haben, war es für Luca und mich zuende. Wir haben mehrere Male Alex eingeladen, aber er wollte nicht mitmachen... Wir verstehen bis heute nicht warum. Er hätte mittouren und danach trotzdem seine neue Platte machen können.


Vielleicht hat es was mit Stolz zu tun? 


Wir haben die Tour vor einem Jahr beendet und die Platte kam erst vor drei Monaten oder so. Er hätte beides tun können, aber er wollte nicht… Vielleicht wollten die neuen Member seiner Band es auch nicht. Wir haben ihn gefragt, also sind wir mit uns im reinen… Wenn er nicht mitmachen wollte und er damit glücklich ist, dann ist das okay für uns. Es gibt nach wie vor zwei Bands, die weiter machen und für beide scheint es gut zu laufen. Wir klingen anders, also ist doch alles super. Manche Fans können seine Musik hören oder unsere. Es wäre dämlich, wenn wir die gleiche Musik machen würden wie sie. Für Luca und mich wäre das nicht authentisch, weiterhin diese alte Musik zu machen. Wir hören andere Musik heutzutage und daher können wir keine Power Metall Scheibe mehr machen, weil wir diese Musik nicht mehr hören. 


Du hast gesagt, dass das Kapitel RHAPSODY für dich und Luca vorbei war nach der Farewell Tour und das ihr diese Form der Musik nicht mehr hört. Das ihr neue Dinge angehen wollt, was ihr getan habt mit der neuen Scheibe. Was können wir auf der Tour denn erwarten? Werdet ihr alte Songs spielen oder konzentriert ihr euch auf neue Songs? Ich bin großer Fan der Olaf Hayer LUCA TURILLI Songs. Gibt es Pläne, alte Songs zu spielen?

Ich hätte damit kein Problem, aber ich denke nicht, dass Luca das will. Luca möchte was neues machen und das haben wir gemeinsam vereinbart. In den ersten Shows werden wir ein paar alte Songs spielen. Wir haben nur ein neues Album, das eine Stunde Spielzeit hat. Damit können wir keine zwei Stunden füllen. Und des Weiteren würden uns Fans nach alten Songs fragen… Darüber haben wir gesprochen und wir wählen Songs aus, die mit den neuen Songs gut kombiniert werden können. Zum Beispiel „Sea Of Fate“ von „Frozen Tears Of Angels“ oder auf „Symphony I“ „Riding The Winds Of Eternity“, der sehr progressiv ist. Diese Songs werden wir spielen. Andere werden wir nie wieder spielen, zum Beispiel „Emerald Sword“. Klar wird das Fans enttäuschen, aber das haben wir entschieden. Wir wollen was neues machen. Wenn es ein neues Album geben wird, konzentrieren wir uns auch nur auf dieses Material.


Das ist ja auch konsequent, also kann ich damit leben! Gibt es einen Song, den DU gern mal live singen wollen würdest, den du noch nie live singen konntest?


Wow… Da gibt es SO viele… Vielleicht "Gargoyles"? Dieser Song zum Beispiel. Da sind so viele Songs, aber wenn du mehr als zehn Alben veröffentlicht hast, dann gibt’s immer Songs, die du nie spielen konntest. Aber wenn ich an alle Alben denke, dann ist dies einer von denen, die wir nie gespielt haben. Der letzte Song auf "Into The Legend" gefällt mir auch. Aber wir hatten nicht die Zeit, ihn live zu spielen, weil er so lang ist. 


Okay Fabio! Vielen lieben Dank für dieses interessante Interview! Ich wünsche euch viel Erfolg mit der neuen Platte! Man sieht sich auf Tour!

Dankeschön Christian, hat Spaß gemacht!


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