Interview: DEMONS & WIZARDS - Hansi Kürsch

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"Ich mache Musik, weil es Teil meiner selbst ist."

Mit Hansi Kürsch stand mir einer der besten und freundlichsten Sänger des Genres ehrlich (und ganz ohne einstudierte Promotion-Floskeln) Rede und Antwort. Neben interessanten Einblicken in DEMONS & WIZARDS gab er mir einen Ausblick auf die neue BLIND GUARDIAN-Veröffentlichung.

Text: El Greco
Veröffentlicht am 05.03.2020

Ein Interview mit Hansi Kürsch macht man gerne. Hansi spielt sich nicht als Rockstar auf, sondern wirkt in jedem Gespräch wie der "Hansi aus Krefeld", dem es Spaß macht, über seine Leidenschaft zu sprechen. Dabei ist er offen, ehrlich, eloquent, zu Scherzen aufgelegt und generell sehr freundlich. Auch wenn man übertriebenen Personenkult ablehnt, muss man auch mal sagen, wenn jemand einfach ein sympathischer Mensch ist.  Und das ist der Hansi, mit dem man auch gerne auf ein Bier gehen würde, wenn er eben kein toller Metalsänger wäre. Dieses Interview wurde in weiterer Folge eher zu einem lockeren Gespräch, bei dem man das altbackene "Frage/Antwort"-Schema schnell ad acta legte. Und genau deshalb wurde es meiner Meinung nach sehr informativ und gibt uns einen vielseitigen Einblick in das Leben des Sängers. Neben vielen interessanten Informationen zu "III", erfolgt auch ein Ausblick auf die folgende BLIND GUARDIAN-Veröffentlichung:

Hallo Hansi, es freut mich sehr, dieses Interview mit Dir führen zu können.

Vielen Dank! Freut mich ebenfalls!

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich Dich das letzte Mal vor vielen Jahren bei meinem bisher leider einzigen BLIND GUARDIAN-Konzert gesehen habe. Und damals hast Du mir sehr leid getan, denn du warst schwer erkältet und hast die Show dennoch tapfer durchgehalten. Aber heute hörst du dich zum Glück gesund an. 

Ich höre mich zwar gesund an, aber jetzt wo du es sagst, muss ich schon sagen, dass dies irgendwie “story of my life“ ist. Wenn die Tour beginnt, sind die Erkältungen gerade für uns Sänger oft nicht weit weg. Aber wenn du eine dieser Shows gesehen hast, bist du das Leiden ja etwas gewöhnt. Für mich ist es bei BLIND GUARDIAN natürlich immer sehr schön, wenn die Leute so viel mitsingen. Dann geht es auch mit Erkältung, wobei du den Körper natürlich nicht dazu zwingen kannst, immer so funktionieren. Wenn die Erkältung dann drin ist, kann man reichlich wenig machen. 

Also dann einfach Augen zu und durch und versuchen, das Beste zu geben?

Exakt. Das ist auch so ein bisschen die Politik von BLIND GUARDIAN. Wegen Krankheit sagen wir keine Show ab. Aber ich muss auch zu meiner Schande gestehen, wenn ich wegen jeder Grippe abgesagt hätte, hätten wir ungefähr 30-40% aller Konzerte nicht spielen können. Wobei das größte Problem ist dann ohnehin nicht die Erkältung selbst, sondern was man seiner Stimme dann damit antut, weil man das Resultat daraus dann doch oft lange mit sich mitträgt. Kurzfristig ist man da sehr limitiert in dem, was man tun kann. 

Also muss man für die Kunst leiden?

Ja, allerdings hilft es schon, wenn man früh schlafen geht und wenig redet. Zumindest partiell. Aber wenn ich auf die Bühne gehe, versuche ich nie leidend rüberzukommen oder das dem Publikum mitzuteilen. Die meisten, so wie du, kriegen das aber eh mit. (Hansi lacht)
Ich wundere mich nur immer etwas bei Konzerten, die gesundheitlich nicht so laufen, dass manche Leute sich dann darüber beschweren, dass manche Töne nicht getroffen wurden. Die Alternative dazu wäre ja, abzusagen. Und aus meiner Zeit als die-hard fan muss ich sagen, dass ich nichts mieser fand, als eine abgesagte Show. 

Ich war auf jeden Fall froh, euch damals gesehen zu haben und fand es eigentlich sehr respektabel, dass du trotzdem dein Bestes für die Fans gegeben hast.

Das ist schön. Und das obwohl es die bisher einzige Show war, die du von uns gesehen hast. Das ist dann gleich doppelt schön. 

Im Übrigen fand sogar meine kleine Tochter eure Musik (und hier vor allem den "Bard´s Song“ und "Mirror Mirror“) toll, die ich mir im Rahmen meiner Recherche natürlich vermehrt zu Gemüte geführt habe. Die Metaljugend wächst heran, also musst du auch mit 75 Jahren noch ran, oder wie siehst du das?

Da habe ich noch über 20 Jahre Zeit, aber ich hätte ohnehin das Ziel auch dann noch kreativ musikalisch tätig zu sein. Ob ich dann noch auf der Bühne stehen kann, ist natürlich eine andere Frage. Wobei der "Bard´s Song“ wohl auch dann noch funktioniert. 
Dass auch deiner Tochter ausgerechnet dieser Song gut gefällt, macht auch Sinn. Bei BLIND GUARDIAN ist oft die Schwierigkeit, dass natürlich sehr viel rundherum passiert. Das sind oft ganz tolle Informationen, aber es ist viel schwieriger das zum Klingen zu bringen, als eine Nummer mit wenigen Instrumenten, auch wenn wir natürlich schon ganz gut wissen, was da in einem Song abgeht. Der “Bard´s Song“ ist da im Vergleich sehr reduziert, aber eben, weil da nicht so viel passiert, funktioniert er gerade. 

Da hast du natürlich Recht, Hansi. Aber natürlich will ich auch mit dir über “III“ sprechen. Aus meiner Sicht ist das neue DEMONS & WIZARDS Album ganz anders als z.B. der Vorgänger “Touched By The Crimson King“. Siehst du das auch so? Wo siehst du Unterscheide, bzw. wo würdest du auch Ähnlichkeiten sehen?

Also ich glaube, dass wir nun definierter sind. “III“ ist ein DEMONS & WIZARDS-Werk geworden, während bei den ersten Alben mehr Charakteristika von sowohl BLIND GUARDIAN als auch ICED EARTH vorkamen. 
Die Parallelen sehe ich im Atmosphärischen. Wir haben auf den ersten beiden Alben schon gemerkt, dass dies etwas ist, was wir noch stärker ausarbeiten und hervorheben möchten. Da kommt nun wieder etwas das „Definierte“ ins Spiel, denn ich denke, dass wir bei “III“ etwas konkreter in unserer Herangehensweise waren. 
Was sich meiner Meinung nach auch noch stark von den ersten beiden Alben unterscheidet, ist die Vielfältigkeit in der Anlage der Songs. Da ist von alternativen Gitarren-Arrangements wie in “Invincible“ über down-tuned, fast schon Extrem-Metal-Komponenten wie bei “Diabolic“ bis “Classic Rock“-Anleihen bei “Midas Disease“ oder “Children Of Cain“, alles dabei. Das ist schon eine große Bandbreite. Das war auch eine Zielsetzung bei den ersten beiden Alben, aber das ist glaube ich noch nicht so gut skizziert gewesen. Das ist für mich der große Unterschied. An der Produktionsweise und dem Arrangement haben wir eigentlich wenig geändert. Wir waren wohl nur einfach etwas klarer, was wir erreichen wollten und hatten eine stärkere Vision. 

Ergab sich diese stärkere Vision und die Präzisierung der Elemente einfach dadurch, dass ihr 15 Jahre Zeit hattet, um dies zu schärfen? Oder habt ihr in der Zwischenzeit kaum über DEMONS & WIZARDS gesprochen?

Wir haben viel über DEMONS & WIZARDS gesprochen und waren uns sicher, ein Album machen zu wollen, aber wir haben lange Zeit nicht über die Musik gesprochen und hatten nicht wirklich Zeit, sich miteinander hinzusetzen und Musik zu schreiben. Entweder war ich mit BLIND GUARDIAN unterwegs oder Jon mit ICED EARTH. Eigentlich haben wir für das komplette Songwriting insgesamt nur ca. ein Jahr gebraucht. Wir haben drei Songs so 2016/17 geschrieben. Zudem hatte Jon noch drei Songs, die er ursprünglich für ICED EARTH geschrieben hatte, für die er aber keinen passenden Gesang hatte. Die hat er mir mal mitgegeben. Das waren die Songs “Universal Truth“, “Invincible“ und “New Dawn“. Mit denen konnte ich mich dann auseinandersetzen und dann hatte ich auch recht schnell meine Arrangements beisammen. Der Rest der Songs ist dann tatsächlich so zwischen Oktober 2018 und März 2019 entstanden. Wir haben uns da natürlich sehr intensiv ausgetauscht und hatten da einen sehr guten Run. Was wir vorher schon gemacht hatten, war zu vereinbaren, dass wir mehr auf die Atmosphäre setzen und eben auch mehr die Classic Rock-Elemente inkludieren, da wir beide große Fans davon sind. Aber das waren eigentlich alle „Vorabsprachen“ zu dem Thema.

Sehr interessant, dass du das sagst. Ich habe mir notiert, dass “New Dawn“ instrumental sehr nach ICED EARTH klingt und “Midas Disease“ sehr in Richtung AC/DC geht. Zweiteres fand ich sehr überraschend….

Ja, wobei ich es lustig finde, dass du “New Dawn“ eher in Richtung ICED EARTH sehen würdest. Bei den Überbleibseln von Jon für das letzte ICED EARTH-Album, dachte ich mir noch, dass diese Songs weder nach ICED EARTH, noch an DEMONS & WIZARDS oder BLIND GUARDIAN klingen würden. Ich war sehr überrascht. “New Dawn“ war tatsächlich für das letzte ICED EARTH-Album vorgesehen, aber ich konnte mir das melodisch gar nicht darauf vorstellen. Ich hatte schnell relativ gute Ideen dafür, fand es aber sehr untypisch für Jon und ICED EARTH.

Interessant, wie unterschiedlich man das wahrnimmt. Ich empfand zum Beispiel "Dark Side Of Her Majesty“ als typischen DEMONS & WIZARDS-Song, bei dem Elemente von beiden Seiten wie eben der hymnische Charakter von BLIND GUARDIAN und die galoppierenden ICED EARTH-Riffs zu einem Ganzen verschmelzen. 

Finde ich sehr interessant. Hätte ich nun auch nicht so gesehen. Stimmt natürlich, dass diese Elemente drin sind und dies dann die Quintessenz von DEMONS & WIZARDS ist. Es ist eigentlich sehr schwierig, dir einen Song zu nennen, den ich so als die Quintessenz von DEMONS & WIZARDS sehe. Ich gehe da immer etwas nach meinen Lieblingen. Für mich ist da trotz der down-tuned-Gitarren irgendwie “Diabolic“ so die Quintessenz. Da gibt es auch ein definiertes Ende mit atmosphärischen Gitarrenteilen und den angelistischen Gesangsparts. Also wenn mich jemand fragen würde, welcher Song DEMONS & WIZARDS am besten beschreibt, dann würde ich “Diabolic“ wählen. 

 


Jetzt bin ich etwas beruhigt. Denn “Diabolic“ war der zweite Song, den ich in meinen Notizen als „typisch“ beschrieben habe….

Gut (lacht). Naja, “Dark Side Of Her Majesty“ war ein Song, der Jon unglaublich am Herzen lag. Ich finde es ist ein guter Metal-Song mit viel Theatralik, die wir dementsprechend ausgearbeitet haben, aber meine Lieblinge sind andere Songs des Albums. Was natürlich stimmt ist, die Tatsache, dass dieser Song auch viel Orchestrales hat, was natürlich zu beiden Bands gut passt. 


Du hast mir nun quasi eine Frage fast vorweggenommen. Welche Songs würdest du als deine Lieblingssongs des Albums bezeichnen? Und wie würdest du die Songs den Fans beschreiben?

Also ich würde an Nummer eins “Children Of Cain“ sehen. Das ist für mich eine sehr gelungene Komposition, die für mich Tendenzen hat, in den Classic Rock abzudriften, aber auf der anderen Seite würde ich da auch sehen, dass unsere Wurzeln nicht verleugnet werden. Es ist ein sehr lyrischer und sehr dynamischer Song, der sehr viele Einzelheiten aufweist. Da geht es schon oft in sehr orchestrale, musical-ähnliche Gesangsrichtungen, während die Gitarrenarbeit eher atmosphärisch, akustisch und teilweise fast etwas doomig ist, aber auch immer wieder sehr intensive Momente hat. Das ist es, was mir an Musik sehr gefällt, bzw. was anhand der Beschreibung wohl vielen Fans gefallen sollte.

Dann hattest du gerade "Midas Disease" genannt. Das war für mich so eine Überraschungsnummer, weil man das weder von Jon noch von mir erwarten würde. Ich fand es aber schön, wie wir uns dieses Spielfeld zu Eigen gemacht haben und dass da so eine dedication zu AC/DC stattfindet.
Aber auf der anderen Seite würde ich trotzdem sagen, dass man gut erkennt, wer die Macher dieses Songs sind, nämlich Jon und ich. Sowohl Jons Gitarrenspiel hinterlässt eine Marke, als auch wie ich den Gesang hier arrangiere. Das ist schon recht prägend für mich. 

Natürlich gibt es da einige Lieblingssongs bei mir. Wenn ich noch einen aussuchen müsste, dann wäre dies wohl "Universal Truth". Der hat für mich auch eine sehr positive Stimmung und hält diesen Vibe über den gesamten Song. Er hat auch einen sehr interessanten Refrain, an dem wir eine Weile gefeilt hatten. Jon und ich hatten da unterschiedliche Vorstellungen. Wir haben dann diese Vorstellungen zusammengebracht und daraus wurde eine Melange, die einen extrem starken Hookline-Charakter hat und, glaube ich, den Leuten gefallen wird. 

Da hast du dir ein paar interessante Lieblinge ausgesucht. Diese Songs sind alle drei auch wirklich speziell und überraschend. Vor allem bei "Midas Disease" war ich überrascht, obwohl es dann tatsächlich zu einem DEMONS & WIZARDS-Song wird...

Es ist natürlich AC/DC. Der Gesang klingt scheinbar nach WASP und Blackie Lawless. Darüber hatte ich nie nachgedacht. Das waren so viele, die das gesehen haben, inklusive Jon, da kann ich mich dann auf den Kopf stellen und sagen, dass ich wie Bon Scott oder Brian Johnson klingen wollte.
Wenn es Blackie Lawless wird, dann wird es eben Blackie Lawless. Das ist okay und liegt in der Natur der Sache. Man kann den Klangcharakter einer Stimme eben doch nicht so verändern und anscheinend klingt meine Stimme, wenn ich sie rau einsetze, eher nach Blackie. Aber das ist ja auch nicht schlecht eigentlich. 

Das stimmt. Wobei deine Stimme ohnehin einen unglaublich hohen Wiedererkennungswert hat. Man erkennt sie immer. Blackie Lawless hätte ich nicht als Referenz gesehen. Für mich war das trotzdem "typisch Hansi".

Siehste. So hätte ich das auch gesehen. Meine Herangehensweise war wirklich, dass ich etwas wie Brian Johnson singen wollte, weil das instrumentale Arrangement so nach AC/DC klang, aber natürlich in der Art und Weise wie ich das eben so mache. 
Dann hab ich mir gedacht, dass dies mit Brian Johnson alleine doch nicht klappt, weil die Nummer recht heavy ist, dann versuchte ich noch etwas Alice Cooper und Jon Oliva reinzubringen. (Anm.: Hansi lacht) An Blackie Lawless hätte ich gar nicht gedacht. Aber wie man sieht, kann ich mich wohl selbst nicht ganz verleugnen und einschätzen. 

Hat aber echt Spaß gemacht, diese Nummer aufzunehmen. Das war auch in der Herangehensweise eher so im klassischen Rock ´n´ Roll anzusiedeln, auch bei der Aufnahme merkt man das. Da wird dann nicht gar so ins Detail gegangen und man performt einfach mal. Das ist ein Privileg das ich sehr selten habe.

Meist ist bei uns doch alles ausdefiniert und dann kommt es mehr auf die Präzision an. Hier kam es mehr auf den Spaß an.

Ich würde auch gerne mit dir gerne über die Lyrics unterhalten. Ich habe mir notiert, dass sie "düster" geworden sind, was jetzt nicht die große Überraschung ist (Anm: Hansi lacht), aber aus meiner Sicht sind sie auch weniger im Fantasybereich zu sehen als sonst, sondern eher etwas sozialkritischer geworden. Demnach meine Frage: Hatten soziale und politische Vorkommnisse einen besonderen Einfluss auf deine Lyrics?

Also ich muss einmal klarstellen, dass ich zwar für den Großteil der Lyrics verantwortlich bin, aber dieses Mal nicht für alle. Auf diesem Album war Jon für die Lyrics von drei Songs verantwortlich und zwar waren dies "Dark Side Of Her Majesty", "Timeless Spirit" und "Wolves In Winter". Der Rest geht dann auf meine Kappe.

Jon hat auf jeden Fall Freestyle-Texte gemacht. Die waren jetzt nicht primär von gesellschaftlichen oder zeitpolitischen Aspekten beeinflusst. Das ging bei ihm tatsächlich eher in Richtung Philosophie, Meditation, Weltbetrachtung, aber eben eher auf esoterischer Ebene. 

Bei mir waren die Texte schon öfter eher inspiriert von Literatur, aber es gibt auch einige Songs wie "Children Of Cain" oder "Diabolic", die da etwas "freier" waren und immer einen Bezug zur Gegenwart, bzw. zu Sachen haben, die in irgendeiner Form eine Bedeutung für mich haben. Dies mag nur eine Betrachtung oder ein Umstand sein. 

Ähnliches gilt auch für "Midas' Disease". Im klassischen Sinne der gesellschaftskritischte Text, ist sicherlich "Midas Disease". Dabei geht es um amerikanische Fernsehprediger, die nur mit der Macht des Wortes eine unglaubliche Manipulationskraft entwickeln und damit auch durchkommen. Das ist dann natürlich übertragbar auf Politiker, Autoverkäufer, Versicherungsvertreter und noch viele andere Leute. Das ist schon interessant, wie sie das Wort, und eben nur das Wort nützen, um Leute zu beeinflussen und die Massen auf ihre Seite zu bekommen.

Dann hab ich es zumindest partiell richtig erkannt (Anm: Hansi ist weiterhin gut gelaunt und lacht auf der anderen Seite des Hörers). Bei "Midas Disease" ist es natürlich auch eindeutig, dass es um Gier und auch Manipulation geht...

Ja, genau. Das ist natürlich auch ein Spiel mit der Mythologie. Midas war eben auch derjenige, der alles zu Gold macht, nur konnte er nicht davon profitieren. Beim Song profitiert zwar die Person materiell, aber richtet dafür einen Schaden bei Anderen an.

Aber wie es endet ist ungewiss. Vielleicht wie bei König Midas...

Möglich. Aber diese beschriebene Person ist natürlich nur ein Beispiel. Für viele Menschen und insbesondere Politiker gilt dies ja oft. Ich hatte jetzt allerdings nicht einen Politiker irgendwelcher Couleur im Auge, bzw. wollte niemanden an den Pranger stellen, sondern dies eher als globales Phänomen thematisieren. Es gibt Leute, die sowas können und viele davon nützen dies zu ihrem Vorteil und nicht zum Vorteil der Allgemeinheit.

Eine andere Frage: Werdet ihr auf Tour gehen, bzw. sehen wir euch mal live?

Zumindest in den nächsten beiden Jahren leider nicht. Wir haben ja einige Festivals und Clubshows gespielt, aber nun müssen wir zurück zu unseren Hauptbands und sind da wieder im Albummodus.

Wir sind mit BLIND GUARDIAN dabei, das neue Album aufzunehmen, nachdem im November unser Orchesteralbum auf den Markt kam. Bei Jon sieht es ähnlich aus und er ist im Songwriting für das neue ICED EARTH-Album. Er wird im Laufe des Jahres auch wieder ins Studio gehen, um ein neues ALbum aufzunehmen.

Beide Bands wollen spätestens in der zweiten Hälfte 2021 wieder auf Tour zu sein, demnach wird es bis dahin nichts mit weiteren DEMONS & WIZARDS-Konzerten.

Dafür haben wir die Hoffnung, dich mit BLIND GUARDIAN bald wieder live zu sehen.

Ja, hoffentlich. So schnell wie möglich! (Hansi lacht) Aber bei uns dauern die Produktionen auch immer etwas länger. Wir fangen im April mit der eigentlichen Albumproduktion an. Wir sind jetzt in Vorproduktion. Unser Ziel ist es, im Oktober/November fertig zu sein, was aber von der Songstruktur machbar ist. Es ist nicht so komplex wie "Beyond The Red Mirror" oder "Legacy Of The Dark Lands".

Also geht BLIND GUARDIAN wieder etwas in die Vergangenheit zurück und wird wieder etwas mehr orchestrale Teile und Bombast los? Was man sich da erwarten?

Also den zweiten Teil würde ich bejahen. Wir haben deutlich weniger orchestrale Elemente. Den ersten Teil kann ich nicht unbedingt bestätigen. Es ist schon sehr progressiv. Es ist nach vorne gerichtet, aber nicht unbedingt nahe an dem was wir in den 80ern und 90ern gemacht haben. Wir bewegen uns immer noch auf extrem hohem Niveau, was die Sound- und Songdichte angeht, aber wir sind wieder etwas metallischer. Ich würde sagen, dass die Grundingredienzien einer Metalband bedient werden. Aber natürlich etwas anders als bei "Somewhere Far Beyond" oder "Imaginations From The Other Side".

Sowas kann man wohl nicht mehr reproduzieren, was vor 25 Jahren war...

Ganz genau. Ich bin da zu 100% bei dir. Es war nie unser Anliegen, dies zu tun und wir werden nun auch nicht damit anfangen. Wie du richtig sagst, das kann eben nur schiefgehen. Wir machen Songwriting "frei Schnauze". In den letzten Monaten kamen dabei Sachen heraus die mich überraschten, was immer ein gutes Zeichen ist. 

Denn sowas macht musikalisch meistens viel Spaß. Ich war selbst auch gespannt, ob wir nach "Beyond The Red Mirror" und dem Orchester-Album nochmal die Kurve kratzen und uns sozusagen nochmal neu erfinden. Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

Nach einem Orchester-Album kann man vermutlich nicht einfach wieder gleich weitermachen, sondern ist ja quasi dazu gezwungen, wieder andere Wege zu gehen. Wahrscheinlich hat man dann auch das Bedürfnis wieder etwas Anderes machen zu können?

Genau. Bei mir war dieses Bedürfnis sehr stark. Bei Andre eigentlich gar nicht so. (Anm: Hansi lacht) So entwickeln sich einfach auch die Sachen. Es ist eigentlich gar nicht so leicht, die sozusagen "Altlasten" hinter sich zu lassen, aber damit sind wir jetzt viel besser klargekommen als gedacht. 

Wenn du mich vor einem halben Jahre gefragt hättest, hätte ich gesagt, dass wir noch sehr orchestral sind. Aber dem ist eigentlich gar nicht so. Mit "At The Edge Of Time" und "Beyond The Red Mirror" haben wir eigentlich bereits recht auf das Orchesteralbum hingearbeitet. 

Ich habe mir gedacht, dass wir uns jetzt mal etwas davon wegarbeiten werden. Aber eigentlich haben wir das nicht, weil wir sofort davon wieder weggegangen sind. Also das war ein sehr natürlicher Prozess. Ob der jetzt gedanklich gesteuert wurde, kann ich so nicht bestätigen. Ich denke, es ist einfach so passiert.

Da unsere Zeit um ist, ich aber noch einige Fragen hätte, müssen wir wohl zur nächsten BLIND GUARDIAN-Veröffentlichung wieder ein Interview dazu machen. 

(Hansi lacht). Ja, das ist kein Problem. Sehr gerne! (Anmerkung des Autors: Womit auch geklärt wäre, wer das Interview mit Hansi zu BLIND GUARDIAN führen wird. ;-))

Eine abschließende, ganz kurze Frage hab ich noch für dich: Welche Frage, die dir noch nie gestellt wurde, würdest du gerne bei einem Interview mal beantworten?

(Kurze Pause). Welche Frage ist mir noch nie gestellt worden? Hm, die Frage nach dem "Warum?". "Warum machst du Musik?" Weil es ein Teil meiner selbst ist, wäre die Antwort. 

Eine schöne Antwort wie ich meine! Vielen Dank für das Interview und bis zum nächsten Mal!

Danke! Ich würde gerne beim nächsten Mal wieder mit dir sprechen. 


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