Interview: FEUERSCHWANZ - Hauptmann

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Der Hauptmann ist als eindeutiger Schlingel in die Szene eingetreten und war immer sehr präpubertär drauf. Und jetzt hat er gerade seine Pubertät überstanden und ist im Erwachsenenalter angekommen.

Nachdem 2018 der „Methämmer“ niedersauste verkünden die deutschen Mittelalter-Rocker FEUERSCHWANZ nun „Das elfte Gebot“. Wir haben uns den Hauptmann des Haufens geschnappt, um ihn mit Fragen zum neuen Output zu löchern...

Veröffentlicht am 30.05.2020

Hallo Hauptmann! Zuerst natürlich die unvermeidliche Frage: Hat die aktuelle Lage euren Fahrplan zum Release des neuen Albums noch beeinflusst, oder lief/läuft zumindest bei euch alles glatt?

Nein, zum Glück läuft hier alles glatt bei uns. Das Album wird am 26.06. erscheinen und derzeit sind wir sehr zuversichtlich, dass wir diesen Termin auch wirklich halten können. Alles weitere ist jetzt natürlich ganz anders geworden.
 

Eure Tour ist ja glücklicherweise erst für Anfang 2021 angesetzt.

Ja, da hoffen wir auch, dass sich die Lage bis dahin so entspannt, dass die Clubs auch wieder geöffnet sind. Deshalb warten wir derzeit auch noch mit der Veröffentlichung der Daten, da alles noch zu unsicher ist.
 

Stattdessen habt ihr ja ein Online-Projekt angekündigt, in Form eines Konzertes...

Ja, genau. Das wird dann unser Release-Konzert werden, auf einer Burg in Franken. Leider ohne Publikum, was wirklich hart ist, aber wir versuchen eine Art Streaming 2.0-Erfahrung daraus zu machen, da die Show Open Air auf einer Burg ist und auch mit professioneller Technik groß aufgezogen wird, damit auch entsprechende Atmosphäre aufkommt.
 

Der Titel eures Albums lautet „Das elfte Gebot“ und die Lyrics des Titelsongs sind ja beinahe schon philosophisch, für eine Band die ursprünglich aus der Spaß-Ecke kommt. Seid ihr jetzt sowas wie erwachsen geworden?

Ja, der Drache als Symbol für FEUERSCHWANZ ist sozusagen erwachsen geworden, was man auch auf dem Cover des Albums sieht wo er größer und mächtiger geworden ist. Aber es ist tatsächlich so, dass wir uns an tiefsinnigere Themen heranwagen, was gar nicht so gewollt war, aber uns sozusagen aus dem Herzen herausgeflossen ist. Solche Texte brauchen aber auch ein entsprechendes Fundament, weswegen wir uns in der harten Szene sehr wohl fühlen. Außerdem: Harte Zeiten brauchen harte Musik!
 


Umso mehr, als die Lyrics dieses Titels äußerst passend zur aktuellen Situation wurden...

Ja, das ist richtig. Durch das Virus sterben viele Menschen, die ansonsten vielleicht noch einige Zeit zu leben gehabt hätten und andere sind durch ebenjenes gezwungen, „langsamer“ zu leben. Sei es, weil sie nun von Zuhause aus arbeiten müssen, oder weil sie möglicherweise gar keine Arbeit mehr haben. Da kann man sich schon einmal auf das Leben selbst besinnen, wie wertvoll es eigentlich ist. Weil wir derzeit gezwungen sind auf vieles zu verzichten, was wir ansonsten gerne gemacht hätten.
 

Wir brauchen uns aber trotz der Themen nun keine Sorgen zu machen, dass uns Liebgewonnenes wie eure Bühnennamen oder Songs wie „Wunsch ist Wunsch“ auf einmal peinlich wären, oder?

Nein, gar nicht. Es ist einfache eine Weiterentwicklung, eine Bereicherung. Wir stehen zu unserer Vergangenheit und natürlich auch zu unserer Entwicklung. Und wer diese von Anfang an mitgemacht hat, der hat auch schon einiges mitgemacht (lacht) und einiges miterlebt. Das ist schon ganzheitlich zu sehen. Allerdings der harte Sound macht es schon ein wenig anders, das ist richtig. Es wirkt jetzt tatsächlich erwachsener, auch gegenüber anderen Bands wie unseren Vorbildern SUBWAY TO SALLY beispielsweise. Da können wir uns jetzt schon getrost daneben stellen und sagen, 'wir haben auch so eine harte Gitarre!' (lacht)
 

Schon auf eurem letzten Album „Methämmer“ war bereits diese Veränderung des Sounds, weg von spielerischem Mittelaltersound,  hin zu härteren, powermetallischen Anleihen zu bemerken. War die musikalische Entwicklung bewusst oder ergab sie sich mit veränderten Themenkreisen?

Nein, das war schon bewusst. Wir hatten einfach Lust darauf die härtere Gangart auszuprobieren, wo wir ja bisher schon so vieles ausprobiert hatten. Es war aber eher eine Art Weiterentwicklung, denn ausprobiert in dem Sinne hatten wir es schon auf früheren Alben, aber jetzt sind wir den Weg einfach konsequent weitergegangen.

Da passt auch unser neues Label Napalm Records gut ins Schema. Wobei wir jetzt nicht härteren Sound machen, weil wir dort unter Vertrag sind.
 

Eure Themenkreise sind wieder recht bunt gemischt, vom unvermeidlichen Met über kampfgierige Zwerge bis hin zur Schildmaid Odins habt ihr ja recht „klassische“ Muster verwurstet. Ein wenig herausstechend ist hier „Im Bauch des Wals“, der gar an biblische Themen erinnert. Hat es was mit „Jona und der Wal“ zu tun, oder liege ich da falsch?

Ja und nein. Dadurch dass wir ja Rock und Metal machen dürfen wir ja durchaus auch mehr kirchliche Bilder benutzen, wie andere Kollegen auch. Und wir machen natürlich auch unsere eigene Sache daraus. Eine Anspielung darauf ist es in jedem Fall, gleichzeitig ist es aber auch unser erster Umweltsong, könnte man sagen. Und es ist der zweite tiefsinnigere Song des Albums (ja, wir haben sogar zwei geschafft, dieses Mal!), der mir auch persönlich sehr gut gefällt, weil er auf sehr viele Dinge anspielt. Das Ungeheuer beispielsweise, der Leviathan, den man ansonsten eher von Erzählungen in grauen Nächten am Lagerfeuer kennt und gleichzeitig soll der Song natürlich auch aufrütteln, worauf auch der Sound in Richtung einer Powerballade abzielt.
 

Welche der Songs des neuen Albums siehst du als Fixstarter für die Live-Setlist? (so es denn mal wieder Konzerte gibt, natürlich...)

Ich denke unsere Allzweckwaffe wird der „Kampfzwerg“ sein, da er sozusagen einer Weiterentwicklung unserer trinkfreudigen, epischen Songs darstellt. „Metfest“ wird natürlich auch dabei sein, von der „flüssigeren“ Sorte sozusagen (lacht). „Das elfte Gebot“ können wir auch nicht unter den Tisch fallen lassen, das werden wir auch in jedem Fall spielen. Das sind also mal die drei Songs die gesetzt sind.
 

Zu eurem Titelsong gibt es ja auch ein ziemlich cooles Video, in dem man eure 'Miezen' mal von einer etwas anderen Seite sehen kann. Der Maskenbilder durfte sich dort schon ordentlich austoben, oder?

Auf jeden Fall! Wir haben ja zum Glück eine recht lebendige LARP-Szene in Nürnberg und Umgebung und wo es gerade aus dem Darkwave LARP-Bereich eine Menge begabter Leute gibt die sehr gut schminken können. Wir dachten schon fast, wir schaffen den Dreh nicht mehr, weil das Schminken so lange gedauert hat! (lacht)
 

War es deswegen im Finale des Videos schon finster, oder war das so geplant?

Das könnte man jetzt natürlich behaupten! Dass wir wegen der langen Schminkepisode bis in die Nacht drehen mussten – aber nein, es war tatsächlich geplant, weil wir auch mit Feuer drehen wollten.
 


 

Als wie wichtig erachtest du ein gewisses „Image“ das eine Band transportiert, gerade im Bereich der eher melodischen Metal-Strömungen?

Das Image - man könnte ja auch „Showgedanke“ dazu sagen, da ja eine Geschichte erzählt beziehungsweise transportiert wird – wird gerade im Power Metal oder Melodic Metal Bereich sehr gut angenommen, da man die Leute in eine Art Geschichte entführt. Dadurch haben wir uns auch in diese Richtung bewegt, da wir mit FEUERSCHWANZ schon immer auch Geschichten erzählt haben, durch unsere Bühnenfiguren. Inzwischen haben wir eher die epische Heldenpose eingenommen, was wir zwar immer noch eher locker sehen, aber wir leben es trotzdem und stehen auch ein für unser Image. Von daher kann man also doch wieder sagen, dass wir das ernst meinen, weil wir das ganze ja leben – ansonsten müsste man uns ja einsperren, so verrückt wie wir sind! (lacht)
 

Jemand hat einmal gesagt, Spaß ist eine sehr ernste Sache!

Das stimmt! Und im Metal ist Spaß etwas anders gelagert – im Grunde genommen ist es schon eine Riesensache, wenn das Publikum lacht. Auf der Bühne wird ja nicht gelacht. Niemals. Verdammt nochmal.
 

Und wenn sich mal jemand beschwert, da steht ihr dann schon drüber, oder?

Ja gut, im Metal-Bereich ist das oftmals nicht so gerne gesehen, aber die Leute wissen ja trotzdem Bescheid und haben ihren Spaß! Deshalb fühlen wir uns da auch so wohl, weil es letztendlich dann doch sehr lockere Leute sind. Aber so steife Leute hatten wir auch in der Mittelalterszene schon, die uns dort nicht haben wollten, also kennen wir das einfach schon. Wir werden nie die Freunde von allen sein, damit müssen wir einfach leben.
 

Dann kommen wir nun zum „sündigen“ Teil des Albums. Mal ehrlich, als Metalband ED SHEERAN oder SEED zu covern, dafür braucht man schon Eier! Wie habt ihr letztendlich ausgewählt welche Songs ihr covert? Habt ihr Dartpfeile auf eine Liste geschossen, euch drum geprügelt...?

Der Musikgeschmack in unserem Haufen ist in der Tat sehr unterschiedlich verteilt. Was der eine toll findet, ist für den anderen eine richtige Todsünde – wer jetzt was wie fand wollen wir auch bewusst nicht verraten, da es auch sehr geteilte Meinungen davon gibt, was wir hier bringen. Insofern passt das gut. Und auch dass die Songs Musikalisch sehr Querbeet gehen passt irgendwie zu FEUERSCHWANZ. Besonders interessant war es, auch einmal englisch zu singen. Wir wussten gar nicht, dass das so Spaß macht! Endlich mal eine Sprache die man Singen kann! (lacht) Wir sind auch ehrlich gesagt selbst ziemlich geplättet, dass die Songs letztendlich so gut geworden sind, wir hätten das nämlich selbst gar nicht so erwartet.
 

Welcher Cover-Song war gesanglich der herausforderndste für euch?

„Amen and Attack“ war für Hodi der herausforderndste Song, da er dort wirklich alle Register ziehen musste. Zudem ist der Sänger von Powerwolf auch stimmlich ein Stockwerk höher angesiedelt als wir, da muss man sich schon ordentlich strecken.

Bei mir selbst war es allerdings keiner der Cover-Songs der schwierig war, sondern „Maleus Maleficarum“, bei dem ich mich echt anstrengen musste. Aber der Rest ist eigentlich alles in meiner Wohlfühlzone, was die Coversongs angeht, da brauchte ich mich glücklicherweise nicht sehr anstrengen und auch keine für mich neuen Techniken erlernen oder so.

Ansonsten war es 'einfach', da es bei Covern sehr enge Vorgaben gibt. Man darf ja einen Song nur verwenden ohne die Band zu fragen, wenn man 100% covert, sprich, die genau die gleiche Geschwindigkeit, genau die gleichen Tonarten und genau die gleiche Länge wie das Original. Da wird nichts verändert – aber dennoch klingt es anders.
 

Das merkt  man glaube ich am meisten bei Ed Sheeran.

(lacht) Ohja! Da bin ich auch sehr gespannt, ob internationale Reaktionen kommen, da der Song ja doch sehr bekannt ist. Ob das der Fantasy-Szene gefällt, dass es den Song auch einmal in rockiger Variante gibt. Genau diesen Song werden wir nämlich auch im Vorfeld des Releases, zeitnah zum Veröffentlichungsdatum, mit Video veröffentlichen.
 


 

Zum Schluss noch eine etwas spaßigere Frage. Manche Bands bringen ja sehr unorthodoxes Merch auf den Markt. Wenn du dir einen besonderen Merch-Artikel aussuchen könntest, den ihr rausbringen könnt – welcher würde das sein?

Ach, da gibt es gerade im Bezug auf unseren Bandnamen FEUERSCHWANZ schon ein paar Klassiker von denen wir gerne träumen! Eine schöne Unterwäschekollektion mit dem Bandnamen drauf zum Beispiel! Natürlich gäbe es da auch noch einige andere Ideen – aber die wären dann eher schon Erotikmessen-tauglich. Die Ideen sind natürlich trotzdem alle schon uralt, da noch wirklich spaßigen neuen Merchkram zu finden ist sehr schwierig.

Da wir auch nicht alle durchgehend Vollprofis sind, ist es sehr viel Arbeit die da reingesteckt werden müsste, da wir den Merch nach wie vor selbst machen. Deswegen werden wir auch kaum zu solchen spaßigen Artikeln kommen, da wir das Hauptaugenmerk natürlich weiterhin auf die Musik legen wollen. Wir investieren die Zeit lieber darin, gute Songs zu schreiben! Vielleicht, wenn wir irgendwann einmal noch bekannter werden, können wir unsere diesbezüglichen Neigungen mehr ausleben und mehr spaßige Artikel anbieten.
 

„Neigungen ausleben“ klingt in diesem Zusammenhang gerade ein wenig... zweideutig.

So ist der Hauptmann eben! (lacht) Er ist als eindeutiger Schlingel in die Szene eingetreten und war immer sehr präpubertär drauf. Und jetzt hat er gerade seine Pubertät überstanden und ist im Erwachsenenalter angekommen.
 

Und das Erwachsenenalter klingt auch ziemlich gut, muss man sagen.

Das freut mich! Und wir freuen uns auch darauf, wenn dieser böse Virus endlich wieder unsere Szene verlassen hat, dass wir uns alle wiedersehen können und tolle Feste feiern können! Wenn der Spuk im Januar endlich vorbei ist, können wir dann wieder die Puppen tanzen lassen! In Wien und Graz vielleicht... aber mehr verrate ich noch nicht!
 

Da sind wir bestimmt mit am Start! Ich sage vielen Dank für das Gespräch Hauptmann und wünsche euch viel Erfolg mit eurem Neuen Album!

Danke!


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