Interview: DEVILDRIVER - Mike Spreitzer
Oh mein Gott! Wir waren jedenfalls schon oft in Österreich, und ich weiß wie es wirklich bei euch aussieht. Ich kann dir sagen, dass ihr und die Schweizer wirklich eine superschöne Landschaft habt.
Die Kalifornier blasen einmal mehr zum Halali auf die Halswirbelsäulen ihrer Fans. Ihr überaus sympathischer Gitarrist Mike plauderte bestgelaunt über Teil 1 des neuen Doppelalbums "Dealing With Demons". Von Donald Trumps Aussagen zu den hiesigen "Forest Cities" war er merklich irritiert.
Hallo Mike, bei dir ist es gerade 10 Uhr vormittags. Das ist doch relativ früh für einen Rock-Musiker, gerade während der Covid-19 Pandemie, oder nicht?
Kein Thema für mich, ich musste ohnehin schon früher raus um meiner Freundin zu helfen. Normalerweise sind wir um diese Zeit in Europa auf Festival-Tour. Derzeit bin ich halt zuhause, und kümmere mich gerade um ein musikalisches Projekt abseits von DEVILDRIVER. Außerdem führe ich ein Studio bei mir im Haus, und es sind ein paar Bands zum Aufnehmen da. Tatsächlich bin ich also ziemlich verplant.
Schön zu hören, dass du trotz der widrigen Umstände so beschäftigt bist! Lass uns doch über das neue Album „Dealing With Demons“ (Vol. 1) sprechen. In den Texten scheint Dez reinen Tisch mit so manch böser Macht aus der Vergangenheit zu machen. Da ist von heimtückischen Weibsbildern, Alkohol und anderen Dingen die man besser zurück lässt die Rede. Hast du auch etwas dazu zu sagen?
Naja, da müsstest du wirklich Dez himself fragen. Ich persönlich bin nicht in die Entstehung der Lyrics und Vocals eingebunden. Wir feilen bei DEVILDRIVER immer zuerst an der Musik, solange bis wir uns mit dem Resultat wirklich gut fühlen. Dann kommt Dez dazu und bringt seinen Input. Er mag die Musik fertig vor sich liegen haben, damit er den richtigen Vibe für seinen Beitrag spüren kann.
Wann habt ihr mit dem Schreiben des neuen Albums begonnen?
Es war im Sommer, oder besser gesagt im Juni 2017. Schließlich beginnt der Sommer weltweit zu unterschiedlichen Zeiten. Die beiden „Dealing With Demons“-Teile sind nunmehr auch schon ein ganzes Jahr im Kasten. Leider erkrankte Dez‘ Frau nämlich an Krebs – erfreulicherweise befindet sie sich mittlerweile in Remission, weil der Tumor sehr bald entdeckt wurde – und wir hatten einige Tourneen und sonstige Aktivitäten zu verschieben oder abzusagen. Wir befanden uns sozusagen eine Zeit lang in der Warteschleife. Als sich die Dinge wieder in Bewegung zu setzten schienen, fing die Pandemie an um sich zu greifen.
Verdammt, vom Regen ging's also in die Traufe. Trotzdem habt ihr euch entschlossen jetzt mal ein Album zu bringen. Vermutlich weil ihr schon auf Nadeln sitzt, mit dem ganzen fertigen Material in der Tasche?
Ja, kann man so sagen. Niemand war je in dieser Situation, also versuchen wir es mal mit Teil 1. Ich denke es kommt uns jetzt sehr zugute, dass wir über ein Doppelalbum verfügen. Auch wenn die Leute eher fernsehen, anstatt Musik zu hören. Andererseits brauchen die Menschen gerade in bescheidenen Zeiten Musik. Ich hoffe von daher, dass die Platte einigen Fans Hoffnung und eine gute Zeit beschert, wenn sie daheim reinhören. Falls es nächstes Jahr wieder möglich sein sollte zu touren, werden wir dann den zweiten Part rausbringen.
Das hört sich ja nach einer erfolgversprechenden Strategie an!
Dahinter steckt in Wahrheit alles andere als Kalkül. Mit der Doppelalbum-Idee ging Dez schon seit mindestens 10 Jahren schwanger. Als wir jünger waren, hatten wir einfach zu große Egos für so ein Projekt. Ich selbst hatte immer Angst davor, die anderen an meinen Ideen und Songs herumbasteln zu lassen. Den anderen ging es meistens ähnlich. Mittlerweile stressen wir uns deswegen aber nicht mehr. Wir sind reifer, und das Arbeiten geht uns allen viel leichter und entspannter von der Hand - meiner Meinung nach die Voraussetzung für mehr Produktivität. Es hat wirklich Spaß gemacht an "Dealing With Demons" zu arbeiten, auch weil wir auf unnötige Streitereien verzichtet haben. Wenn ich jetzt mit etwas Abstand zurück blicke habe ich wirklich nur positive Erinnerungen beim reinhören. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir da 20 neue Songs rausgehauen haben, ohne völlig ausgebrannt zu sein. Unser Producer Steve Evetts hingegen war nach den Aufnahmen ziemlich fertig. Es war eine echte Herkules-Aufgabe für ihn, diese Menge an Musik zu recorden, und dann auch noch wochenlang zu mixen. Er hatte schon auch Spaß an der Herausforderung, aber es war eben auch viel harte Arbeit für ihn.
Ihr macht jedenfalls den Eindruck, als hättet ihr euch mit euren Dämonen erfolgreich auseinandergesetzt. Für euer Alter seht ihr top-fit aus.
Freilich waren wir als wohlbekannte, aber nicht in Superstar-Sphären schwelgende Band eher davor gefeit uns gehen zu lassen. Vielmehr haben wir es seit je her genossen, dass wir von unserer Musik überhaupt leben konnten, auch wenn wir nicht reich geworden sind damit. Es gibt zwar auf jeder Tour die üblichen Versuchungen, aber wir sind eben auch recht geerdet.
Eure Musik ist heavy, schnell und intensiv. Da kann man es sich ohnehin nicht leisten, sich dem körperlichen Verfall preiszugeben.
Naja, ich hatte schon meine Zeiten wo ich viel trank und oft Party machte. Außerdem hatte ich keinen Sport mehr gemacht. Für viele Jahre stellte ich mich nicht mehr auf das Surfboard, obwohl das während des Colleges meine große Leidenschaft neben der Musik war. Es war dann aber 2009/2010, als ich das Rauchen aufgab, nur mehr wenig trank und mich wieder auf das Brett stellte, und siehe da: Ich verlor an die 15 Kilo. Seit dem Lockdown hatte ich keine 20 Drinks, auch weil ich es nicht mag zuhause zu trinken. Ich stehe lieber früh auf, und gehe surfen. Es ist auch super, wenn du dich nach einem Set nicht mehr völlig beschissen und erschöpft fühlst. Immerhin bin ich jetzt zehn Jahre älter, fühle mich aber wesentlich besser als in meinen Dreißigern.
Du lebst also am Meer, an der Westküste. DEVILDRIVER - eine waschechte kalifornische Band?
Oh ja, zu 100 Prozent! Jeder in der Band lebt hier. Wir haben einen gewissen Bezug zu Santa Barbara, aber generell würde ich uns doch als L.A.-Band bezeichnen. Zumal in Santa Barabara die meisten Rock-/Metal-Club mittlerweile geschlossen haben.
Dein Nachname Spreitzer hört sich deutsch an. Kannst du etwas zu deinen Vorfahren erzählen?
Klar, mein Papa ist deutschstämmig. Er wurde im ehemaligen Jugoslawien geboren, in einer großen deutschen Gemeinde. Mit sechs Jahren kam er in die Staaten, weil er mit seiner Familie gezwungen war die Heimat zu verlassen. Somit bin ich ein Produkt des Zweiten Weltkriegs. Die Familie ging zu Fuß von Jugoslawien nach Österreich in ein Camp. Später dann ging es über Deutschland und New Orleans nach Kalifornien. Tatsächlich habe ich noch einige Verwandte in Deutschland. Im ehemaligen Jugoslawien lebt aber niemand mehr.
Wenn dir Österreich was sagt, weißt du bestimmt, dass wir in keinen Waldstädten leben wie es President Trump behauptet hat. Kennst du sein Statement dazu?
Nein, aber klär mich bitte auf. Was hat er schon wieder gemacht?
Er meinte sinngemäß, wir würden wie die Ewoks aus Star Wars im Wald leben, und dass unsere Bäume im Vergleich zu den denen in Kalifornien "noch explosiver" sind.
Oh mein Gott! Wir waren jedenfalls schon oft in Österreich, und ich weiß wie es wirklich bei euch aussieht. Ich kann dir sagen, dass ihr und die Schweizer wirklich eine superschöne Landschaft habt, und es ist immer wieder ein Genuss da zu sein.
Vielen Dank! Das wird die Stormbringer-Leserschaft in und auch um Österreich freuen.