Interview: BURNING WITCHES - Laura Guldemond

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Ich habe mich auch als Gitarristin versucht, bin dann aber zum Gesang gewechselt, weil ich an der Gitarre scheiße war.

Wer ist "The Witch Of The North"? Warum sollte man der "Lady Of The Woods" besser aus dem Weg gehen? Warum macht ihr Interview-Counterpart keine Musik? Diese und andere Fragen beantwortet Laura Guldemond im Interview mit Stormbringer!

Veröffentlicht am 30.04.2021

Für Hexenfans und Heavy-Metal-Aficionados wird dieser Tanz zur Ausdauerübung! Während die guten Moshpit-Treter noch vom letztjährigen "Dance With The Devil" qualmen, schicken die BURNING WITCHES bereits ihr neues Album "The Witch Of The North" ins Rennen. Warum dieses Langeisen seinen Titel wahrhaftig verdient hat, erklärt uns eine gut gelaunte Laura Guldemond zu später Stunde. Daneben beleuchtet sie ausführlich die Texte der neuen Platte, philosophiert über Liebe und Krieg und deckt in versuchsweisem Investigativjournalismus auf, was ihr Interview-Counterpart so alles nicht kann. Viel Spaß bei unserem verhexten, deutsch-niederländischen Kulturdialog!

Hi Laura, wie geht es dir?

Gut, und dir?

Mir auch, danke! Eure Picture Disc war ja mal schnell ausverkauft, meinen Glückwunsch!

Danke! Ja, die war tatsächlich schnell weg. Ich bin mir nicht sicher, ob sie schon fertig ist, aber wir haben vor, noch eine Weitere zu veröffentlichen.

Vielleicht habe ich dann mehr Glück. "The Witch Of The North" ist deine zweite BURNING WITCHES-Platte - musstest du dich in deiner neuen Band gesangstechnisch umgewöhnen?

Ich habe mich inzwischen sehr gut an den Gesangsstil für BURNING WITCHES gewöhnt. In meinen anderen Bands habe ich mehr clean gesungen und hier gibt es große Kontraste zwischen Klargesang und den Screams. Es freut mich, das tun zu können, aber ich musste mich erst einmal ein wenig daran gewöhnen, die ganze Zeit so verzerrt zu singen. Inzwischen habe ich das auch, weswegen mir die Aufnahmen leichter gefallen sind als beim letzten Album. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass ich seit langem endlich mal wieder meine Stimme trainiert habe [lacht]. Als ich nach Hause kam, hatte ich den Eindruck, dass ich besser singen konnte als sonst nach der Aufnahme.

Der Sound erscheint mir druckvoller als beim Vorgänger - was habt ihr dieses Mal anders gemacht?

Ich denke, wir sind auf diesem Album etwas heavier geworden. Ich mag das total! Es ist einer der Gründe, warum dies meine persönliche Lieblingsplatte geworden ist. Einer der Hauptgründe für den Sound ist wahrscheinlich, dass Lala ein neues, härteres Schlagzeug gespielt hat. Die Drums kommen damit viel energetischer rüber...als ich sie zum ersten Mal im Studio gehört habe, war ich total baff. Auch das Songwriting trägt dazu bei, weil die Riffs beispielsweise schwerer sind als auf unserem letzten Album.

Das ist mir aufgefallen, "The Witch Of The North" wirkt auf mich geradliniger und Heavy-Metal-lastiger als "Dance With The Devil".

OK...[überlegt]...ich dachte eigentlich, es ist weniger geradlinig [lacht]. Wie auch immer...es kommt wahrscheinlich darauf an, aus welchem Winkel man das betrachtet.

Ich hatte da besonders die Gitarren im Ohr...mir sind in erster Linie die Twingitarren und klassischen Heavy-Metal-Riffs aufgefallen. Der Titeltrack des Vorgängers bspw. hatte für mich ein eher rockiges Flair.

Ja das stimmt, wir hatten einige rocklastige Stücke und sind mit dieser Platte komplett zum Metal übergelaufen.

War das eure Vision oder ergab es sich eher spontan aus dem Schreibprozess?

Wir haben uns bewusst für größere Songstrukturen entschieden, um den Songs mehr episches Storytelling-Feeling zu verleihen. Dass die Musik sich mehr auf Heavy Metal konzentriert, kam meinem Eindruck nach eher spontan aus dem Songwriting heraus - aber es liegt natürlich auch daran, dass wir alle hauptsächlich im Metal unterwegs sind. Vielleicht hat die letzte Platte zu dieser Rückbesinnung geführt.

Welchen Part nimmst du im Songwriting ein (gerade weil du in den Niederlanden statt der Schweiz lebst)?

Meistens schreibe ich mit Romana hin und her. Wenn sie mir was schickt, fange ich einfach an zu schreiben und meistens passt alles. Ich habe eine Liste mit Textideen und greife diese auf, wenn sie zu dem Song passen, den sie mir schickt. Darauf aufbauend schreibe ich dann die Texte und wir tauschen uns so lange aus, bis beide zufrieden sind. Das bedeutet, dass manchmal Parts neu aufgenommen oder entfernt werden oder auch im Studio noch an Details gearbeitet wird. So ungefähr läuft's bei uns.

Und gibt es auf "The Witch Of The North" ein zusammenhängendes lyrisches Konzept?

Ja, auf diesem Album haben wir überwiegend die nordische Mythologie aufgegriffen, der Titeltrack beispielsweise handelt von Freya. Das Coole ist, dass sich manche Geschichten der Mythologie überschneiden - Frigg und Freya werden manchmal miteinander gleichgesetzt. Frigg ist eigentlich die Göttin der Hexen und diejenige, die den Hexen die Macht verleiht, in die Zukunft zu sehen. Es hat mir gefallen, dass die beiden manchmal als dieselbe Person gesehen werden, also habe ich mir die Freiheit genommen, diese Version zu verarbeiten und sie als die Hexe des Nordens zu nehmen. Druiden werden eigentlich eher der keltischen Mythologie zugerechnet, aber es gibt auch Erzählungen in der Edda, in der die Hexen alles über die Kultur der Stämme wissen und sozusagen an die Stelle der Druiden treten. Deshalb hat es mich gereizt, sie mit in die Story aufzunehmen. Es droht ein Krieg und...ich merke, dass ich die ganze Zeit am Reden bin...warum kann ich das nicht einfach kurz und knapp halten [lacht]?!

Alles gut, erzähl' weiter!

Also wie auch immer - die Druiden sind auch so etwas wie Diplomaten, deren Aufgabe es ist, den Frieden zu wahren und den Krieg zu verhindern. Darum geht es in diesem Song...Freya ist sowohl die Göttin der Liebe als auch des Krieges und das ist etwas, das ich unterstützen würde [lacht]...ich will damit sagen: "bleibe friedlich, es sei denn, es gibt keinen anderen Weg"! Ich sehe darin auch eine coole weiblichen Persönlichkeit, die zugleich sehr liebevoll als auch kämpferisch sein kann.

[scherzhaft] ...d.h. du unterstützt die Liebe und den Krieg?

[lacht] Nein, natürlich nur die Liebe, nicht den Krieg! Aber wenn dich jemand angreift, musst du dich auch verteidigen können, oder nicht?

Einigen wir uns auf Krieg auf der Bühne - Krieg auf der Bühne ist OK!

Ja genau, Epik auf der Bühne!

...ging es bis jetzt eigentlich nur um "The Witch Of The North" oder noch um andere Lyrics?

Um ehrlich zu sein, ja! Wie gesagt habe ich die nordische Mythologie hier als Hauptthema ausgewählt. Ich wollte auch gerne über einen Succubus schreiben, aber die gibt es nicht in der nordischen Mythologie. Also habe ich nachgeforscht und bin auf die Waldgeister aus der skandinavischen Folklore gestoßen [Anm. d. Verf.: gemeint sind die Huldra] - davon handelt "Lady Of The Woods". Diese Wesen leben im Wald und sehen aus wie normale, zumeist verführerische Frauen, allerdings mit dem Schweif einer Kuh. Sie betören Männer und versuchen, sie zur Heirat zu bewegen. Sie können sehr liebevoll sein, aber wenn man sie schlecht behandelt, können sie auch sehr grausam werden. Man sollte sie also nicht wütend machen.

Also geht es auch hier um Liebe und Krieg?

Ja, aber das macht es gerade so interessant, findest du nicht?

...man könnte also zum Ehemann sagen: wenn du nicht den Abwasch machst, gibt's Krieg!

[lacht] Exakt! Aber vermutlich bekommst du auch Probleme, wenn du sie abweist etc. Du gehorchst ihr besser oder bleibst ihr noch besser gleich fern.

Hat "The Circle Of Five" mehr Bedeutungen als dass ihr zu fünft seid?

Nein, der Song wurde geschrieben, nachdem wir den Wechsel im Lineup hatten [Anm. d. Verf.: Sonia Nusselder wurde an der Gitarre von Larissa Ernst abgelöst]. Wir wollten etwas für unsere Fans tun, weil sie sehr gespannt sind und ausflippen, wenn etwas Neues passiert. Wir wollten damit zeigen, dass alles OK ist...das war der eigentliche Grund. Dazu fiel mir die Idee vom "Circle Of Five" ein...weil man immer gerne von einem Hexenzirkel spricht und wir zu fünft sind, passt es einfach.

Wo wir vorhin über die Twingitarren gesprochen haben - sind diese mehr Larissas Beitrag oder gehen sie auf das allgemeine Songwriting zurück?

Das ist eine gute Frage, die sie wahrscheinlich am besten selbst beantworten würde. Man muss dazu wissen, dass unsere frühere Gitarristin [Sonia] auch aus den Niederlanden stammt. Larissa und Romana sind beide aus der Schweiz und können nun zusammen in einem Raum schreiben und aufnehmen. Das dürfte der Hauptgrund sein. Schön, dass du das bemerkt hast!

Ja, es fiel mir gleich beim ersten Hören auf.

...bist du selbst Gitarrist oder hast du nur genau hingehört? Ich bin neugierig.

[ertappt] Zumindest bin ich kein sonderlich guter! Ich habe mal in einer Punkband gespielt und das ist das einzige, das ich einigermaßen kann. Ich bin heute eher Fan und Analytiker.

Ich habe mich auch als Gitarristin versucht, bin dann aber zum Gesang gewechselt, weil ich an der Gitarre scheiße war. [lacht].

Nun ja, ich bin auch scheiße im Singen, deshalb bin ich heute Schreiberling. Aber OK...das Cover von SAVATAGEs "Hall Of The Mountain King" war, wie ich vernommen habe, deine Idee?

Ja, es ist einer meiner Lieblingssongs! Er hat auch dieses epische Storytelling-Vibe, das wir für "The Witch Of The North" wollten.

Gab es auch andere Stücke zur Auswahl bzw. habt ihr schon was im Auge fürs nächste Album?

Ja, es gab Diskussionen über den Coversong - ich weiß aber nicht, um welche Stücke es genau ging, weil ich nicht dabei war. Nachdem sie sich nicht entscheiden konnten, habe ich "Hall Of The Mountain King" vorgeschlagen. Es gibt noch viele Songs, die ich liebend gerne covern würde. Es gäbe also genug Ideen, aber du musst auch immer darauf achten, dass der Song zum Album passt. Wir werden sehen - ich habe auch schon Ideen für das nächste Album, aber es wird noch eine Weile dauern, bis wir anfangen, daran zu arbeiten.

Das hängt sicherlich auch an den Möglichkeiten, in der nächsten Zeit live aufzutreten...

Ja das stimmt...wenn nun diese ganzen COVID-Varianten in der Welt kursieren, könnten wir womöglich schon in einem Jahr ein neues Album schreiben. Aber bis dahin hoffen wir zuerst mal, auf Tour gehen zu können.

Wenn ich einen Cover-Wunsch äußern dürfte, solltet ihr mal über HELLOWEENs "Eagle Fly Free" nachdenken! Ich finde, der Gesang würde gut mit deiner Stimme harmonieren.

Uuuh...ja, das wäre total cool. Der Gesang ist für einen Mann wahnsinnig hoch, das könnte womöglich zu meiner Stimme passen. Ich muss das mal checken.

Vielleicht reden wir dann beim nächsten Album darüber. Wo du schon das leidige Thema Corona angesprochen hast: wie beeinflusst die Pandemie eure Arbeit als Band (auch weil ihr über zwei Länder verteilt seid)?

Du kannst dich einfacher fokussieren, wenn du weniger Zeit damit verbringst, zu Freunden oder in die Stadt zu gehen. Zumindest hier in den Niederlanden war lange Zeit alles geschlossen, die Bars und Restaurants sind es immer noch. Daher ist es mir leichter gefallen, alles unter einen Hut zu bekommen.

...war es unter diesen Umständen hart, die Arbeit im Studio zu organisieren?

Hart war es nicht, aber du musst ständig die Vorschriften im Auge behalten, die sich manchmal wöchentlich ändern. Und wenn du dazu noch reisen willst, musst du gleich mehrere Länder auf dem Schirm haben. Wir hatten neulich unseren Videodreh in Polen - dazu musste ich zunächst in die Schweiz, von wo aus wir zusammen mit dem Tourbus nach Polen gereist sind. Das ist dann wieder schwieriger, weil jedes Land andere Regeln hat...dann muss man eine Menge Nachforschungen anstellen.

Das kann ich verstehen, alleine bei uns in Deutschland blickt schon keiner mehr durch. Bevor wir zum Ende kommen - was plant ihr nach dem Release von "The Witch Of The North"?

Da sind wir noch nicht zu hundert Prozent sicher...wir warten erst mal ab, wie es mit den Impfungen weiter geht. Wenn es dort gut läuft, kann man vielleicht eine Einschätzung bekommen, wie und wann man wieder Gigs planen kann.

Dann hoffen wir wie immer das Beste! Noch einmal vielen Dank für deine Zeit und noch einen schönen Abend! Bis zum nächsten Mal!

Danke, dir auch! Bis dann!


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